SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
Eindrucks waren es nicht eine, sondern zwei Personen, die hier mit herzhaftem Schnarchen die Standfestigkeit des Hauses prüften. Mrs Volkins brachte mindestens die doppelte Masse ihres Mannes auf die Waage, ohne wirklich unförmig zu sein. Selbst Charles würde sie noch knapp überragen. Ihr Mann wirkte dagegen wie ein lächerlicher Wicht. Der gewaltige Bluterguss, der die gesamte rechte Seite seines Kopfes entstellte, ließ ihn noch bemitleidenswerter erscheinen.
Das Ehepaar lag in zwei Betten, die durch zwei Nachtschränkchen und einen runden Teppich voneinander getrennt waren. Da mir Mrs Volkins weitaus gefährlicher erschien, wandte ich mich zuerst ihr zu. Lautlos, den Teppich zur Unterdrückung meiner Schrittgeräusche ausnutzend, flitzte ich zu ihr hinüber und kletterte am Kopfende in ihr Bett. Aus der Nähe betrachtet hatte ihre Nase beunruhigende Ausmaße. Als ich nach der Metallphiole an meinem Gürtel griff, konnte ich nur hoffen, dass die Größe nichts über ihr Riechvermögen aussagte. Denn für mein Riechorgan hatte das von Charles zusammengemixte Schlafmittel einen sehr scharfen Geruch.
Um kein Risiko einzugehen, hielt ich die Phiole auch bereits über ihren weit offenstehenden Mund, als ich den Korken entfernte. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, schmeckte das Zeug ebenso ekelhaft, wie es roch. Sie verzog den Mund so angewidert, dass ich jeden Augenblick erwartete, dass sie erwachte. Doch erfreulicherweise hatte mein Opfer einen sehr gesunden Schlaf, der mit jeder Sekunde tiefer wurde. Aufatmend kletterte ich aus ihrem Bett und schlenderte entspannt zu meinem zweiten Opfer hinüber.
„Mau?“, machte es hinter mir. Ich erstarrte. Mein Rücken fühlte sich an, als würde mir Noctis in den Nacken hauchen. Ehe ich einen klaren Gedanken fassen konnte, wurde ich sanft von hinten geschubst, sodass ich zwei Schritte nach vorn taumelte. Doch noch immer saß mir der Schreck so tief in den Gliedern, dass ich völlig unfähig zur Flucht war. Katzen sprachen eine Urangst in mir an, die sich ein Mensch wohl nicht vorstellen kann.
Wenigstens gelang es mir mich zu überwinden, einen ängstlichen Blick über die Schulter zu werfen. Ich kann nicht sagen wie erleichtert ich war. Die Katze war so klein, dass sie ihren Artnamen noch nicht verdiente. Das tapsige kleine Kerlchen konnte kaum stehen. Sein schwarzes Fell machte ihn im dunklen Zimmer beinahe unsichtbar; nur der kleine weiße Fleck auf der Nase hätte ihn wohl auch für einen Menschen erkennbar gemacht. Gerade hatte er die Nase jedoch gesenkt und setzte mit dem Hinterköpfchen voraus zum Rammangriff an.
„Ist ja gut“, flüsterte ich mit zitternder Stimme, während ich meiner neuen Bekanntschaft den Kopf kraulte. „Du hast mich aber erschreckt …“
Der Kleine begann so laut zu schnurren, dass ich fürchtete, er könne seinen Besitzer wecken. Aber irgendwie musste ich zugeben, dass etwas Beruhigendes in diesem Geräusch lag. Wenn er nicht mehr wachsen würde, wäre ich beinahe versucht gewesen meinen neuen Freund zu kidnappen.
Als wäre dieser Gedankengang im ganzen Zimmer zu hören gewesen, erklang plötzlich aggressives Fauchen unter Mrs Volkins Bett. Noch ehe ich begriff, dass so kleine Kätzchen auch eine Mama in Reichweite haben könnten, fegte selbige aus der Dunkelheit heran. Mein Leben verdanke ich wohl nur der Tatsache, dass das bösartige Vieh so gut gefüttert wurde. Die überzähligen Kilos trugen das Biest an mir vorbei, als ich geistesgegenwärtig beiseite sprang. Die schiere Größe des Monstrums war jedoch beängstigend. Blindlings lief ich in die Richtung, aus der das Vieh gekommen war und fiel in ein Körbchen mit einem halben Dutzend weiterer angehender Rattenkiller. Ehe die Familie auf mich reagieren konnte, war ich aber schon wieder auf den Beinen und setzte meine Flucht fort. Hinter dem Bettpfosten schlug ich einen Haken und wieder hechtete meine Verfolgerin an mir vorbei. Ihre gelben Augen schienen in dämonischem Zorn zu glühen.
Ich lief im Zickzack und hielt verzweifelt nach einem Versteck Ausschau. Vor der Bestie, schien es jedoch kein Entrinnen zu geben. Ich spürte schon ihren heißen Atem in meinem Nacken, als ich in höchster Not auf das nächstbeste Objekt sprang. Es war das Bett des Hausherrn. Und seine Katze knallte aus vollem Lauf dagegen.
„Mmh?“, kam es schläfrig vom Kopfende. Mit einem fürchterlichen Fauchen sprang das schwere Tier auf das Bett. Verzweifelt lief ich in Richtung Kopfende um mein
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