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Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Kühlraum wäre gut. Allerdings passen in die Wannen mehr hinein«, entgegnete Dave und betätigte einen Schalter, worauf die Kette plötzlich anhielt. Die rosafarbene Frau schwankte, als säße sie in einem ruckartig gestoppten Sessellift.
    »Vorausgesetzt, ich kann den Platz abzweigen. Sie wissen ja, wie es ist. Um jeden Quadratzentimeter muss ich kämpfen. Alles ist eine Platzfrage«, sagte Scarpetta, legte den Finger ans Kinn und blickte sich in ihrem Königreich um.
    Edgar Allan Pogue weiß noch, was er damals gedacht hat: Schon gut, dieser braune Fußboden und die Wannen, der Ofen und der Raum zum Einbalsamieren mögen in diesem Moment dein Königreich sein. Aber wenn du nicht da bist, also neunundneunzig Prozent der Zeit, gehört dieses Königreich mir. Die Menschen, die hereingeschoben werden und ausbluten, die in den Wannen sitzen, in Flammen aufgehen und zum Schornstein hinausschweben, sie alle sind meine Untertanen und Freunde.
    »Ich hätte eigentlich eine Leiche gebraucht, die nicht einbalsamiert ist«, meinte Scarpetta zu Dave. »Vielleicht sollte ich die Vorführung absagen.«
    »Edgar Allan war zu schnell. Er hat sie einbalsamiert und in die Wanne gelegt, bevor ich Gelegenheit hatte, ihm zu sagen, dass Sie heute eine Leiche brauchen«, erwiderte Dave. »Eine frische kann ich zurzeit nicht bieten.«
    »Hat sie Angehörige?« Scarpetta betrachtete die rosafarbene schwankende Leiche.
    »Edgar Allan?«, rief Dave. »Die hat doch keine Angehörigen, oder?«
    Edgar log und bestätigte das, da er wusste, dass Scarpetta niemals eine Tote mit Angehörigen verwenden würde. Das wäre nämlich nicht im Sinne des Verstorbenen, der seinen Körper der Wissenschaft vermacht hat. Pogue war sich allerdings sicher, dass es die rosafarbene alte Frau nicht interessiert hätte. Überhaupt nicht. Sie wollte sich nur wegen einiger erlittener Ungerechtigkeiten an Gott rächen.
    »Ich denke, es wird gehen«, beschloss Scarpetta. »Ich würde nur ungern absagen. Es funktioniert schon.«
    »Tut mir echt Leid«, sagte David. »Ich weiß, dass eine Autopsievorführung an einer einbalsamierten Leiche nicht das Optimale ist.«
    »Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber.« Scarpetta tätschelte seinen Arm. »Kaum zu fassen, dass wir heute keinen einzigen Fall haben. Und ausgerechnet an so einem Tag bekommen wir Besuch von der Polizeiakademie. Tja, schicken Sie sie hoch.«
    »Liebend gern«, meinte Dave, der manchmal mit Scarpetta flirtete, mit einem Zwinkern. »Zurzeit sieht es auch mit Spenden leider mau aus.«
    »Seien Sie nur froh, dass die Öffentlichkeit nicht weiß, wo die Leichen landen. Dann würden Sie nämlich gar keine Spenden mehr kriegen«, erwiderte sie und ging in Richtung Aufzug. »Wir müssen uns bald mal die Pläne für das neue Gebäude anschauen, Dave.«
    Also half Pogue seinem Chef, die jüngste Spende von den Haken zu lösen und sie auf dieselbe staubige Bahre zu legen, über die Scarpetta sich gerade beschwert hatte. Pogue rollte die rosafarbene alte Dame über die braunen Fliesen in den rostigen Lastenaufzug. Während sie nach oben fuhren und er sie im Erdgeschoss wieder hinausschob, dachte er sich, dass die alte Frau sicher nie mit dieser Reise gerechnet hätte. Nein, ganz sicher hatte sie diesen Umweg nicht eingeplant, das musste er eigentlich am besten wissen. Schließlich hatte er oft genug mit ihr geredet. Selbst vor ihrem Tod. Die Plastikhülle, die er über sie gebreitet hatte, raschelte, als er sie durch die dicke, nach Raumspray riechende Luft schob. Auf dem Weg zu den offenen Türflügeln, die in den Autopsiesaal führten, klapperten die Räder der Bahre über weiße Fliesen.
    »Und das, liebe Mutter, ist es, was mit Mrs. Arnette passiert ist«, sagt Edgar Allan Pogue und richtet sich im Liegestuhl auf. Fotos von Mrs. Arnette mit ihrem bläulich getönten Haar sind auf dem gelbweißen Stoff zwischen seinen nackten, behaarten Schenkeln ausgebreitet. »Oh, mir ist klar, wie ungerecht und schrecklich sich das anhört. Aber so schlimm war es gar nicht. Ich wusste, dass ihr ein Publikum aus jungen Polizisten lieber gewesen wäre, als wenn irgendein undankbarer Medizinstudent an ihr herumgeschnitzt hätte. Eine hübsche Geschichte, findest du nicht, Mutter? Eine wirklich hübsche Geschichte.«
    18
    Im Schlafzimmer ist gerade genug Platz für ein Einzelbett, einen kleinen Tisch links vom Kopfbrett und eine Kommode neben dem Wandschrank. Die Möblierung besteht aus Eiche, ist weder antik noch neu und

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