Stauffenbergs Gefaehrten
den Geldempfängern gehört Ellen Schulz-Dornburg, eine alte Freundin, die ihn schon Anfang der zwanziger Jahre in Stintenburg besucht hat und mit einem Dirigenten verheiratet ist. Sie erhält monatlich hundert Reichsmark und ist, was lange unbekannt bleibt, die Mutter eines gemeinsamen, unehelichen Sohnes, der 1937 geboren wurde und den Bernstorff auf diese Weise unterstützt. Auch ist Albrecht bereit, wie er am 14. Juli 1940 aus dem KZ Dachau schreibt, sich an den Schulkosten seines Neffen Andreas von Bernstorff zu beteiligen.
Wenige Tage nach seiner Entlassung unterzeichnet er den Erbvertrag. Hat Wolff auf die Festnahme gedrängt, um den Vertrag zugunsten des Neffen zu erpressen? Oder hat er sich umgekehrt für die Freilassung eingesetzt, damit Bernstorff unterschreiben kann? Tatsache ist, dass Verwandte und Freunde über den Rechtsanwalt Carl Langbehn direkt mit Himmler und Wolff über die Freilassung verhandeln. Mit Erfolg, doch nun hat die SS -Spitze Bernstorff im Visier, der Anwalt muss die Gestapo eine Zeitlang regelmäÃig über den Aufenthalt seines Mandanten unterrichten. Auslandsreisen sind Bernstorff nur noch mit Sondergenehmigung erlaubt, sein Pass wird eine Zeit lang eingezogen.
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Im Mai 1942 besuchen Ellen und Stefan Schulz-Dornburg das Gut Stintenburg. Stefan ist Bernstorffs leiblicher Sohn.
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Aus Dachau kommt er nicht nur körperlich geschwächt zurück. Sein Humor und seine Leichtigkeit sind einem bitteren Zug gewichen, auch Niedergeschlagenheit. Doch sein Wille ist ungebrochen. Albrecht »wäre erstickt, hätte er in Gesinnungsdingen beim Gespräch eine erkünstelte Tonlage wählen sollen«, betont Theodor Heuss, der erste Bundespräsident, 1962 im Vorwort eines Buches über Bernstorff. Er kennt dessen Onkel Johann-Heinrich aus gemeinsamen Zeiten im Reichstag und besucht den Neffen, als er von seiner Freilassung aus dem KZ erfährt.
Bernstorff lässt sich nicht einschüchtern. So erinnert sich der dänische Historiker Aage Friis, dass 1942 Adam von Trott zu Solz vorbeigekommen sei, um ihm im Auftrag Bernstorffs Pläne zur Zukunft der skandinavischen Länder zu offenbaren, falls es gelingen sollte, »durch eine Sammlung der traurig zerstreuten antinazistischen Kreise in Deutschland Hitler aus dem Wege zu räumen«. Der Historiker Knut Hansen ist auf Unterlagen gestoÃen, nach denen Bernstorff beim dänischen Gesandten Vincent von Steensen-Leth Lebensmittel erbittet, um in Stintenburg eine Gruppe von zwanzig bis dreiÃig Dänen zu versorgen. Hansen vermutet, dass verfolgte Juden gemeint sind, die sich auf dem Gut verstecken.
Am 30. Juli 1943 wird Albrecht von Bernstorff erneut festgenommen. Wieder ist er gerade aus der Schweiz zurückgekommen, wo er sich mit britischen Diplomaten getroffen hat. Der Gestapo ist es gelungen, zivilen Widerstandskreisen auf die Spur zu kommen. Auch Himmlers Adjutant Wolff, der im März Bernstorffs Schwägerin geheiratet hat und sich kurz vor der Festnahme Bernstorffs Akte zustellen lässt, kann ein Interesse an einer Festsetzung haben.
Am 7. Februar 1944 wird Bernstorff zusammen mit Helmuth James Graf von Moltke, einem der Köpfe des Kreisauer Kreises, ins KZ Ravensbrück gebracht, wo es eine Sonderabteilung für prominente politische Häftlinge gibt. Es beginnen verschärfte Verhöre, in denen Bernstorff massiv gefoltert wird, wie sich Mitgefangene erinnern. Moltke berichtet darüber in einem Brief an seine Frau: Bernstorff sei »14 Tage vollkommen geschwollen im Gesicht« gewesen. Auch Johanna Solf wird Augenzeugin, wie Bernstorff »blutbedeckt und von zwei Wärtern gestützt« an ihrer Zelle vorbeigeführt wird. Doch offenbar kann die Gestapo keine konkreten Beweise gegen ihn finden, auch wenn die Befragungen nach dem 20. Juli 1944 noch einmal verschärft werden. Am 19. Oktober wird er zurück nach Berlin ins Zellengefängnis Lehrter StraÃe gebracht, wo zahlreiche Verschwörer einsitzen. Er kommt in Zelle 269. Am 15. November wird Anklage vor dem Volksgerichtshof gegen Solf und andere wegen Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung und Hochverrats erhoben. Nur wenige Zeilen der Anklageschrift beziehen sich auf Bernstorff. Zusätzlich wird sein Besitz eingezogen. Gerichtspräsident Roland Freisler legt die Hauptverhandlung auf den 8. Februar1945 , die dann noch einmal auf den 27. April 1945 verschoben wird. Doch zur Verhandlung
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