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Starters

Starters

Titel: Starters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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entführt. Der Old Man hat ihn entführt.«
    Der Marshal schaute pflichtgemäß in die Schränke, ins Bad und sogar in die Aktenschubfächer. Es war sinnlos, das wussten wir alle.
    Ich begann zu weinen. Ich konnte nicht anders. Tränen liefen mir über die Wangen. Ich hatte mein Letztes gegeben, alles nur für ihn. Aber er war verschwunden. Der Old Man hatte ihn in seinem Helikopter mitgenommen. Ich war so nahe gewesen. Und ich hatte ihn verloren.
    »Heute Morgen war er hier. Wirklich«, beharrte Trax.
    Er und Senator Bohn standen da und starrten in verschiedene Richtungen. Ich setzte mich auf die Kante der kleinen Pritsche. Es war mir egal, was die anderen dachten. Es war mir egal, wie dumm ich mit meiner laufenden Nase aussah. Ich hatte keine Hoffnung mehr. Ich hatte Unmögliches geschafft – aber meinen Bruder hatte ich nicht gefunden.
    Dad, ich weiß, ich habe es dir versprochen. Und ich habe es versucht. Wirklich versucht.
    Und nun war er alleine, verängstigt, in einem Sack gefangen. In der Gewalt des Old Man.
    Mein Schluchzen wurde lauter.
    Trax wollte mir den Arm um die Schultern legen. »Das tut mir so leid.«
    »Lasst mich in Ruhe!«, schrie ich und stieß ihn weg. Ich richtete mich auf, weil ich kaum noch Luft bekam. »Euer Mitleid hilft mir überhaupt nichts. Ihr Leute von der Body Bank habt euch alle schuldig gemacht. Wie konntet ihr ihm das antun? Er ist doch noch so klein.« Ich wirbelte herum und warf Senator Bohn einen finsteren Blick zu. »Und ihr Enders, ihr seid auch schuld. Warum habt ihr damals nicht allen den Impfstoff verabreicht? Dann wäre uns alles erspart geblieben, wenn ihr nur nicht so geizig gewesen wärt!«
    Der Senator hatte beide Hände im Nacken verschränkt und sah mich mit schmerzerfüllter Miene an.
    Der Marshal, der die umliegenden Räume inspiziert hatte, kehrte zurück, wechselte einen Blick mit Senator Bohn und schüttelte den Kopf. »Er ist nicht hier.«
    Etwas an diesen Worten, aus dem Mund eines Marshals, ließ mich aufhorchen … Ich hatte mich so oft vor der Polizei verkrochen, hatte in einem Versteck gewartet und gehofft, dass sie weder mich noch meine Freunde oder irgendwelche Starters aufspüren würden. Aber diesmal hoffte ich, dass er meinen Bruder finden würde. Nur – wenn mein Bruder einen Marshal sah, würde er nicht aus seinem Versteck kommen.
    Wir hatten die Angewohnheit, uns genau da zu verstecken, wo Polizisten nie hinkämen. Zum Beispiel hoch oben.
    Ich stellte mich mitten in den Raum und sah mich prüfend um.
    Die Enders beobachteten mich misstrauisch, als hätten sie Angst davor, was mir als Nächstes einfallen würde. Ich starrte die Decke an. Wenn mein Bruder den Marshal sah, aber nicht mich … und mich auch nicht hörte …
    Ich ging ins Bad und spähte nach oben. Die Enders folgten mir, blieben auf der Schwelle stehen. Der Toilettendeckel war heruntergeklappt. Das war mein erster Hinweis.
    Ich schwang mich auf den Toilettensitz und von da auf das Becken. Die Männer kamen mit ausgestreckten Armen ins Bad gelaufen, als wollten sie mich bei einem Sturz auffangen. Ich sah Fingerspuren an der Deckenverkleidung und rüttelte daran.
    »Es ist okay, Tyler«, rief ich nach oben. »Ich bin es.«
    Ich hob die Verkleidung an und schob sie zur Seite. Da war er. Tyler blinzelte scheu wie ein kleiner Fuchs über die Kante.
    »Callie?«
    Das Herz schlug mir bis zum Hals. »Tyler! Komm her, du!«
    Ich holte ihn kopfüber aus seinem Versteck und reichte ihn an den Marshal weiter. Ich kletterte vom Waschbecken, sprang zu Boden und drückte meinen Bruder an mich, als wollte ich ihn nie mehr loslassen. Ich küsste ihn und atmete den Duft seiner babyweichen Haare ein. Meine Brust fühlte sich so leicht an, als sei eine tonnenschwere Last von mir genommen.
    Er weinte. Ich weinte. Sogar die Männer um uns herum weinten.
    Und ich hielt ihn immer noch ganz fest.
    Nach endlosen Umarmungen und Küssen und der beruhigenden Erkenntnis, dass sich Tylers Gesundheitszustand nicht verschlechtert hatte, brachten uns die Enders hinunter in die Eingangshalle, wo der Lärmpegel mittlerweile etwas gesunken war. Wir begaben uns zu Lauren und stellten ihr Tyler vor. Senator Bohn griff sich eine Decke und legte sie meinem Bruder um.
    »Geht es ihm gut?«, wollte Lauren von mir wissen.
    »Das Essen war super«, sagte Tyler. »Und der Old Man hat dafür gesorgt, dass ich Medizin bekam.«
    Ich nickte, obwohl ich bezweifelte, dass der Alte aus Menschenfreundlichkeit gehandelt hatte. Dann

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