Stauffenbergs Gefaehrten
zusammenzubleiben. Sein Rat: »Vertraue auf unser Glück, und es wird sich alles zum Besten wenden. Geduld und Vertrauen sind unsere Engel.« Es wisse, dass es schwierig sei, sich ihrem Vater zu nähern. Aber er traue sich das zu â »durch Einfühlungsvermögen, Frische und Glauben«. Das ist es, was Ingrid an Ulrich mag: Dass er selbstbewusst und optimistisch ist, aber auch Schwächen zugibt und sich ernsthaft Gedanken um sie macht.
Ihr Vater erkundigt sich bei Tresckow über den Freund seines einzigen Kindes. Franz Helmut von Langenn-Steinkeller lässt dabei durchblicken, der mittellose Oertzen könnte es auf das Erbe abgesehen haben. Dieser erfährt davon und ist entsetzt. Am 25. Juni 1943 schreibt er seiner Verlobten: »Sollte in mir überhaupt nur die Andeutung zu einer derartigen Absicht vorliegen, dann möchte ich in den Boden versinken. Ich will gar nicht nach Gegengründen suchen, aber doch anführen, daà es in der heutigen Zeit überhaupt nicht abzusehen ist, ob es nach Ende des Krieges noch Besitz und Eigentum gibt.« Doch Tresckow kann Oertzen beruhigen. Er habe dem künftigen Schwiegervater ein klares Bild von ihm gegeben mit Stärken und Schwächen, meint er augenzwinkernd. Gesamturteil: »Geeignet«. Gleichwohl zögert der Vater seine Zustimmung zur offiziellen Bekanntgabe der Verlobung noch Wochen hinaus. Tresckow nutzt die Gelegenheit der persönlichen Aussprache auch, um Oertzen auf väterliche Art etwas zurechtzustutzen. Er finde ihn unglaublich ehrgeizig und wisse nicht, wie sich das einmal entwickeln würde.
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Ingrid von Oertzen mit ihrem Vater Franz Helmut von Langenn-Steinkeller auf ihrem Gut in Bellin
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Oertzens Kampf um die Beziehung findet in schwierigen Zeiten statt. Inzwischen sind die Vorbereitungen für einen Staatsstreich vorangeschritten. Für das Gelingen ist Berlin entscheidend. Nach dem Attentat und dem Ausschalten des »Führerhauptquartiers« in OstpreuÃen müssen die Befehle, mit denen das Ersatzheer für den Umsturz eingespannt werden soll, aus den Kommandobehörden der Reichshauptstadt kommen. Dafür ist Stauffenbergs Anwesenheit unabdingbar, weil er als Stabschef des Befehlshabers des Ersatzheeres formal gültige Befehle erlassen kann. Tresckow soll nach Stand vom Sommer 1943 Hitlers Hauptquartier in OstpreuÃen besetzen. Laut dem Ablaufplan, den der Historiker Peter Hoffmann in einem Moskauer Archiv gefunden hat, sollte die Funktion, die Oertzen damals im Stab der Heeresgruppe bekleidete, dabei eine zentrale Rolle spielen.
Doch es gibt Schwierigkeiten. Die Befehlsvorlagen sind ungenau, Tresckow überarbeitet sie im Herbst 1943 â als Urlaub getarnt â zusammen mit Stauffenberg in Berlin. Allerdings muss er bald die Arbeit abbrechen, weil er ein eigenes Kommando an der Front übernehmen soll. Damit verliert das Widerstandszentrum in der Heeresgruppe Mitte zunächst seinen Kopf. Zumindest für die Ãberprüfung der Putschpläne weià sich Tresckow zu helfen. Er bittet Oertzen nach Berlin, der knapp hundert Kilometer entfernt auf dem Gut seiner Verlobten Urlaub macht, um mit Ingrid und dem Schwiegervater, der gegen die Beziehung nun nichts mehr einzuwenden hat, ihren 21. Geburtstag zu feiern.
Zur Tarnung wird Oertzen wie Stauffenberg zum Stab des Stellvertretenden Generalkommandos III am Hohenzollerndamm kommandiert. Dort bearbeitet er den Plan für die Besetzung der wichtigsten Stellen in der Reichshauptstadt: SS -Kasernen, Oberste Reichsbehörden, Nachrichten- und Rundfunkanlagen.
Als mehrere Generäle ablehnen, die überarbeiteten Pläne prüfen zu lassen, werden die Attentatspläne des Jahres 1943 abgebrochen. Oertzen ist enttäuscht und schreibt am 22. Oktober einen untypisch traurigen Brief an seine Braut, für den er sich entschuldigt. »Vielleicht ist es das immer mehr zur GewiÃheit werdende Gefühl, daà die Tätigkeit in meinem Urlaub umsonst war. Das niederschlagende âºzu spätâ¹ steht über ihr geschrieben. Doch ist die letzte Hoffnung noch nicht zerronnen.« Tatsächlich geht Tresckow daran, auf seiner neuen Position die Vertrauten wieder in seine Nähe zu bekommen. Auch Oertzen ist weiter aktiv. Er hilft im November 1943 in Minsk beim Fronteinsatz, Sprengstoff zu besorgen. Der junge Offizier ist inzwischen fest davon überzeugt, dass sich etwas an den Verhältnissen ändern muss
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