Startschuss
Normalerweise waren Jabali und Lennart deutlich
schneller als Michael. Diesmal aber zögerten die beiden und schlichen Michael mehr hinterher, als dass sie liefen. Unten in
den Katakomben angekommen sahen sie gerade noch, wie Michael von außen sein Ohr an die Tür einer Umkleidekabine legte.
Im selben Augenblick wurde die Tür so plötzlich aufgerissen, dass Michael fast in den Umkleideraum hineingefallen wäre. Er
prallte gegen Tom, der breitbeinig in der Tür stand. Seine rechte Hand ruhte noch auf der Türklinke, die linke hatte er schon
in die Hüfte gestützt.
»Da habt ihr euren Täter!«, verkündete Tom seinen Mitschülern.
Michael richtete sich wieder auf. »W-was?«, stotterte er.
»Tu doch nicht so!«, schnauzte Tom ihn an. »Du hast deine Niederlage nicht verdaut, deshalb hast du mir jetzt meine Schuhe
gestohlen.«
»Und meine auch!«, rief ein anderer.
»Alle!«, schnaufte ein Dritter wütend. »Los, rück die heraus!«
»Moment mal«, wehrte Michael ab. »Tickt ihr nicht mehr richtig? Wovon sprecht ihr?«
»Das weißt du ganz genau«, behauptete Tom. »Sieh dir das an!« Mit seinem Arm machte er eine einladende Bewegung, sich im Raum
umzusehen. Michael erkannte, was er meinte: Die Kleidung der Grünheimer war von den Haken gerissen und lag zerwühlt im ganzen
Raum verteilt auf dem Boden. Die Sporttaschen waren ausgekippt. Und . . .
». . . alle Sportschuhe sind verschwunden. Gestohlen!«
Michael konnte es nicht glauben.
»Gestohlen?«, wiederholte Jabali fassungslos.
Lennart dämmerte, was Tom gemeint hatte. »Ihr glaubt doch wohl nicht etwa, dass wir . . .«
»Wer denn sonst?«, fuhr Tom ihm über den Mund. »Wir haben euch doch auf frischer Tat ertappt!«
Michael schnaubte vor Wut.
Lennart hingegen zeigte den Grünheimern nur einen Vogel. »Und wo sind dann die Schuhe, du Schlaumeier? Glaubst du, ich habe
zehn Paar Sportschuhe in meiner Hosentasche versteckt?«
Ein bestechendes Argument. Michael glaubte schon, Lennart hätte damit die Sache aus der Welt geschafft. Doch so leicht gab
Tom nicht auf. Zwar stutzte er einen Moment, weil Lennarts Einwand wirklich nicht so leicht von der Hand zu weisen war, dann
aber hatte er eine Idee: »Damit ist ein Komplize von euch schon abgehauen!«
Jetzt fiel auch Lennart nichts mehr ein. So einen Unsinn hatte er schon lange nicht mehr gehört.
»Mir reicht’s jetzt«, fand auch Jabali und machte auf dem Absatz kehrt. Doch zwei Grünheimer packten ihn am Arm.
»Nichts da«, triumphierte Tom. »Schön hiergeblieben. Wir holen den Ordnungsdienst!«
Jabali wollte sich losreißen, aber die beiden Grünheimer hatten seine Arme nun fest im Griff. Michael wollte ihm zu Hilfe
kommen, da stürzten sich sofort zwei weitere Grünheimer auf ihn.
Lennart erging es nicht besser. Genau wie Michael wehrte er sich, doch jeder von ihnen hatte es mitzwei Gegnern zu tun. Nach einem kurzen heftigen Handgemenge hatten die Grünheimer Michael, Jabali und Lennart überwältigt.
»Der Ordnungsdienst ist gleich hier«, drohte Tom.
Lennart schüttelte nur den Kopf. Er hatte mitgeholfen, den Ordnungsdienst zusammenzustellen und einzuteilen. Und es war eigentlich
nur Zufall, dass er nicht gerade selbst Dienst hatte. Jetzt sollte der Ordnungsdienst kommen, um ihn als Täter zu überführen?
Es war absurd.
Lennart musste kurz schmunzeln, als der Ordnungsdienst anrückte. Es waren Gerhardt und Franz, die beiden Gewichtheber aus
der achten Klasse. Doch die beiden Schüler kamen nicht allein. Hinter ihnen polterte Herr Rittmeier durch die Katakomben,
der Hausmeister. Mit dem war nicht zu spaßen. Ohne Begrüßung dröhnte er auch gleich los.
»Diebstahl bei einem Sportfest! Wo gibt es denn so was?«
»Wir haben nichts gestohlen«, verteidigte sich Michael sofort. »Im Gegenteil: Mir wurde etwas in mein Getränk gemixt, wovon
ich Magenkrämpfe bekommen habe!«
»Ilkas Schwimmanzug war verschwunden«, ergänzte Jabali.
»Genau!«, übernahm Lennart das Wort. »Weil die Grünheimer Angst haben, gegen uns zu verlieren!«
»Wir?«, schrie nun Tom durch die Kabine. »Angst? Vor euch?«
Dabei schubste er Michael, der sich das natürlich nicht gefallen lassen wollte. Da zwei andere Grünheimer ihn aber immer noch
festhielten, musste Michael sich erst mal befreien, um auf Tom losgehen zu können. Nacheinander trat er beiden Bewachern gegen
die Schienbeine. Es klappte. Sie ließen ihn los. Michael sprang auf Tom zu und schlug auf ihn
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