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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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Recherchen im Zusammenhang mit dem Reichstagsbrand 1933 hervorhebt – die darin enthaltene These der ursächlichen Mittäterschaft der SA gilt heute allerdings historisch als widerlegt – als auch die Einzeltäterschaft des Tischlermeisters Georg Elser beim Attentat im Münchener Bürgerbräukeller nachweist – diesmal gegen die ursprünglichen eigenen Zweifel an dieser Möglichkeit. Er stellt Nebe als unermüdlichen, unentbehrlichen Informanten und Wegbereiter des geplanten Umsturzes in schwierigster Position dar, einen Meister seines Faches, dessen Beitrag von den anderen Akteuren nie genug gewürdigt wurde. Er selbst verschweigt allerdings fast vollständig dessen mehrmonatigen Einsatz als Kommandeur der berüchtigten Einsatzgruppe B hinter der Front der Heeresgruppe Mitte; nach aktuellen Recherchen fielen ihrem Einsatz in diesem Zeitraum etwa 45.000 Juden, Ukrainer, Weißrussen, sowjetische Kommissare und sogenannte Partisanen zum Opfer. Auch den Beitrag des Kriminalkommissars Nebe zur Entwicklung der Vergasungstechnologie und zur Kriminalisierung und Vernichtung von Sinti und Roma übergeht der Autor Gisevius in seiner Gesamtwürdigung. Nebe sei nach diesen Jahren meist düsterer Geistesverfassung und nervlich zerrüttet gewesen, ein Schatten seiner selbst, so charakterisiert er ihn, ohne die Gründe zu nennen.
    Dem ebenfalls bewunderten Freund Hans Oster, dem Leiter der Zentralabteilung der Abwehr unter Canaris, widmet er ausdrücklich die erste umfassende Darstellung der Jahre 1933 bis 1944 und dabei insbesondere der Ereignisse des 20. Juli, die unter dem Titel Bis zum bitteren Ende seit 1946 zuerst in der Schweiz und dann in vielen Auflagen und Übersetzungen international erscheint. Als eine Art zeitgeschichtlicher Roman aus subjektiver Sicht verfasst, hat doch gerade dieses Buch später Deutung und Wertung der Personen und Ereignisse des versuchten Staatsstreichs vom Juli 1944 im In- und Ausland maßgeblich geprägt. Als Bericht eines der wenigen Überlebenden des 20. Juli im Bendlerblock hatte es faktisch ein Interpretationsmonopol.
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IV.
    Ins Zentrum der Verschwörung stößt Gisevius 1938 vor, nicht zuletzt durch seine Bewunderung für Oster. Damals, unmittelbar vor dem Münchener Abkommen und im Schatten von Hitlers spürbaren Kriegsvorbereitungen, waren Staatsstreichpläne und Kriegsverhinderungsstrategien noch eins. Als Gegner von Hitlers Kriegstreiberei fanden sich führende Generäle wie Halder, Witzleben, Beck und Hammerstein zusammen mit den Angehörigen der Abwehr Canaris, Oster und Dohnanyi sowie den Zivilisten Goerdeler, Schacht und eben Gisevius.
    In diesem Rahmen übernimmt Gisevius die logistischen Vorüberlegungen für den Einsatz der Berliner Polizei am Tag des Staatsstreichs. Die Pläne für die Ausschaltung von Gestapo, SS - und SA -Führungsstäben, die Besetzung von Schlüsselgebäuden (etwa dem Haus des Rundfunks) und die Erstellung entsprechender Karten gehörten dazu. Getarnt werden diese Tätigkeiten als »Ordnen von Familienpapieren« im Wehrkreiskommando des Kommandierenden Generals Erwin von Witzleben.
    Das Münchener Abkommen vom September 1938 macht all diese Vorbereitungen zunichte und desillusioniert die Verschwörer zutiefst. Auch die verschiedenen Emissäre, die versucht hatten, die britische Regierung zu einer so energischen Reaktion zu bewegen, dass Hitler es angesichts des Zögerns und der Warnungen seiner Generalität und der Kriegsunlust in der Bevölkerung nicht wagen könne, einen neuen Krieg zu riskieren, haben die Haltung des britischen Premiers Arthur Neville Chamberlain nicht mehr beeinflussen können. Nach diesem Rückschlag werden die Umsturzpläne bis auf weiteres vertagt. Nur die Entschlossensten warten weiter auf eine neue Chance zum Umsturz.
    Zu diesen gehört unerschütterlich Hans Oster. Nach Kriegsbeginn zieht er Gisevius mit fingierten Papieren zur Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht ( OKW ) ein, um ihn in seiner Nähe zu wissen. Von dieser Zeit an gewöhnt Gisevius sich an eine geheimdienstliche Sicht der Welt. 1940 wird er in die Schweiz ans Generalkonsulat in Zürich als Vizekonsul gesandt. Er soll für die Verschwörer alles versuchen, um Kontakte zu den Alliierten zu knüpfen und für die Unterstützung des Umsturzes zu werben. Im Laufe seiner Schweizer Jahre trägt Gisevius verschiedene

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