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Vater in diesen Träumen immer was ganz Tolles. Auf jeden Fall niemand Berühmtes wie seine schreckliche Fernsehmutter. Sondern zum Beispiel ein Pferdezüchter aus Amerika, mit dem Gregory dann jeden Tag wie ein Cowboy auf der Prärie reiten könnte. Oder ein Architekt aus einer kleinen Stadt in England, mit dem er ein eigenes Haus mit Riesenrutsche bauen würde, die aus dem zweiten Stock in einer Spirale in den Garten führte. Oder ein Segler, der ihn mit auf sein Boot nehmen würde und mit Gregory um die ganze Welt segelte. Was kleine Jungs sich halt so vorstellen.
Jetzt hat er diese Träume nicht mehr, sagt er. Jetzt ist er ja schon dreizehn und muss nur noch ein paar wenige Jahre zur Schule, und dann kann er sowieso hingehen, wohin er möchte. Allein. Da braucht er seinen Vater gar nicht mehr.
Sagt er.
Aber wie kann man jemals seinen Vater oder seine Mutter nicht mehr brauchen?
Ach Mensch … wenn ich nur daran denke, kriege ich sofort einen Knoten im Bauch und einen Kloß im Hals. Gregory tut mir sooo leid! Ich meine, so wie er das sagt, klingt das immer noch ziemlich einsam, finde ich. Oh, wieso kann man Mütter wie Sibylle Hahn nicht einfach verbieten!
Ich meine, es ist ja nicht so, dass Gregorys Vater tot ist oder von ihm nichts wissen will.
Obwohl das natürlich auch eine Möglichkeit sein könnte … Ja, vielleicht sagt Sibylle Hahn Gregory einfach deshalb nicht, wer sein Vater ist, weil sie ihm noch mehr Schmerz ersparen will?
Quatsch. Sibylle Hahn sieht nicht so aus, als würde sie sich über so was lange Gedanken machen. Ich glaube, die hatte wirklich null Interesse an Gregorys Vater und hat sich deswegen auch nicht die Mühe gemacht, den Kontakt zu ihm zu halten. Ganz offensichtlich brauchte sie ihn nicht. Dass Gregory aber vielleicht einen Vater gut gebrauchen könnte, daran hat sie nicht gedacht.
Ich bin nur richtig, richtig froh, dass wir neben Gregory eingezogen sind und er jetzt eine riesige Ersatzfamilie hat. Auch wenn ich ihm wünschen würde, dass wir alle etwas normaler wären.
Aber Gregory scheint das gar nicht zu stören. Ganz im Gegenteil, er betont immer wieder, wie toll er jeden Einzelnen unserer Familie findet. Sogar alle meine Schwestern. Und Cornelius und Iris. Eben alle. Auch Aurora. Na ja, die sowieso!
Ach, ich wünschte, ich könnte Gregorys Vater irgendwie mitteilen, dass er hier einen klasse Sohn hat, und dass er
ein kompletter Idiot ist, wenn er nicht sofort herkommt und diesen Sohn endlich kennenlernt!
Ich meine, vielleicht weiß sein Vater ja noch nicht mal, dass es Gregory überhaupt gibt? Zuzutrauen wäre das Sibylle Hahn. Ich meine, dass sie Gregorys Vater gar nicht gesagt hat, dass sie ein Kind von ihm bekommt.
Aber wie soll man denn bloß einen Vater finden, wenn man noch nicht mal seinen Namen kennt?
Alles, was Gregory weiß, ist, dass sein Vater irgendwas mit England zu tun hat. Daher auch sein englischer Name.
Hm, deutet das dann vielleicht darauf hin, dass sein Vater doch weiß, dass es Gregory gibt? Dass er selbst vielleicht diesen englischen Namen vorgeschlagen hat? Aber warum besucht er Gregory dann nie?
Egal.
Nein, nicht egal, aber vermutlich werde ich dieses Problem auch nicht lösen können. Und hier schon gar nicht. SEUFZ! Ehrlich, in dieser öden, weiß gekalkten Langeweile kann man nach einiger Zeit gar nicht anders als seufzen!
Warum geht nicht irgendjemand aus meiner riesigen Familie endlich mal ans Telefon! Dann könnten sie mir wenigstens noch heute Abend was Vernünftiges zu lesen bringen!
Ach …
Aber das Schlimmste ist wirklich, dass wir die Riesenchance am Freitag nicht nutzen können! Unsere geplante, weltweit größte Hühnerbefreiungsaktion wird nun nicht stattfinden!!! Weil Gregory und ich die nächsten zwei Wochen arme kleine Humpelhäschen sein werden. Und eben NICHT Türen aufbrechen und hilfsbedürftige halb tote
Tiere aus ihrem Gefängnis retten und danach durch die halbe Stadt tragen können.
Wo wir doch alles schon so gut geplant und sogar mit Walter Walbohm abgesprochen hatten. Der hat sich nämlich bereit erklärt, die Hühner – so viele wir eben hätten tragen können – bei sich aufzunehmen. Hat er ja schließlich schon mal gemacht.
Ein paar Hühner hätten ja sogar schon gereicht, als Beweis, wie schlimm ihr Zustand ist. Wir hätten sie nämlich Zeitungen und Fernsehstationen zeigen können. Und dann hätte dieser fiese Tierquäler seine Hühnerfabrik zumachen müssen und alle Hühner wären sofort vom
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