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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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aber 1933 von Hitler »ebenso okkupiert wurde wie die meisten kleinen Nationen im Laufe des Kriegs«. Kurt von Stutterheim, der ebenfalls in der Gedenkschrift von 1952 vertreten ist und ein Jahr später Bernstorffs Schwester Luise Henriette, genannt Luisette, heiratet, bringt 1962 ein eigenes, ehrendes Buch mit einem Vorwort von Theodor Heuss heraus. Bernstorffs Tätigkeit wird heute auch im Auswärtigen Amt gewürdigt.
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    Das Gutshaus am malerischen Schaalsee in Mecklenburg, im Vordergrund das Gedenkkreuz der Familie für Albrecht von Bernstorff
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VIII.
    Von bleibendem Wert spricht auch die Familie. »In seiner Beharrlichkeit, Dinge nicht hinzunehmen, in seiner Konsequenz, eine Linie gegen alle Anfeindungen durchzuhalten, in seiner Orientierung an allgemeinen menschlichen Werten ragt Albrecht in der Familie heraus«, sagt das aktuelle Oberhaupt, Hartwig von Bernstorff. Das sehen auch die Angehörigen von Albrechts Bruder Heinrich so, die wegen der späteren Ehe der Schwägerin mit SS -General Karl Wolff lange einen schweren Stand im Familienverbund haben, in erster Linie Albrechts Neffe, der Stintenburg geerbt hat, wie sein Sohn Johann-Hartwig von Bernstorff erzählt. Der Familiensitz wird nach einem Gebietsaustausch der sowjetischen Zone zugeschlagen und in der DDR verstaatlicht. Nach 1990 bemüht sich die Familie um die Rückgabe, ein zähes Ringen, das schließlich erfolgreich ist. Heute leben wieder Bernstorffs auf der »Insel der froheren Einsamkeit«. Nur eines sei unerfüllt und werde es wohl bleiben, meint Johann-Hartwig: Sein Großonkel habe in seinem Vermächtnis bestimmt, dass er in Stintenburg begraben werden will, »mit Blick nach Westen«.
    Einen festen Platz im Leben hat Bernstorff am Ende auch bei seinem Sohn Stefan Schulz-Dornburg. Dieser hat erst 1962 bei seiner Hochzeit erfahren, dass der vermeintliche Patenonkel sein leiblicher Vater gewesen ist. Weder seine Mutter noch Bernstorffs Schwestern, zu denen Stefan einen sehr engen Kontakt hatte, haben früher davon erzählt. »Sie hatten, wie diese ganze Generation, nach den Katastrophen des Jahrhunderts geschwiegen«, sagt er heute. Von seinen Besuchen beim Vater, etwa im Mai 1942 in Stintenburg, hat er nur wenige Bilder im Kopf. Es ist vor allem die stattliche Statur; an Zärtlichkeit oder eine besondere Zuwendung kann sich Stefan Schulz-Dornburg nicht erinnern. Emotional als Vater wahrgenommen hat er ihn beim späten Prozess gegen Wolff im Jahre1964 , bei dem es auch um die Erbschaftsfrage ging. Er ist bewusst zu dem Prozess gefahren. Die Versuche der Verteidigung, Bernstorffs Person und seinen Lebenswandel zu diffamieren, haben Schulz-Dornburg, der als Zuhörer im Saal saß, schwer gekränkt – und ihn für den Vater dauerhaft eingenommen.
    In seinem ganzen Auftreten und Wirken ist Albrecht von Bernstorff im Kreis des Widerstands schwer einzuordnen. Dass er seine Abneigung gegen das NS -Regime nie versteckt und die Gefahr lange ignoriert hat, die eine solche Haltung heraufbeschwört, brachte ihm sicherlich Respekt in Widerstandsgruppen ein. Doch seine mitteilsame und offen kritische Art machte ihn zugleich ungeeignet für konspirative Arbeit. Trott zu Solz, Moltke und andere haben in Bernstorff sogar ein Sicherheitsrisiko gesehen, auch weil die Gestapo ihn ständig im Auge hatte.
    Trotzdem sind seine kompromisslose Haltung und sein Einsatz für Verfolgte ehrenhaft. Seine Versuche, im Ausland klarzumachen, dass es in Deutschland mutige Gegner des NS -Regimes gibt, sind von großer Bedeutung. Denn für Stauffenberg und die anderen Mitverschwörer wäre dieses Verständnis wichtig gewesen, sobald nach dem Gelingen eines Staatsstreichs mit den Alliierten über die Beendigung des Krieges und die Nachkriegsordnung verhandelt worden wäre – möglicherweise dann mit dem in Großbritannien geschätzten Bernstorff an ihrer Seite. Er besaß nach Ansicht von Burckhardt das nötige Fingerspitzengefühl, »andere Nationen in der Weise zu behandeln, daß sie aus Gegnern zu Freunden geworden wären«, oder war, wie ein Mitstudent in Oxford, Harald Mandt, es ausdrückt, »wie kaum ein anderer dazu berufen, die außenpolitischen Fäden zwischen Deutschland und den früheren Feindmächten wieder anzuknüpfen«. Sein Streben nach »Westanbindung« hätte gut zu Adenauers Nachkriegspolitik

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