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Titel: starten durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar H. Mueller
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große Fläche meiner Wange abzudecken, und hoffe, dass dieser Grünberg denkt, ich hätte Zahnschmerzen. Was ich weitaus weniger peinlich finden würde als auszusehen wie Kenny, ein paar Stunden nachdem sie mit Bonbon-Bentje Große Dame gespielt hat. »Och, Aurora, das ist nur…«
    »Das ist una gallina, ein Huhn«, mischt sich Javier ein. »Aurora ist das Haushuhn der Familie Marrrtini.«
    »Ein Haushuhn?«

    Da ist wieder dieses amüsierte Grinsen im Gesicht von Herrn Grünberg. Dann schaut er fragend zu mir rüber.
    »Och …«, mache ich noch mal und hoffe, dass die schwarze Suppe nicht durch meine Finger durchkleckert. »Ja, das mit Aurora, das ist ’ne lange Geschichte …«
    Unser neuer Schuldirektor schmunzelt. »Na, ich hoffe, ich kriege die irgendwann mal zu hören! Bis bald!«
    Während ich hektisch in meiner Handtasche nach einem Taschentuch fummele, sehe ich diesem Gerold Grünberg nachdenklich hinterher. An irgendjemanden hat der mich echt erinnert! Tja, Lehrer sehen eben alle gleich aus …
    Mit meinem Taschentuch tupfe ich heftig an meiner linken Wange herum. (Und rubbele damit vermutlich mein ganzes dezentes Make-up weg – seufz.) Wieso habe ich bloß nicht meine supergute, neue, wasserfeste Wimperntusche benutzt!
    Ach, an dieser furchtbaren Sparsamkeit von mir muss ich wirklich ernsthaft arbeiten. Ist doch kaum zu glauben, dass ich in so eine Situation komme, bloß weil ich mir das bisschen Edel-Mascara nicht jeden Tag gönne! Was bin ich nur für eine schrecklich bescheidene Sparmaus! »Oh, guck mal, Javi!« Fantastisch aussehende knallrote Wildlederstiefel staksen an den Beinen einer Lady an uns vorbei und reißen mich in die Realität zurück. »Die muss ich haben! «
    »Aberrr, mi amorrr«, höre ich Javier dämlicherweise antworten, »du hast doch schon neunzehn Paarrr Stiefel und mindestens vierrr davon sind rojo, rrrot. Warrrum brrrauchst du denn a más, noch mehr?«
    Also ehrlich, Jungs sind sooo oberflächlich! Die verstehen echt nichts vom Leben und noch weniger von Mädchen.
Wo ich mir doch nun wirklich kaum was leiste! (Außer die absolut lebensnotwendigsten Dinge.) Und jetzt auch noch für Livi stundenlang im Schneematsch gestanden habe. Da hat man ja wohl eine klitzekleine Belohnung verdient!

Livi
    »Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!« Unsere Rema hat’s mit Sprüchen. Und wenn man mit all diesen Sprüchen aufgewachsen ist, schwirren die einem in den unpassendsten Momenten im Hirn rum. Ja, ja, erstens kommt es anders… und drittens passiert so was garantiert immer nur mir!

    D ie weiß gekalkten Wände tragen aber auch nicht gerade zur allgemeinen Aufheiterung bei, muss ich sagen. Und diese zwei superaltmodischen Bilder mit irgendwelchen Topfpflanzen drauf finde ich ziemlich deprimierend. Warum stellen die nicht richtige Pflanzen ins Zimmer? Oder warum hängen sie nicht irgendwas Interessanteres auf, das einen von seinem eigenen Leid ablenkt?
    Die Frau neben mir im Bett stöhnt ab und zu. Löst aber trotzdem seit Stunden ununterbrochen einarmig Kreuzworträtsel.
    Vielleicht stöhnt sie gar nicht wegen ihres Gipsarms? Vielleicht stöhnt sie nur ganz automatisch, wie manche Menschen eben so im Laufe des Tages stöhnen?
    Hm, wenn die so viel stöhnen, dann können die sich nicht sehr wohlfühlen in ihrem Leben. Aber wenn die sich nicht wohlfühlen, warum ändern sie dann nichts?

    Ach. Da fällt mir natürlich wieder mein eigenes Leben ein. Was gerade so gut lief. Mit unserer Umwelt-AG in der Schule und mit den Fortschritten, die Gregory und ich wegen des Hühnergefängnisses auf der anderen Seite der Stadt gemacht haben. Gerade hatten wir dank meiner neuen Kamera supergute Fotos geschossen. Und wollten heute noch mal checken, dass auch alles nach Plan gehen kann am Freitag.
    Denn genau an diesem Wochenende wird ein neuer Zaun gebaut, und deshalb werden die fiesen Kampfhunde, die sonst das Gelände bewachen, angekettet sein! Und das bedeutet: kein Zaun und keine Kampfhunde mehr zwischen uns und den armen Hühnern. Was für eine Riesenchance!
    Aber stattdessen liege ich jetzt HIER! Einfach über den Haufen gefahren von so einem komplett beknackten Idioten, der nicht begreifen wollte, dass Schneematsch eben rutschig ist und man deshalb nicht mit Tempo 50 durch eine Stadt voller Fußgänger rasen kann! Jedenfalls nicht, wenn man vorhat, diese Leute am Leben zu lassen!
    Na gut, leben tue ich ja noch. Und Riesenglück hatte ich auch, sagte der Arzt vorhin, dass ich

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