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Dodo gleich mal in ihren wohlgeformten Hintern treten müssen. Sie wird ja wohl nicht den gleichen Fehler zweimal machen und den armen Ramón total links liegen lassen?
Seufz. Was man aber auch alles im Blick behalten muss! Nicht nur meine Schwestern lassen sich die abstrusesten Dinge einfallen, nein, auch Dodo muss man immer wieder sanft in die richtige Richtung lenken. Na gut, auch wenn ich – ähm – mir ja fest vorgenommen habe, sie in diesen Dingen von jetzt an – ähm – ein wenig selbst entscheiden zu lassen, oder – ähm – mich vielleicht auch sogar mal nach ihr zu richten und…
Aber – ehrlich! – sie hat mir doch erst vor wenigen Wochen selbst gesagt, dass sie total und kompletto verknallt in Ramón ist! So gesehen helfe ich ihr ja wohl nur, genau das zu tun, was sie auch selber will! Und das ist ja wohl – kajalklar – ein echter Freundschaftsdienst!
»Hallo, guten Tag, dürfte ich Ihnen vielleicht dieses Informationsblatt geben, wo Sie sehen können, was …«
Na gut, immerhin hat mich der Kerl angelächelt. Ist ja schon was. Ich dachte schon, ich bin plötzlich unsichtbar geworden. Ätzendes Gefühl! Stehen geblieben ist er aber trotzdem nicht und meinen Zettel hat er erst recht nicht genommen. Blödmann!
Nur vier Leute haben bisher überhaupt ein Flugblatt von meinem dicken Stapel mitgenommen, aber im Laufschritt
nach einem minikurzen Blick darauf ein paar Meter weiter sofort in den nächsten Papierkorb fallen lassen. Danke! Sehr nett!
Das macht mich richtig böse! Auch wenn ich es natürlich ziemlich bescheuert finde von Livi, sich mit solchen Sachen wie Eiterbeulen an Hühnerhintern zu befassen, macht es mich doch wütend, wie diese Leute mit dem Geld von einer meiner Schwestern umgehen. Livi und Gregory bezahlen die Druckkosten für diese Flugblätter schließlich von ihrem eigenen Taschengeld! Und dann schmeißen die Leute das Papier einfach in den nächsten Müll. Was für eine bodenlose Frechheit! Also, wenn das noch ein Einziger heute tut, dann werde ich dem aber mal gehörig meine Meinung sagen!
Da kommen wieder zwei. Hausfrauen, dick bepackt mit Supermarkttüten.
Ich wende meine Augen ab. Die kann ich gleich vergessen. So viel habe ich bereits in der letzten halben Stunde gelernt. Die sehen viel zu gehetzt und zeitknapp aus. Außerdem haben sie keine Hand frei und wollen ihre Tüten sicher nicht in den nassen Schnee stellen.
Mist, warum schneit es bloß ausgerechnet heute so viel? Bei diesem nasskalten Wetter hat vermutlich auch der netteste Mensch wenig Lust, sich lange draußen bequatschen zu lassen.
Ich lasse die beiden Hausfrauen vorbeigehen und suche nach neuer Beute. Ah, da! Wie wäre es mit diesem geschäftig aussehenden Mann, Marke junger, aufstrebender Bankangestellter? (Na schön, so jung sieht er bei näherer Betrachtung vielleicht doch nicht aus – so irgendwas Undefinierbares zwischen dreißig und vierzig. Jünger als Cornelius, aber viel zu alt für mich.)
»Guten Tag, haben Sie vielleicht eine Sekunde Zeit? Wir haben auf diesem Flugblatt hier…«
»Aber für Sie doch immer!« Der Mann bleibt stehen und lächelt mich mit einer Reihe strahlend weißer Zähne an.
Hallo-o! Na, aber – Bingo! Geht doch!
Ich strahle zurück. »Ja, wie gesagt, es geht um die skandalöse Unterbringung von Legehennen.« Ich halte ihm Livis Flugblatt hin.
»Danke.« Er nimmt es, aber lächelt immer noch mich dabei an. Und nicht etwa das Flugblatt. (Ja, es gibt eben doch genug Menschen, die Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden können!) »Machen Sie das hauptberuflich oder ehrenamtlich?«
Ha! Der hält mich für mindestens achtzehn, ich sag’s ja! Ich streiche mir meine langen blonden Haare zurück und lächele selbstbewusst. »Ehrenamtlich.« Beim Einlösen einer Wettschuld geht’s ja wohl nur um Ehre und sonst nix. »Ich gehe noch zur Schule. Aber ich finde, man kann gar nicht früh genug damit anfangen, sich seine Umwelt und die vielen Probleme etwas genauer anzugucken.«
Mann, was fasele ich da bloß für einen Blödsinn? Hätte gar nicht gedacht, dass mir solche Sachen so locker über die Lippen kommen. Ach, ich bin eben einfach talentiert!
»Sehr gut!«, lobt der Banker. »Das nenne ich Engagement! Gehen Sie hier in der Stadt zur Schule?«
Ich nicke und lächele weiter. Wüsste jetzt auch nicht mehr wirklich, was ich sagen sollte. Steht ja auch sowieso alles klar und deutlich auf dem Zettel. In solchen Sachen ist Livi perfekt.
»Und woher haben Sie die
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