Staub
lange dauern wird. Was wollen Sie? Sagen Sie es einfach. Ich wünschte, ich hätte einen Sohn wie Sie.
Ihre Zeitschriften, antwortete er. Die Filmzeitschriften.
Ach, du meine Güte. Die Dinger auf meinem Couchtisch? Habe ich Ihnen nie von meiner Zeit im Beverly Hills Hotel erzählt und von den Filmstars, die ich in der Polo Lounge und rings um die Bungalows gesehen habe?
Erzählen Sie es mir noch einmal. Ich liebe Hollywood mehr als alles andere auf der Welt.
Dieser Mistkerl, mit dem ich verheiratet war, ist einmal mit mir nach Beverly Hills gereist. Das muss ich ihm lassen. Wir haben uns wirklich großartig amüsiert. Ich liebe das Kino, Edgar Allan. Ich hoffe, dass Sie auch oft ins Kino gehen. Es gibt nichts Schöneres als einen guten Film.
Ja, Ma’am. Da haben Sie ganz Recht. Eines Tages will ich auch nach Hollywood.
Ja, dort sollten Sie hin. Wenn ich nicht so alt und wertlos wäre, würde ich mit Ihnen nach Hollywood fahren. Wir hätten solchen Spaß.
Sie sind nicht alt und wertlos, Mrs. Arnette. Möchten Sie meine Mutter kennen lernen? Ich könnte sie einmal mitbringen.
Dann trinken wir einen schönen Gin Tonic und essen dazu ein paar Quiches mit Würstchen, die ich so gerne mache.
Sie ist in einer Schachtel, erwiderte er.
Sie sagen aber seltsame Sachen.
Sie ist gestorben, aber ich habe sie in eine Schachtel getan.
Oh! Sie meinen ihre Asche.
Ja, Ma’am. Ich würde mich nie davon trennen.
Wie reizend. Um meine Asche wird sich keine Menschenseele kümmern, das garantiere ich Ihnen. Wissen Sie, was mit meiner Asche geschehen soll, Edgar Allan?
Nein, Ma’am.
Verstreuen Sie sie auf der anderen Seite dieses verdammten Zauns. Wieder lachte sie rau auf. Wenn ich Dr. Paulsson schon lästig war, kann ich wenigstens seinen Rasen düngen.
Oh, nein, Ma’am, dafür wäre Ihre Asche viel zu schade.
Tun Sie es. Sie werden es nicht bereuen. Gehen Sie ins Wohnzimmer, und holen Sie mir meine Handtasche.
Sie schrieb ihm einen Scheck über fünfhundert Dollar aus, einen Vorschuss, dass er ihre Wünsche erfüllte. Nachdem er den Scheck eingelöst hatte, kaufte er ihr eine Rose und plauderte nett mit ihr, während er sich die ganze Zeit die Hände mit einem Taschentuch abwischte.
Warum wischen Sie sich ständig Ihre Hände ab, Edgar Allan?, fragte sie vom Bett aus. Wir sollten die Plastikfolie von der hübschen Rose abmachen und die Blume in eine Vase stellen. Weshalb legen Sie sie in die Schublade?, erkundigte sie sich.
Damit Sie sie für immer behalten können. Und jetzt möchte ich, dass Sie sich kurz umdrehen.
Warum?
Tun Sie es einfach. Sie werden schon sehen.
Er half ihr beim Umdrehen. Sie wog fast nichts mehr. Dann setzte er sich auf ihren Rücken und steckte ihr das weiße Taschentuch in den Mund, damit sie still war.
Sie reden zu viel, sagte er. Und jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Sie hätten nicht so viel reden sollen, fuhr er fort, während er ihre Hände auf dem Bett festhielt. Er spürt immer noch, wie ihr Kopf zuckte, und auch ihr schwaches Sträuben, als er ihr den Atem raubte. Als sie sich nicht mehr bewegte, ließ er ihre Hände los und entfernte vorsichtig das weiße Taschentuch aus ihrem Mund. Er saß auf ihr und vergewisserte sich, dass sie ruhig blieb und nichts mehr sagte, während er genauso mit ihr sprach wie mit dem Mädchen, der Tochter des Arztes, der im Haus komische Dinge tat. Dinge, die Pogue nie hätte sehen dürfen.
Er zuckt zusammen, als jemand laut an die Fensterscheibe seines Wagens pocht. Pogue öffnet die Augen und ringt hustend nach Luft. Draußen steht grinsend ein großer Schwarzer, klopft mit seinem Ring an die Scheibe und hält eine große Schachtel M&M-Schokolinsen hoch.
»Fünf Dollar«, ruft der Mann. »Es ist für meine Kirche.« Pogue lässt den Motor an und legt den Rückwärtsgang ein.
52
Dr. Stanley Philpotts Praxis in Fan, dem »Fächer« von Richmond, ist in einem weiß verputzten Reihenhaus aus Backstein in der Main Street untergebracht. Er ist Allgemeinmediziner und war entgegenkommend, als Scarpetta ihn spät am gestrigen Abend anrief, um mit ihm über Edgar Allan Pogue zu sprechen.
»Sie wissen doch, dass ich keine Auskünfte über meine Patienten geben darf«, war seine erste Reaktion.
»Die Polizei kann sich auch eine richterliche Anordnung besorgen«, erwiderte sie. »Wäre Ihnen das lieber?«
»Eigentlich nicht.«
»Ich muss mit Ihnen über ihn reden. Kann ich gleich morgen früh in Ihre Praxis kommen?«, meinte sie. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher