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Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Zulassung in zwei Tagen auslaufe. Warum sie bis zur letzten Minute gewartet habe, wollte die Frau in Dr. Paulssons Praxis wissen.
    Stolz hat Lucy Benton ihre oscarverdächtige Darbietung geschildert: Mit zitternder Stimme habe sie herumgedruckst und gestammelt, sie sei einfach nicht dazu gekommen. Der Besitzer des Helikopters, den sie flöge, habe sie ununterbrochen in der Gegend herumgehetzt, sodass ihr keine Zeit geblieben sei, sich untersuchen zu lassen. Und, ja, sie habe persönliche Probleme, habe sie zu der Frau gesagt. Wenn sie die Bescheinigung nicht bekäme, dürfe sie nicht mehr fliegen und würde dann zu allem Unglück auch noch ihren Job verlieren. Daraufhin habe die Frau Lucy aufgefordert zu warten. Als sie wieder an den Apparat gekommen sei, habe sie verkündet, Dr. Paulsson werde sie um zehn Uhr am nächsten Morgen, also heute, dazwischenschieben. Damit tue er ihr einen großen Gefallen, da er wegen ihrer misslichen Lage sein wöchentliches Tennis-Doppel absagen müsse. Also sollte Lucy sich hüten, den Termin zu versäumen oder zu spät zu kommen, denn schließlich sei Dr. Paulsson ein wichtiger und viel beschäftigter Mann.
    Bis jetzt klappt also alles wie am Schnürchen. Lucy ist als P. W. Winston angemeldet. Inzwischen befindet sie sich im Haus des Flugarztes. Benton wartet an seinem Schreibtisch und betrachtet durch das Fenster den Himmel, wo die Schneewolken tiefer und dichter hängen als noch vor einer knappen halben Stunde.
    Laut Wetterbericht soll bei Einbruch der Dunkelheit Schneefall einsetzen und die ganze Nacht lang anhalten. Allmählich hat er den Schnee satt. Er hat genug von seiner Heimatstadt und von Aspen. Seit Henri sich in sein Leben gedrängt hat, hat er eigentlich die Nase voll von allem.
    Henri Waiden ist eine Soziopathin, eine Narzisstin und ein Mensch, der sich wie eine Klette an andere heftet. Sie verschwendet seine Zeit. Über seine Versuche, ihre traumatische Erfahrung therapeutisch zu verarbeiten, macht sie sich nur lustig. Wenn er nicht so wütend auf Lucy wäre, weil sie zugelassen hat, dass Henri so viel Schaden anrichtet, würde er Mitleid mit Scarpettas Nichte haben. Henri hat sie verführt und benutzt und bekommen, was sie wollte. Vielleicht hat sie nicht damit gerechnet, dass sie in Lucys Haus in Florida überfallen werden könnte. Doch auch wenn nicht alles nach Plan gelaufen ist, hat sich Henri Lucy herausgepickt, um sie auszubeuten. Nun verspottet sie Benton. Er hat seinen Aspen-Urlaub mit Scarpetta geopfert, um sich von einer Möchtegern-Schauspielerin und Möchtegern-Privatdetektivin namens Henri an der Nase herumführen und zum Narren machen zu lassen. Und das, obwohl er es sich eigentlich nicht leisten kann, da es zwischen ihm und Scarpetta sowieso schon kriselt. Möglicherweise ist nun alles vorbei. Er könnte es ihr nicht zum Vorwurf machen. Der Gedanke ist zwar unerträglich, aber Scarpetta trifft keine Schuld.
    Benton greift nach einem Sender, der aussieht wie ein kleines Polizeifunkgerät. »Hörst du mich?«, erkundigt er sich bei Lucy.
    Wenn nicht, wird sie seinen Funkspruch nicht mit dem winzigen drahtlosen Empfänger in ihrem Ohrkanal hören. Das Gerät ist zwar unsichtbar, allerdings nicht in jeder Situation tragbar. Zum Beispiel, wenn Dr. Paulsson ihr in die Ohren leuchtet. Deshalb wird Lucy sehr schnell und geschickt sein müssen. Benton hat sie gewarnt, dass dieser Empfänger zwar hilfreich ist, aber auch ein Risiko bedeutet. Ich würde dir gern soufflieren, hat er gemeint. Es wäre wirklich sehr praktisch, wenn du Stichwörter von mir empfangen könntest. Aber du kennst das Risiko. Irgendwann während der Untersuchung wird er das Ding entdecken.
    Lucys Antwort lautete, dass sie in diesem Fall lieber auf die Stichwörter verzichten würde, aber er hat darauf bestanden.
    »Lucy? Bist du auf Empfang?«, sendet er wieder. »Ich wollte mich nur vergewissern, weil ich dich weder sehe noch höre.«
    Plötzlich wird die Videokamera aktiviert. Benton empfängt Bilder auf dem Laptop und hört Lucys Schritte. Vor ihr vibriert eine Holztreppe, die sie gerade hinaufsteigt, und ihre Schritte und Atemzüge hallen durch die Kopfhörer.
    »Ich empfange dich laut und deutlich«, spricht er in das Mikrofon, das er sich dicht vor den Mund hält. Stimm- und Videorecorder sind von Standby auf Record umgesprungen.
    Nun kommt Lucys Faust ins Bild, die laut an eine Tür klopft. An seinem Schreibtisch sitzend beobachtet Benton, wie sich die Tür öffnet und ein Arztkittel

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