Starters
fiel mir Florina ein. Sie war zusammen mit Tyler aus dem Hotel entführt worden.
»Tyler, was ist mit Florina passiert?«, fragte ich.
»Die haben sie aus dem Auto gestoßen.«
»Was?«
»Nachdem wir eingestiegen waren, fuhren sie zwei Straßenblöcke weit. Dann hielten sie an und schubsten sie raus.«
»Hoffentlich wurde sie nicht schwer verletzt.«
»Bestimmt nicht. Sie ist gleich wieder aufgestanden.« Er überlegte einen Moment. »Hast du gewusst, dass sie eine Großtante hat? In Santa Rosa?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Sie hat manchmal von ihr erzählt. Vielleicht kann sie bei der wohnen.«
Der Senator strich Tyler über den Kopf. Ein Marshal zeigte dem Politiker eine Liste, in der alle Klienten eingetragen waren. Daneben standen die Namen der jeweiligen Spender, die nach und nach in der Body Bank eintrafen. Er deutete auf eine Seite der Halle, wo die »Mieter« und »Vermieter« Aufstellung genommen hatten, Madison neben Rhiannon, Tinnenbaum neben Lee, Rodney neben Raj und Doris neben Briona. Michael stand neben einer klapprigen Gestalt mit einer großen Nase und hängendem Bauch, einem Ender, der bestimmt an die zweihundert Jahre alt war. Das war der Typ, der mich angemacht hatte, als er in Michaels Körper steckte? Ich musste mich jetzt noch übergeben, wenn ich daran dachte!
Die Schlange der Starters und Enders erstreckte sich bis weit in den Korridor. Lauren, Tyler und ich gingen die Reihe entlang und musterten die Gesichter, aber keines der jungen Mädchen hatte Ähnlichkeit mit Emma. Lauren konnte ihren Kevin ebenfalls nicht unter den Anwesenden entdecken.
»Ich wusste, dass die Chancen nicht gut standen«, sagte Lauren. »Doch man hofft bis zuletzt.«
»Wir suchen weiter.« Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Diese Sache ist erst abgeschlossen, wenn wir die beiden gefunden haben.«
Die lange Nacht war dem Morgen gewichen. Großeltern kamen und holten ihre Enkel ab. Sie zeigten sich erstaunt, als sie die Minderjährigen ohne Familienangehörige im Morgengrau verschwinden sahen, aber ich verstand diese Starters. Sie misstrauten den Alten immer noch.
Tyler schlief auf einer Couch in Doris’ Büro. Michael und ich kauerten zusammengesunken auf Besucherstühlen an ihrem Schreibtisch. Wir waren ausgelaugt und kämpften selbst gegen den Schlaf an. Zumindest sagte ich mir vor, dass das der Grund für Michaels Distanziertheit war.
»Florina hat also eine Großtante in Santa Rosa«, begann ich.
»Ja. Sie glaubte, die würde sie adoptieren.«
»So was nennt man Glück.«
»Diese Tante hätte mich auch aufgenommen. Aber natürlich nicht adoptiert.«
»Und warum bist du nicht auf das Angebot eingegangen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Zu kalt da oben.«
Ich nickte.
»Unser Honorar können wir jetzt ja wohl abschreiben«, meinte er.
»Sieht ganz danach aus.«
»Alles umsonst.« Er schüttelte den Kopf. »Wir haben unser Leben riskiert … für nichts und wieder nichts.«
»Hey, so kannst du das nicht sehen. Wir dürfen immerhin diese hypermodernen Chips behalten.« Ich lachte. Was sollte ich sonst tun? Ich war glücklich, dass ich meine kleine Familie wiederhatte, auch wenn wir ohne Zuhause waren. Lebt wohl, Matratzen und Duschen! Willkommen, Betonböden und Wassereimer!
Lauren warf einen Blick zu uns herein.
»Callie, kann ich dich kurz sprechen?«
Ich warf einen Blick auf den schlafenden Tyler. Michael nickte und sagte, er würde bei ihm bleiben.
»Ich glaube, ich habe eine gute Nachricht für dich«, sagte sie mit einem Lächeln.
Sie brachte mich in Tinnenbaums früheres Büro. Ihr Anwalt hatte den Schreibtisch in Beschlag genommen. Mir lief es kalt über den Rücken, als ich den Zimmerbrunnen sah, der mich bei meinem ersten Besuch so beeindruckt hatte.
»Mrs. Winterhill hatte ein Testament aufgesetzt, in dem Sie erwähnt werden.«
Ich sah Lauren an. Sie schob mich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch und nahm neben mir Platz.
»Aber wann konnte sie …?«
»Sie setzte es auf, bevor sie sich in die Body Bank begab. Sie wusste, dass sie es Ihnen schuldig sein würde.«
»Sie hat dir die Hälfte ihres Vermögens hinterlassen«, ergänzte Lauren, »einschließlich der Villa und eines Ferienhauses.«
Ich brachte keinen Ton hervor.
Er las aus dem Dokument vor, das er in Händen hielt. »Hier steht: ›Ich kenne dich nicht, aber es tut mir leid, dass ich dich ausnutzen musste. Und es tut mir leid, dass wir euch die Welt hinterlassen haben, wie sie ist.‹«
Ein
Weitere Kostenlose Bücher