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Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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Gesicht einer skelettartigen Leiche. Der Leichnam hob eine Krallenhand, der eingefallene Mund kaute zahnlos. Stöhnte. Zondi stemmte sich auf die Ellbogen hoch, versuchte schlau daraus zu werden, wo genau im Jenseits er sich befand, als ein weißes Gesicht eingerahmt von langen, blonden Haaren in sein Gesichtsfeld trat. Definitiv in der Hölle.
    Die weiße Frau sprach ein holpriges Simpel-Zulu. »Sind Sie okay?«
    Zondi antwortete auf Englisch. »Wo bin ich?«
    Â»St. Mary’s Mission Hospital. In Bhambatha’s Rock.«
    Sie sprach fließend Englisch, allerdings mit einem starken Akzent. Französisch. Nein, Belgisch, entschied er. Die Blondine im weißen Kittel, mit einem Stethoskop um den Hals, hockte zwischen Zondi und der stöhnenden Leiche. Zondi begriff, dass er sich auf einer Station befand, so vollgepackt mit leidenden schwarzen Menschen, dass er auf einer dünnen Matratze auf dem Steinboden unter einem Bett liegen musste, zu dessen Sprungfedern er aufblickte. Merkte ebenfalls, dass er dringend pinkeln musste. Er begann, sich unter der rauhen Decke herauszuwinden, die seinen Körper bedeckte.
    Â»Dann bin ich nicht tot?« Die Decke glitt fort, und Zondi sah, dass er nackt war. Und dank seiner vollen Blase eine halbe Erektion hatte.
    Die Blondine schluckte ein Lachen herunter. »Nein, Sie sind sehr lebendig, würde ich sagen.«
    Zondi bedeckte sich und legte sich zurück.
    Â»Tut mir leid. Ihre Kleidung war zerrissen und blutig. Und uns sind die Schlafanzüge ausgegangen.« Gestikulierte mit einer zarten Hand in die überfüllte Station. Menschen lagen wie die Ölsardinen an jeder freien Stelle, und der Gestank von Scheiße und Leid und Tod raubte Zondi den Atem.
    Â»Hören Sie, Doktor …?«
    Â»Lambert.«
    Â»Ich muss hier raus. Wäre es irgendwie möglich, dass jemand in die Pension rübergehen und ein paar Kleider für mich abholen könnte?«
    Blaue Augen betrachteten ihn. Er sah, dass sie schöne Haut hatte, wie weiße belgische Schokolade. Nein, nein, nein , sagte er sich. Versuchte sich auf das Kruzifix zu konzentrieren, das auf ihrem Schlüsselbein schimmerte. Ein ausgesprochen anmutiger Hals, wie gemacht für Knutschflecken. Jesus .
    Â»Sie sollten bleiben. Sie haben eine Gehirnerschütterung«, sagte sie.
    Â»Ich muss los.«
    Die Ärztin zuckte die Achseln. Die dunklen Ringe der Erschöpfung unter ihren Augen sagten ihm, dass dringendere Angelegenheiten auf sie warteten. »Okay. Ich schicke Ihnen einen Pfleger. Bevor Sie gehen, kommen Sie bitte noch kurz in mein Büro.« Sie stand auf und manövrierte sich geschickt durch die Reihen schwarzer Körper.
    Die AIDS -Kranke neben Zondi setzte sich auf, und nur die verschrumpelten Titten, die flach und ledrig wie Satteltaschen über die Decke hingen, verrieten ihm, dass es eine Frau war.
    Sie blickte ihn mit verschmierten Augen an. »Gott ist gut«, sagte sie auf Zulu.
    Â»Ja, Schwester, Gott ist gut«, erwiderte Zondi. Er legte sich zurück und dachte: Nein. Was auch immer er sein mag, das ist er mit Sicherheit nicht.

Kapitel 33
    Dell fuhr in eine Landschaft so flach und braun wie ein bis an den Horizont gespanntes Tuch. Rostende Windmühlen standen bewegungslos über ausgetrockneten Wehren, und erschöpfte khakifarbene Schafe lagen zusammengesackt im Staub. Der leere Asphalt verlief lang und schnurgerade neben einer längst aufgegebenen Bahntrasse.
    Goodbread saß schweigend neben Dell. Der einzige Hinweis darauf, dass er wach war oder überhaupt noch lebte, war sein rechter Arm, der sich wie der Pendel eines Metronoms hob und die Zigaretten an die Lippen brachte. Neben dem Trommeln der Reifen hörte Dell, wie der Rauch eingesogen und mit einem Seufzer wieder ausgestoßen wurde. Und von Zeit zu Zeit ein trockenes Husten.
    Dies war ein völlig anderer Bobby Goodbread als der, an den er sich erinnerte, der nur aus Scheiße und Großtuerei bestand, übertourig durch Testosteron und Blutrünstigkeit. Der damit prahlte, Kommunisten umgelegt und Nelson Mandela in den Knast gebracht zu haben. Das hier war ein Schatten seiner selbst, so vertrocknet wie die Steppenroller, die dem Fahrtwind des nahenden Trucks auswichen.
    Ein verblasstes Straßenschild trat aus dem Hitzeflimmern hervor, zeigte in Richtung einer kleinen Stadt eine Meile abseits des Highways. Dell sah einen Kirchturm aus niedrigen Häusern

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