Stauffenbergs Gefaehrten
jede andere deutsche Persönlichkeit dazu getan, daà die englisch-deutschen Beziehungen sich ständig verbesserten.«
Die Hoffnung auf ein akzeptables Angebot zerschlägt sich schnell; einen Posten als Generalkonsul in Asien lehnt er ab. Ende 1933 wird Albrecht von Bernstorff in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Seine Enttäuschung versteckt der 43-Jährige hinter der trotzigen Bemerkung gegenüber Elly, intellektuelle Aufrichtigkeit sei wichtiger, als Karriere zu machen. »Der Nationalsozialismus richtet sich gegen alles, wofür ich eingetreten bin: âºGeistâ¹, Toleranz, Einsicht und Menschlichkeit.«
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Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, mit dieser Situation umzugehen. Bernstorff schwankt zwischen Exil und innerer Emigration, zeigt sich dabei wie schon in seiner Jugend von Selbstzweifeln geplagt. Doch der Anflug ist bald vorbei, und er entscheidet sich, auch nachdem er sich mit seinem Onkel Johann-Heinrich beraten hat, der selbst ein Gegner des NS -Regimes ist und nun in der Schweiz lebt, in Deutschland zu bleiben â und zu widerstehen. Früh schafft es Bernstorff durch sein Auftreten, dass selbst Hitler auf ihn aufmerksam wird, über den er im Berliner Gesellschaftsleben Witze macht. Bernstorff war Graham Seton Hutchinson, dem Führer der britischen National Workers Party, in die Parade gefahren. Auf dessen Lob 1934 für die »Aufbauarbeit« des Dritten Reiches konterte er, wie der Historiker Knut Hansen schildert: Es werde ein furchtbarer Zusammenbruch folgen. Ãber Hutchinson gelangt diese Bemerkung bis zu Hitler, der tobt: Wenn dieser Ausspruch nachzuweisen sei, habe Bernstorff mit schwersten Strafen zu rechnen. Dank früherer Kollegen beim Auswärtigen Amt, die Hutchinsons Schilderung in Zweifel ziehen, kommt es am Ende nicht dazu.
Doch Bernstorff zeigt auch auf andere Weise, dass er sich der NS -Ideologie verweigert und nicht daran denkt, sich anzupassen. Im März 1934 tritt er eine Stelle im Bankhaus A.E. Wassermann an, die ihm Joseph Hambuechen verschafft hat. Die Bank befindet sich mehrheitlich in jüdischem Besitz und hat sich darauf spezialisiert, Vermögen von verfolgten Juden ins Ausland zu transferieren, um Flüchtlingen einen Neustart zu ermöglichen. Dass Bernstorff sich mit dieser Arbeit zuallererst seinen Lebensunterhalt sichern will und zu Beginn durchaus Bedenken hat, ändert nichts daran, dass dieser Schritt an sich eine Provokation darstellt. Bernstorff hat sich nicht nur als Anhänger der Demokratie nach britischem Vorbild gezeigt. Er ist auch weder antisemitisch noch antikapitalistisch.
Ein Jahr nach seinem Eintritt steigt Bernstorff mit Zustimmung der Familie Wassermann zum Generalbevollmächtigten der Bank auf, obwohl ihm das erforderliche Geld für die Einlage fehlt und er ein Darlehen aufnehmen muss â und es ihm im Bankwesen an Berufserfahrung mangelt. Mit dem Gehalt kann er Stintenburg retten. Die Wassermanns vertrauen ihm, so dass sie ihn später sogar an der von der Bankiersfamilie selbst initiierten »Arisierung« ihres Hauses mitwirken lassen. Bernstorff sieht sich dabei als Treuhänder.
Andererseits beginnt er zu begreifen, dass er die Nationalsozialisten unterschätzt hat, die ihre Macht festigen. Er rechnet mit einem neuen Krieg. Vor allem das motiviert ihn, mit seinen Mitteln Widerstand zu leisten, »um sich treu zu bleiben«, wie er Elly von Reventlow schreibt. Dafür nutzt Bernstorff seine Kontakte in Berlin, dessen Atmosphäre ihn immer mehr bedrückt, aber auch die »houseparties« in Stintenburg, das mehr und mehr ein Zufluchtsort wird und wohin er Gäste einlädt, die seine Sicht teilen: so Pfingsten 1937 den Historiker Ernst Kantorowicz, der einst dem George-Kreis angehörte, oder die junge Marion Gräfin Dönhoff. Auch Adam von Trott zu Solz kommt vorbei. Zu ihm hat er nach dessen Rückkehr aus Oxford Kontakt gehalten und eine Stelle in einer Anwaltskanzlei vermittelt.
Bernstorff sucht Zugang zu oppositionellen Kreisen, etwa zum informellen Zirkel um Johanna Solf, die Witwe seines früheren Vorgesetzten und Förderers im Auswärtigen Amt, Wilhelm Solf. Den oppositionell eingestellten Beamten, Offizieren und Wissenschaftlern aus bürgerlich-liberalem Milieu, die sich bei ihr treffen, geht es nicht um konkrete Umsturzpläne, sondern um Meinungsaustausch, das Gefühl des Zusammenhalts als Vertreter einer Minderheit sowie um konkrete
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