Staubige Hölle
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»Und was machst du heute so?«, erkundigte sich Zondi, während er beobachtete, wie der Mann einen gelben HühnerfuÃ, runzlig und gallertartig, zum Mund hob. Malmte sich durch Knorpel, Haut und Krallen. Griff nach einem in Teig ausgebackenen Schnabel.
»Ich bin Leichenbestatter. Das da drüben ist mein Laden.« Richtete einen fettigen Finger auf ein unverputztes Gebäude aus Hohlblocksteinen auf der anderen StraÃenseite, das Schaufenster voller Särge.
»Das Geschäft scheint gut zu laufen.«
»Zu gut, Zondi. Viel zu gut. Viele Leute sterben hier an Tuberkulose, und dann sorgen natürlich die Taxikriege dafür, dass ich momentan reichlich zu tun habe. Aber hauptsächlich ist es AIDS .«
Der Leichenbestatter riss ein Stück Brot ab und tunkte es in das Curry. Zondi erinnerte sich, dass so ein ganzer Brotlaib auch coffin bunny genannt wurde. Giraffe stopfte sich alles in den Mund, das WeiÃbrot quoll zwischen den Lippen heraus. Er rülpste und beugte sich zu Zondi, der daraufhin eine satte Mischung aus Curryfleisch und Balsamierflüssigkeit in die Nase bekam.
»Dieses AIDS . Es ist schlimmer, als alle sagen, mein Freund. Besonders die Frauen und die Mädchen â die sterben wie die Fliegen. Und du weiÃt ja, wie diese Menschen sind«, er wedelte mit einer Hand auf die Passanten, »die müssen den allerbesten Sarg haben, auch wenn sie keine zwei Cents besitzen, um sich damit den Arsch abzuwischen. Ich hab versucht, Zondi, ihnen billige Kisten aus Kiefernholz anzubieten. Aber nein. Nur das Beste, mein Freund. Das Allerbeste oder gar nichts.« Schüttelte den Kopf. Als das Licht auf sein Gesicht fiel, tauchten für einen kurzen Moment in dem Meer aus Fett die Züge des zierlichen Jugendlichen wieder auf, an den Zondi sich erinnerte, dann versanken sie wieder. Der Leichenbestatter rülpste und schaufelte sich mehr Curry zwischen die Zähne. »Bist du mit Inja in Verbindung geblieben?«
Zondi schüttelte den Kopf, starrte hinaus auf die StraÃe und sah zu, wie ein Minibus Fahrgäste aufnahm. »Nein. Vielleicht laufe ich ihm ja zufällig über den Weg, solange ich hier bin.«
»Er ist fort, wie ich höre. Nicht in der Stadt.« Kauen. »WeiÃt du, wir drei sind die letzten von früher. Ich habe Mussolini, Dudu und Solly selbst begraben. Schussverletzung. AIDS . AIDS .« Schluckte und schnappte nach Luft. Spülte das Essen mit Coke aus der Literflasche runter. Lieà einen Wind gehen, wie ein Luftschiff, das Luft verlor. »Inja hatâs zu was gebracht. Der Häuptling hat ihn belohnt, hat ihn zu einem induna gemacht.« Wedelte mit einer fettigen Hand zu dem Mann auf dem Wahlplakat. Aà weiter. »Und dass Inja jetzt eine Marke hat, weiÃt du ja, oder?« Zondi drehte sich zu dem Leichenbestatter, sah ihn fragend an und stellte sich dumm. »Ja, der Häuptling hat ihn zum Sonderagenten in seiner Polizeieinheit gemacht. Ist heute ein mächtiger Mann, unser Inja.«
Natürlich rannte Inja der Hund mit dem neuen Rudel des Ministers â ein Tonton Macoute, ein staatlich konzessionierter Killer, bereit, die Drecksarbeit seines Herrn zu erledigen. Zondis Chef hatte sich lautstark gegen die Sondereinheit positioniert. Und sich damit sein eigenes Grab geschaufelt.
»Du weiÃt, dass er dieses Wochenende seine vierte Braut nimmt? Inja?« Zondi log mit einem Kopfschütteln. Giraffe lehnte sich zurück und seufzte. »Armes Kind. Sie ist der Ersatz, vermute ich, für die Frau, die ich letzten Monat beerdigt habe.« Zondi starrte ihn an. Sagte nichts. »Sie war so klein und mager, ich hätte sie locker in eine Tomatenkiste stecken können.«
Der schwere Mann hatte das komplette Essen verspeist. Er zog eine Manschette zurück und warf einen Blick auf die goldene Uhr, die sich in das Fett seines Handgelenks eingegraben hatte. »Ich muss los. Ein Termin mit frischgebackenen Hinterbliebenen.«
Giraffe streckte eine schlaffe Hand aus, die nun klebrig war. Zögernd ergriff Zondi sie.
»Komm auf einen Sprung rein, bevor du wieder fährst. Ich zeige dir dann meinen Laden.«
Zondi nickte und sah zu, wie der fette Mann sich aus dem Wagen wälzte, ein Taxi zum Stehen brachte, indem er einfach eine Handbewegung machte, und dann die StraÃe überquerte. Der Leichenbestatter blieb vor seinem Schaufenster stehen, hob einen Arm und wischte eine Stelle auf der
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