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Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sie. »Und bei dir?«
    »Erzähl mir, was los ist.«
    Sie fängt an, ihm von Dr. Marcus zu berichten, hat aber keine Lust, auf Einzelheiten einzugehen. Dann möchte sie über Marino reden, aber die Wörter bleiben ihr im Halse stecken. Ihr Gehirn ist träge, und aus irgendeinem Grund zögert sie, sich Benton anzuvertrauen und ihm zu viel zu verraten.
    »Warum sagst du mir nicht lieber, was heute bei dir los war?«, erwidert sie stattdessen. »Bist du Ski oder Snowboard gefahren?«
    »Nein.«
    »Schneit es?«
    »Momentan ja«, antwortet er. »Und dort, wo du bist?«
    »Wo ich bin?« Allmählich wird sie wütend. Es ist ihr gleichgültig, was er ihr vor einigen Tagen erklärt hat und was sie weiß. Sie fühlt sich trotzdem gekränkt und ärgert sich. »Drückst du dich so allgemein aus, weil du vergessen hast, wo ich bin? Ich bin in Richmond.«
    »Natürlich. So habe ich es nicht gemeint.«
    »Ist jemand bei dir? Bist du mitten in einer Besprechung oder so?«, erkundigt sie sich.
    »Genau«, sagt er.
    Er kann nicht frei reden, und sie bedauert, dass sie angerufen hat. Schließlich weiß sie, wie er ist, wenn er sich belauscht fühlt, und sie wünscht, sie hätte sich nicht bei ihm gemeldet. Dann stellt sie sich ihn in seinem Arbeitszimmer vor und fragt sich, was er gerade tut. Vielleicht hat er ja Angst, abgehört zu werden. Sie hätte nicht anrufen sollen. Möglicherweise ist er einfach nur geistesabwesend, aber ihr wäre es lieber, wenn er vorsichtig wäre, nicht zu beschäftigt, um sich mit ihr zu befassen. Sie hätte nicht anrufen sollen.
    »Gut«, meint sie. »Entschuldige die Störung. Wir haben zwar seit zwei Tagen nicht miteinander gesprochen, aber ich habe Verständnis dafür, dass du jetzt keine Zeit hast, und außerdem bin ich müde.«
    »Du hast angerufen, weil du müde bist?«
    Er will sie auf den Arm nehmen und macht sich ein bisschen über sie lustig. Doch gleichzeitig wirkt er auch leicht gekränkt. Er möchte nicht glauben, dass sie ihn angerufen hat, weil sie müde ist, denkt sie und muss schmunzeln. »Du weißt ja, wie ich bin, wenn ich müde werde«, witzelt sie. »Dann habe ich mich nicht mehr im Griff.« Sie hört ein Geräusch im Hintergrund, vielleicht eine Stimme, eine Frauenstimme. »Ist da jemand?«, fragt sie wieder, und diesmal meint sie es ernst.
    Eine lange Pause. Dann wieder die gedämpfte Stimme. Vielleicht hat er ja das Radio oder den Fernseher an. Im nächsten Moment herrscht Stille.
    »Benton?«, sagt sie. »Bist du noch dran? Verdammt!«, murmelt sie. »Verdammt!« Sie legt auf.
    35
    Im Publix-Supermarkt an der Hollywood Plaza ist viel los. Edgar Allan Pogue schlendert mit seinen Einkaufstüten aus Plastik über den Parkplatz und sieht sich dabei nach allen Seiten nach Leuten um, denen er möglicherweise aufgefallen sein könnte. Aber da ist niemand. Und wenn da doch jemand wäre, würde es auch keine Rolle spielen, denn wie immer wird sich kein Mensch an ihn erinnern oder einen Gedanken an ihn verschwenden. Außerdem tut er doch nur das Richtige. Er erweist der Welt einen Gefallen, sagt er sich, als er am Rand der Lichtkegel der hohen Laternen auf dem Parkplatz weitergeht. Er hält sich im Schatten und schreitet rasch, aber nicht hastig aus.
    Sein weißes Auto unterscheidet sich nicht von den etwa zwanzigtausend anderen weißen Autos in Südflorida und parkt in einer weit entfernten Ecke des Parkplatzes zwischen zwei weiteren weißen Autos. Eines davon, der Lincoln, der vorhin noch links von ihm stand, ist inzwischen weg. Doch das Schicksal hat bestimmt, dass wieder ein weißes Auto, diesmal ein Chrysler, seinen Platz eingenommen hat. In unverfälscht magischen Zeiten wie diesen weiß Pogue, dass er beobachtet und geleitet wird. Das Auge sieht zu. Er wird von dem Auge, der höheren Macht, dem Gott der Götter geführt, der oben auf dem Olymp sitzt. Er ist der bedeutendste aller Götter und gewaltiger und unermesslicher als jeder Filmstar oder sonst jemand, der sich für das Größte hält und glaubt, dass er selbst allmächtig ist. Wie sie. Wie der große Fisch.
    Er öffnet sein Auto mit der Fernbedienung, klappt den Kofferraum auf und nimmt eine weitere Tüte heraus. Sie ist von All Season Pools, einem Laden für Schwimmbadzubehör. Dann sitzt er in der warmen Dunkelheit vorne im Wagen und überlegt, ob die Sichtverhältnisse für die Aufgabe genügen, die nun vor ihm liegt. Das Licht der Laternen auf dem Parkplatz erreicht kaum den Winkel, wo sein Wagen steht, und er wartet, bis

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