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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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gepasst.
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    Lars-Broder Keil

 
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    Hans-Ulrich von Oertzen (1915–1944)
    Â»Aber reiten muß ich selber«
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I.
    Die Idee, einen Diktator zu töten, um Krieg, Verbrechen und menschliches Leid zu beenden, ist unter einem funktionierenden Regime schon an sich gewagt. Denn ein Attentat verlangt strengste Geheimhaltung. Wenn man zudem mit einem Staatsstreich die gesamte Machtzentrale außer Gefecht setzen will, braucht man nicht nur kluge Planer, sondern entschiedene und fähige Unterstützer. Stauffenberg, Schulenburg oder Tresckow als Köpfe des militärischen Widerstands haben sie zuerst im Kreis von Verwandten und alten Freunden gefunden. Doch das reichte nicht. Woher kamen die sonstigen Mitverschworenen?
    Am 1. März 1943 tritt der Hauptmann Hans-Ulrich von Oertzen seinen Dienst im Stab der Heeresgruppe Mitte an. Es ist seine zweite Stelle als Generalstabsoffizier. Zuvor hat er sich rund fünf Monate als Versorgungsoffizier (Ib) im Stab einer Infanterie-Division um den gesamten Nachschub mit Verpflegung, Munition und Treibstoff gekümmert. Um etwa 15.000 Soldaten in einem fremden Land zu versorgen, braucht er sein ganzes Organisationstalent und Durchsetzungsvermögen; die Herausforderung macht ihm Spaß, wie Oertzen in Briefen an seine Freundin Ingrid Langenn-Steinkeller schildert. Dass er nun als 5. Stabsoffizier in einer Heeresgruppe für die Ausbildung (Id) zuständig sein soll, ist ein Karrieresprung für den noch nicht einmal 28 Jahre alten Offizier. Sein Ziel ist der Posten des Ia, also die Stelle des für Militäroperationen zuständigen Ersten Stabsoffiziers.
    Diese Position bekleidet bei der Heeresgruppe Mitte Oberst Henning von Tresckow, der zunächst 1933 angetan war von Hitlers Idee der Volksgemeinschaft und der von ihm propagierten Wehrfreudigkeit, dann aber früh zusammen mit General Ludwig Beck zu einem strategischen Kopf der Militäropposition gegen Hitler wurde. Der charismatische Stabsoffizier hat nach Kriegsbeginn Kontakt zu anderen Offizieren aufgenommen, die sich aus unterschiedlichen Motiven mit dem Gedanken eines Staatsstreichs tragen. General Friedrich Olbricht, der Chef des Allgemeinen Heeresamtes in Berlin, will einen Aufstand des Ersatzheeres vorbereiten, doch müsse das Startsignal vom Feldheer ausgehen: die Beseitigung Hitlers. Tresckow sammelt in seinem Stab zuverlässige Offiziere wie Fabian von Schlabrendorff und Rudolf Freiherr von Gersdorff, ferner Heinrich Graf von Lehndorff, Carl-Hans Graf von Hardenberg, Georg Schulze-Büttger oder Berndt von Kleist. Am 13. März 1943 ergibt sich eine günstige Gelegenheit: Tresckow hat Hitler nach vielen vergeblichen Versuchen zu einem Truppenbesuch bewegen können. Mehrere seiner Stabsoffiziere sind bereit, den »Führer« zu erschießen. Doch Generalfeldmarschall Günther von Kluge, der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, untersagt schließlich den Anschlag. Er will keinen Bürgerkrieg mit der SS – schon gar nicht in seinem Verantwortungsbereich. Tresckow widersetzt sich dem Verbot. Er versucht es auf eigene Faust mit einer in Hitlers Flugzeug deponierten Sprengladung – die nicht explodiert.
    Davon weiß Hans-Ulrich von Oertzen nichts, als er seinen Dienst Anfang März im Stab der Heeresgruppe antritt. Obwohl es ihm nicht an Selbstbewusstsein mangelt, muss er sich in der neuen Umgebung erst orientieren. Noch am ersten Tag schreibt er seiner Freundin: »Viel Schreibtisch-Arbeit wird es geben, besonders nachts. Aber interessant ist es schon: Ich bearbeite zum Beispiel die Gesamtlage an der Ostfront. Der Stab besteht aus vielen, sehr netten Menschen.« Wenig später weiß er zu berichten: »Ich nehme bereits die Allüren eines großen Stabes an – dazu gehört auch, daß der ›Alabaster‹-Leib richtig gewaschen ist –, ich stolziere schwer beschäftigt in der Gegend herum, und mein Gesicht beginnt durch die durchgeistigte Blässe der steten Nachtarbeit interessant zu wirken.« Knapp eine Woche im Amt, macht sich Oertzen ein erstes Bild von Tresckow: »Er ist nicht nur der Typ eines Generalstabsoffiziers, sondern darüber hinaus noch ein Kavalier der alten Schule und ein ganz besonders liebenswerter Kamerad. Ich bin sehr froh, bei ihm gelandet zu sein.«
    Bald wird Hans-Ulrich von Oertzen befördert, doch begeistert ist er nicht. Major und Generalstab – das sei sein Ziel von Anfang an

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