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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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dem Versprechen auf das Flugticket an den Main gelockt. Als sie mit dem Ticket abgelenkt war, habe er ihr mit einem Messer in den Bauch gestochen. Sobald sie leblos am Boden lag, habe er mit einem großen Stein auf ihr Gesicht eingeschlagen. In einem Gebüsch habe er sie liegen gelassen und in der Nacht von der Staustufe aus in den Main geworfen.
    Aber dieses Geständnis war wertlos. Mit jedem bisschen Täterwissen war Benedetti erst herausgerückt, wenn Winter Andeutungen gemacht hatte, in welche Richtung es gehen musste. So hatte der Beschuldigte seine Aussage fortlaufend verändert und ergänzt, bis alles passte. Winter hatte so etwas in all den Jahren noch nicht erlebt.
    Zwischendurch hatte Benedetti um eine Pause gebeten, weil ihm übel sei. Das geschah genau an der Stelle, als Winter geäußert hatte, merkwürdig, dass die Leiche einen vielfach gebrochenen Kiefer und gebrochene Jochbeine aufweise, und fragte, wie das denn passiert sei.
    Winter war völlig klar, was hier ablief. Benedetti wollte seine Frau schützen, weil er wusste, dass sie das beste Motiv für diesen Mord hatte. Er fühlte sich wahrscheinlich für ihre Tat verantwortlich. Als er aber nun erfuhr, wie brutal die Serdaris vorgegangen war, da war ihm übel geworden. Begreiflicherweise.
    «Bestens, bestens», befand Fock händereibend, als Benedetti blass und mitgenommen am Ende abgeführt wurde. «Gute Arbeit, Winter. Aber es war natürlich auch sehr einfach. Gut, dann werde ich den Termin mit dem Haftrichter für die Griechin jetzt absagen.»
    «Nein, Chef, auf keinen Fall. Meiner Ansicht nach ist die Serdaris die Täterin, Benedetti will sie nur schützen. Sie haben doch gehört, wie er eben …»
    «Ach, Winter, nun machen Sie es doch nicht wieder unnötig kompliziert! Ihre Gewissenhaftigkeit in allen Ehren. Aber der Fall ist geklärt. Und wir haben in der SoKo Krawatte so viel zu tun, dass wir nicht gerade aussehen können. Wir brauchen Sie da.»
    Winter lag ein Fluch auf der Zunge, den er sich gerade so verkneifen konnte. Die SoKo Krawatte bearbeitete den Fall des in Sado-Maso-Utensilien erstickten Kultusministers.
    Ihm brummte der Schädel, als er später allein in der Kantine ein kaltgewordenes Würstchen verzehrte. Jetzt hatte er wirklich ein Problem: einen geständigen Täter, der keiner war, und einen Vorgesetzten, der davon nichts wissen wollte. Die Serdaris würde heute Nachmittag auf freien Fuß gesetzt, wenn Winter es nicht verhinderte. Warum war eigentlich der Staatsanwalt beim Verhör nicht da gewesen? Wahrscheinlich konferierte Fock jetzt mit ihm.
    Winter sah keinen anderen Ausweg, als hinter Focks Rücken selbst bei der Staatsanwaltschaft anzurufen. Er musste sich die Serdaris unbedingt noch einmal vornehmen, und zwar bald, solange sie noch hier und verunsichert war. Kauend, einen Kaffee in der Hand und düster dreinblickend, verließ er die Kantine. Es war halb zwei.

    Hilal Aksoy saß derweil in der S-Bahn Richtung Konstablerwache. Sie kam vom Südbahnhof in Sachsenhausen, wo sie Fahndungszettel mit einer Beschreibung des Mädchens aufgehängt hatte. Es war auch eine Montage dabei, die den von Heinrich gefundenen schwarzen Umhang zeigte. Aksoy hatte schon heute früh ein Foto davon Eleni Serdaris gezeigt. Die hatte tatsächlich bestätigt, dass das Mädchen einen solchen oder zumindest ähnlichen Umhang getragen hatte. Ein Foto der Wolldecken war ebenfalls mit auf dem DIN-A4-Fahndungsplakat, das Aksoy selbst entworfen hatte. Die Serdaris hatte behauptet, die Wolldecken nicht zu kennen. Die Kriminaltechnik war unterdessen dabei, die Wohnung von Benedetti/Serdaris auseinanderzunehmen. Wenn die Wolldecken von hier stammten, würden sie es herausbekommen.
    An der Station Ostendstraße stieg passenderweise ein Mädchen im Gothic-Look und mit Nietenstiefeln in den S-Bahn-Wagen und setzte sich auf die Bank Aksoy gegenüber. Spontan stellte Aksoy sich vor und reichte dem Mädchen einen der Fahndungszettel. Solche Zufälle waren ein Grund, warum Aksoy im Dienst gern öffentliche Verkehrsmittel benutzte. Jedenfalls wenn sie in der Innenstadt zu tun hatte, wo es mit Parkplätzen ohnehin schlecht bestellt war. In Frankfurts Bahnen zu sitzen gab ihr das Gefühl, näher am Geschehen zu sein, an den Menschen, um die es bei den Ermittlungen ging. Das Gothic-Mädchen allerdings steckte den Fahndungszettel ungelesen ein.
    Als Aksoy über die breite, fleckige Treppe aus den Katakomben der Station Konstablerwache stieg, strahlte ihr die Sonne

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