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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Wahrheit garantiert nicht. Drittens, ich habe an der Konstablerwache ein paar Jugendliche aufgetrieben, die unsere sogenannte Jeannette kannten. Das Mädchen hat ein gefährliches Leben geführt. Sie hat sich häufig von Männern aushalten lassen. Ist doch schon merkwürdig, dass sie immer jemanden gefunden hat, ohne Gegenleistung, denn sie war ja Jungfrau. Oder meinen Sie, sie hat die Männer oral …?»
    «Keine Ahnung. Es interessiert mich auch nicht, da wir die Täterin bereits kennen. Es war die Serdaris. – So, Frau Aksoy, wenn Sie mit Ihrem Monolog fertig sind, darf ich jetzt auch mal etwas sagen? Wie kommen Sie eigentlich dazu, meine Verhörmethoden zu sabotieren? Ich bin heute mit der Serdaris gegen die Wand gefahren, hatte keine Chance, die Frau unter Druck zu setzen, weil Sie die Frechheit hatten, ihr mitzuteilen: ‹Übrigens, mein Kollege hat gestern gelogen, es stimmt nicht, dass Ihr Mann Sie beschuldigt hat.›»
    Zu seiner Freude bemerkte Winter, wie der selbstzufriedene Ausdruck auf Aksoys Gesicht wich und sie rot anlief.
    Sie setzte sich aus ihrer Lümmelposition gerade auf. «Das tut mir leid, Chef. Ich dachte, die Serdaris ist aus dem Rennen. Ihre Aussage wirkt doch sehr ehrlich, und dann scheint es ja wegen der Wolldecken, als ob dieser Schriftsteller sehr verdächtig ist. Jedenfalls, die Serdaris und der Benedetti lieben sich doch so, und ich wollte nicht, dass sie mit dem Gedanken leben muss, dass er sie beschuldigt hat.»
    Winter fielen fast die Augen aus dem Kopf.
    «Mensch, Aksoy! Sie haben Probleme! Aber von Teamarbeit und Abstimmung haben Sie echt noch nie was gehört!»
    «Sorry», sagte sie kleinlaut. «Na ja, ich finde eben, dass der Seelenfrieden anderer Menschen einem am Herzen liegen sollte. Also, man will den Leuten ja nicht ein Trauma fürs Leben verschaffen, bloß weil sie mal Verdächtige in einem Tötungsdelikt –»
    «Wir haben hier andere Prioritäten. Wir können die Leute nicht immer mit Samthandschuhen anfassen. Sie haben wirklich noch viel zu lernen, Aksoy.»
    Sie wirkte zerknirscht, aber alles andere als überzeugt. Gut, dass sie bald wieder zurück zum KDD gehen würde. Da gehörte sie auch hin. Fleißig war sie zwar, aber das war auch schon alles.
    «Okay, ich habe verstanden», sagte sie. «So was mache ich nicht mehr, ohne Sie zu fragen.»
    «Ich bitte darum.»
    «Wegen dieser Jugendlichen an der Konsti –»
    «Ja?»
    «Da kommt vielleicht noch was nach. Das ist so ein Gothic-Grüppchen. Das Mainmädchen gehörte nicht wirklich dazu, obwohl sie auch so angezogen war und wahrscheinlich dazugehören wollte. Jedenfalls, eins der Mädchen aus der Gruppe sagt, ihr Freund kenne das Mainmädchen näher. Den Namen des Freundes wollte sie mir aber nicht nennen, was für mich darauf hindeutet, dass der vielleicht Dreck am Stecken hat. Sie will sich noch mal bei mir melden, oder der Freund selbst tut es anonym. Sollen wir da auf eigene Initiative nachforschen? Ich habe hier die Handynummer …» – Aksoy nahm eine Karte vom Schreibtisch – «… das Mädel heißt übrigens witzigerweise Winter mit Nachnamen. Aber Ihre Tochter wird es ja wohl nicht sein.»
    Winter griff stumm nach der Karte. Seine Zunge war wie gelähmt. Ein Blick genügte. Natürlich war es Sara, ihr Name, ihre Schrift, ihre Handynummer. Von Anfang an hatte ihn bei diesem Fall die düstere Ahnung verfolgt, dass Sara irgendwie darin verwickelt sein könnte. Ihr Freund habe das Mainmädchen näher gekannt. Mein Gott. Der berüchtigte Selim. Winter fröstelte. Er gab die Karte zurück, verriet mit keinem Ton, was in ihm vorging.
    «Warten Sie erst einmal ab, was da kommt. So, Frau Aksoy, ich muss jetzt dringend nach Hause. Schreiben Sie doch bitte noch eine Rundmail. Briefing im Fall morgen früh um zehn.»
    Auf dem kurzen Heimweg – Winter wohnte nicht weit vom Präsidium im Nordend – wäre er fast bei Rot über eine Ampel gefahren. Er war eigentlich sogar schon drüber, kam dann aber mit quietschenden Bremsen einen Meter weiter zum Stehen, da er ein von der Seite kommendes Fahrzeug bemerkte. Als er stand, schoss Winter ein schmerzhafter Druck in die Oberarme und die Brust. Er dachte zuerst, es wäre ein Herzinfarkt. Aber es war nur eine Hochdosis Adrenalin.
    Er hatte im Augenblick wirklich eine schlechte Phase.

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    5
    Patrick Heinrich fand es einfach spitze bei der Kripo. Okay, der Tag als Müllwühler war furchtbar gewesen, und er hatte sich noch dazu einen Schnupfen

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