SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
seinen Sessel, huschte unter selbigem hindurch und kletterte auf den Beistelltisch. Sofort verschwand ich hinter dem Medizinköfferchen. Vorsichtig lugte ich aus meiner Deckung, um die Aufschrift des Fläschchens zu lesen … Morphium! Diese weinerliche Memme hatte Morphium eingenommen und trank dazu auch noch Alkohol! Offenbar war Fiddlebury besser darin, sich selbst als Andere umzubringen. Das brachte meinen Zorn allerdings nicht zum Verebben. Im Gegenteil.
Ich warf einen kalten Blick in die Hausapotheke. Von den meisten Pillen und Tinkturen hatte ich noch nie etwas gehört. Vermutlich waren sie alle nach meiner Zeit erfunden worden. Doch da war auch ein Fläschchen Chloralhydrat … War das nicht ein Abführmittel? Das würde Julie gefallen. Diabolisch grinsend kletterte ich in das Köfferchen und hob das Fläschchen unter Aufbietung aller Kraft heraus.
Geschickt öffnete ich den Verschluss und nahm mit der beiliegenden Pipette eine großzügige Probe. Erfreulicherweise unterstützte mich Fiddlebury bei meinem Vorhaben, indem er seinen Scotch direkt vor dem Köfferchen abstellte. So konnte ich die Pipette bequem über den Rand schieben und das Mittelchen diskret in sein Glas applizieren.
Als hätte er nur darauf gewartet, griff mein Opfer erneut nach dem Glas, sobald ich den letzten Tropfen eingefügt hatte. Nur mit Glück konnte ich die Pipette schnell genug zurückziehen. Mit Genugtuung beobachtete ich, wie er den letzten Schluck seines Drinks in sich hineinschüttete. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass meine Rachsucht damit noch nicht befriedigt war. Nein, ich bin bestimmt nicht bösartig, aber wenn jemand Julie etwas tut, kenne ich keine Grenzen.
Als ich mich zum Gehen wandte, las ich zufällig das auf der Rückseite des „Abführmittels“ angebrachte Etikett: „Chloralhydrat – Zur Behandlung von Schlafstörungen – nicht zusammen mit Alkohol einnehmen“ . Ich schluckte. Ein schneller Blick zu Fiddlebury zeigte, dass sich sein Zustand nicht verändert zu haben schien. Wie ernst war die Situation? Und vor allem, was hätte ich tun können? Ich hasste ihn aus ganzem Herzen, aber sein Blut wollte ich trotzdem nicht an den Fingern haben. Lautlos zog ich mich zurück und nahm eine Beobachtungsposition unter einem anderen Sessel ein.
Ich musste nicht lange warten, bis die Wirkung eintrat. Keine zwei Minuten später sackte sein Kinn auf die Brust und er begann, ohrenbetäubend zu schnarchen. Vorsichtig kam ich aus meinem Versteck und wartete ab. Als er nach einer Viertelstunde noch immer tiefe, gesunde Atemzüge nahm, erklärte ich ihn für ungefährdet. Die Verwechslung der Medikamente hatte mich jedoch so weit von meiner Rachsucht geheilt, dass ich ihn nur noch zu meiner eigenen Sicherheit einsperren wollte. Und mir war auch schon der perfekte Platz dafür eingefallen.
Schnell holte ich Kinkin herein. Ich sparte mir die Ermahnung, dass sie besonders leise sein sollte – sie würde es ohnehin vergessen. Stattdessen war ich jeden Augenblick darauf gefasst, die Flucht zu ergreifen.
„Bitte trage Mister Fiddlebury vorsichtig in den Keller“, flüsterte ich.
„Kinkin!“ Ihre in freudiger Hilfsbereitschaft vorgetragene Entgegnung schien wie ein Flötenkonzert im Salon nachzuklingen. Doch Fiddlebury schlief wie ein Stein. Dass er auch so stabil war, stellte Kinkin gleich darauf unter Beweis. Sie packte ihn an den Hosenträgern und wunderte sich sichtlich, dass diese elastisch waren. Ratlos ließ sie die Gummiriemen los, sodass diese pfeifend wie ein Peitschenschlag auf Fiddleburys Brust klatschten. Ich hielt den Atem an, doch er grunzte nur kurz und schnarchte weiter.
„Nimm´ ihn am Hosenbund und leg ihn dir über die Schulter“, flüsterte ich, sobald mein Herzschlag wieder so weit heruntergeregelt war, dass ich mein eigenes Wort verstand.
„Kinkin!“, meinte sie wieder viel zu laut. Dann richtetet sie sich wörtlich nach meiner Anweisung, packte unser Opfer und versuchte es hochzuziehen. Wäre sie mit Fifis Kräften ausgestattet gewesen, hätte das sogar klappen können. In diesem Fall bestand der einzige Effekt darin, Fiddlebury seine Kronjuwelen zu quetschen. Schnorchelnd krümmte sich der Delinquent im Schlaf zusammen.
„Lass los“, flüsterte ich hastig. Es blieb mir nichts Anderes übrig, als Kinkin genauestens zu dirigieren. Meine Stimme schien mir dabei schon viel zu laut zu sein, ihre ständigen Bestätigungen machten jedoch einer Blaskapelle Konkurrenz. Schließlich gelang es
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