Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
die Scheune.
Endlich schritt Trouin ein. »Genug. Das dürfte reichen.«
Augenblicklich ließ die Amazone von ihrer Gegnerin ab und stand auf, wobei sie sich keine Mühe gab, ihre Blöße zu bedecken. Die andere Frau lag immer noch wimmernd am Boden.
Trouin ignorierte die beiden und wandte sich Steel zu. »So steht es also fest. Schade, mir wäre die Blonde lieber gewesen. Aber man kann eben nicht alles im Leben haben, was, Captain?«
Steel bemühte sich, die tragische Szene vor sich zu ignorieren, als das blonde Mädchen, dessen Arm ausgekugelt war, fortgeschafft wurde. Er zwang sich zu einem Lächeln. »Ich weiß es nicht. Ist das so?«
Trouin lachte. »Nun aber, Captain. Die Frauen – sucht Euch eine aus. Wir haben jede Menge hier. Wie ist Euer Geschmack? Mulattinnen? Oder doch eher der Typ der nordischen Walküre mit blondem Haar? Gefällt Euch die? Margareta!« Er winkte ein blondes Mädchen zu sich und stieß es in Steels Richtung, sodass Steel es unweigerlich auffing und seinen warmen Leib spürte. Die Kleine lächelte Steel an, der ihren Blick erwiderte.
»Nein, Captain, mein Geschmack ist eher …«
»Aha, exotischer, wie? Ihr bevorzugt eine Schwarze? Nun, auch in diesem Punkt werden wir Eure Erwartungen nicht enttäuschen.« Er schaute sich im Raum um und bedeutete einer Frau, vorzutreten.
Doch Steel hielt ihn auf. »Nein, nein, Captain. Im Gegenteil, mir wäre eine Engländerin viel lieber. Oder eine Schottin. Eine Irin vielleicht? Das wäre nach meinem Geschmack. Aber es muss immer ein Mädchen mit Feuer sein.«
Trouin überlegte. »Ah, da muss ich Euch von jemandem erzählen. Eine sehr bedeutsame und ausgesprochen schöne Dame – eine englische Lady.«
Steel täuschte zunächst Gleichgültigkeit vor und schaute Trouin dann fragend an. Trouin war bemüht, die Neugier seines neu gewonnenen Gefährten weiter anzustacheln. »Wirklich, Captain Thomson. Ich habe hier eine englische Lady. Und ich habe die Absicht, sie auszunutzen, auf jede nur erdenkliche Weise.«
Steel erschauerte, deutete jedoch ein kühles Lächeln an. »Wer ist sie denn? Was macht sie hier? Könnte ich sie einmal sehen?« Er hielt inne. »Nein, ich glaube Euch nicht«, fuhr er schließlich fort. »Ihr beliebt zu scherzen. Es gibt gar keine Lady.«
Der Pirat, der links von Trouin stand, griff zu seinem Entermesser, doch der Captain hielt ihn zurück. »Nein, nein. Captain Thomson zweifelt an meinen Worten. Wenn er mir dienen soll, muss er mir voll und ganz vertrauen.« Er dachte wieder einen Augenblick nach. »Kommt, gehen wir in mein Haus.«
Er schnipste mit den Fingern, worauf Ajax ihnen zur Tür folgte. Steel warf einen Blick auf Brouwer, der das Geschehen rund um den Zweikampf mit verfolgt hatte. Auf seiner Miene spiegelte sich blankes Entsetzen. So unauffällig wie irgend möglich bedeutete Steel dem Flamen, den Ort zu verlassen. Doch Brouwer rührte sich nicht vom Fleck. Im nächsten Augenblick waren Steel und die anderen bereits zur Tür hinaus.
***
Sie waren nur wenige Schritte gegangen, als sie scharf links abbogen. Voraus ragte ein Haus auf, das sich mit seinen dorischen Säulen am Eingang von den anderen Gebäuden in dem Straßenzug abhob. Trouin vollführte eine extravagante Geste.
» Voilà, Monsieur. Mein bescheidenes Heim. Nicht viel, aber immer noch das edelste Gebäude hier im Viertel. Gehörte dem Hafenmeister, ehe er unauffindbar verschwand. Aber tretet doch ein.«
Trouin öffnete die Tür und ließ Steel den Vortritt. Sie betraten eine ansehnliche Eingangshalle mit schachbrettartig angelegten weißen und schwarzen Marmorfliesen und einer bemalten Decke, die von sechs Säulen getragen wurde. Von der Mitte der Decke hing ein Kristallleuchter venezianischer Herkunft, in dem gut fünf Dutzend Kerzen brannten. Kein Zweifel, dachte Steel, der Hafenmeister hatte ein schönes Leben geführt. Wahrscheinlich hatte er bei allen Im- und Exportgeschäften schön die Hand aufgehalten. Wie dem auch sei, der Mann stand inzwischen gewiss vor seinem Schöpfer.
Steel war beeindruckt von der Pracht. Trouin beobachtete ihn.
»Ja, auch ich war beim ersten Mal erstaunt. Natürlich habe ich ein paar Dinge herschaffen lassen. Ich liebe Kunstwerke, müsst Ihr wissen. Ich bin so etwas wie ein Kunstliebhaber, ein Sammler.«
Steel schaute sich ausgiebig in der Eingangshalle um. Entlang der Wände standen in gleichmäßigen Abständen die Marmorbüsten römischer Feldherren auf Sockeln; vermutlich, so dachte Steel, Trouins
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