Staubige Hölle
sie in den Truck zu bekommen. Erzählte ihm, wie Inja Sipho erschossen hatte.
Der Mann betrachtete sie. Sagte nichts. Aber auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, als stäche etwas in sein Fleisch.
»Warum lässt du ihn nicht sterben?«, fragte sie.
»Weil es noch einen Mann gibt, der so böse und schlecht ist wie er. Vielleicht sogar noch schlimmer, und er wird unbestraft bleiben, wenn Inja Mazibuko nicht spricht. Verstehst du das?«
Sie nickte. Sie verstand, dass es war, was Männer machten. Sich bekämpfen. Selbst wenn sie nicht wussten, warum sie es taten.
»Dann wirst du mit mir kommen? Erzählen, was du weiÃt?«, fragte er.
Sie starrte ihn an, war es nicht gewohnt, dass sie gefragt wurde. »Ja. Ich werde es tun.«
Der Mann sah sie an, er hatte etwas Sanftes im Gesicht. Als wollte er noch etwas sagen. Dann ging die Tür neben ihnen auf, und die weiÃe Frau mit den blonden Haaren stand im Rahmen.
***
Zondi stand auf und ging zu ihr. »Und?«
»Ich habe die Wunde geschlossen. Vielleicht wird er es überleben, aber du musst ihn in ein Krankenhaus bringen.«
Sie zog die blutigen OP -Handschuhe aus und warf sie zurück in den Raum, neben Inja, der unter der Rettungsdecke lag. Dell stand neben ihm, hielt einen Tropfbeutel, dessen Schlauch in Injas Arm führte.
Die Ãrztin zog die Gitanes aus ihrer Jeanstasche und steckte sich eine Zigarette in den Mund. Als sie das Streichholz anriss und an die Zigarette führte, sah Zondi einen Blutfleck vorn auf ihrem weiÃen Hemd. Sie sah ihn ebenfalls und rieb fahrig daran.
»Was ist mit dem Hemd?«, fragte er.
Rauchend zuckte sie die Achseln. »Ist mein Talisman.«
»Woher hast du es?«
»Von einem anderen Arzt. Einem Ãthiopier. Als ich noch bei den MSF war.« Sah seinen fragenden Blick. » Médecins Sans Frontières . Ãrzte ohne Grenzen.«
»Wo ist er jetzt? Der Ãthiopier.«
»Tot.«
»Ich dachte, du hättest was von Glücksbringer gesagt?«
»Für mich, ja. Für ihn nicht so.« Er hörte etwas in ihrer Stimme. Ein tiefes Bedürfnis, so tief wie ein Brunnen. Sie versuchte es mit einem Lachen, was nicht funktionierte, lieà die Zigarette in den Dreck fallen und trat sie mit ihrem Schuh aus. »Ich denke, Disaster Zondi, dass ich jetzt wieder zurück in mein Zimmer möchte.«
Kapitel 73
Der Bucklige hatte es fast geschafft, seine Hände zu befreien, nachdem er das Plastikseil an dem schartigen Metall eines rostigen Kotflügels praktisch durchgewetzt hatte. Er hatte sich dabei geschnitten, spürte nun das warme Blut an den Händen und Handgelenken, aber nicht mehr lange und er war wieder frei.
Er sah zu seinem Vater hinüber, der alte Mann lag geknebelt und gedemütigt ein Stück weiter. Er hatte nie zuvor erlebt, dass sein Vater so behandelt worden war. Zumindest nicht von einem schwarzen Mann. Nicht von einem Mitglied der eigenen Familie. Es hatte mal einen Buren gegeben, einen Farmer, der seinen Vater ausgepeitscht hatte, damals, als die WeiÃen das für ihr gutes Recht hielten. Hatte seinen Vater vor den Augen seiner Frau und Kinder ausgepeitscht.
Sein Vater hatte keinen Laut von sich gegeben, als die Mutter des Buckligen den Rücken des Vaters auswusch, tiefe Schnittwunden schraffierten seine Haut. Und er hatte weiter für den Buren gearbeitet, sein Rücken verheilte, dickes Narbengewebe wuchs über die Striemen. Verhielt sich unterwürfig. Nannte den weiÃen Mann Boss .
Dann hatte der Junge eines Nachts gesehen, wie sein Vater mit einem Hammer in der Hand die Hütte verlieÃ. Ein Werkzeug, um Schweine zu töten. Eine Stunde später kehrte er ohne den Hammer zurück, und der Junge hörte, wie er sich hinlegte und schnarchend einschlief, nur Sekunden, nachdem er sich neben seine Frau auf die Matte gelegt hatte.
Am nächsten Tag wurde die Polizei gerufen. Sie fanden den Farmer tot auf, der Schädel zertrümmert, überall Blut und Fliegen. Sie verhörten die Zulu-Arbeiter. Ernteten nur ausdruckslose Blicke. Kopfschütteln.
Ja, so ein Mann war sein Vater. Und jetzt kam dieses wertlose Schwein hierher, das sich für seine Leute und seine Haut schämte, und machte das â¦
Der Bucklige sägte weiter. Hörte Schritte näherkommen und hielt inne. Verbarg die Hände. Sein Cousin tauchte auf. Hockte sich vor ihn, trug Schuhe, für die man sich zwei Pferde hätte
Weitere Kostenlose Bücher