Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
zu. Mit blitzschneller Bewegung stach er nach der linken Körperhälfte des Gegners und erwischte ihn. Die Spitze des Degens drang ins Fleisch und riss eine blutende Wunde. Doch der Pirat zuckte kaum merklich zusammen. Er war jetzt zornig und wild entschlossen. Steel machte erneut einen Satz nach vorn. Diesmal war es eine Finte, die auf die rechte Seite abzielte, und der Gegner fiel darauf herein. Er fluchte in einer fremden Sprache und versuchte, Steels Stoß zu parieren, aber Steels Klinge war schneller und traf den Russen an der rechten Seite. Diesmal spürte der Pirat den Schmerz.
Steel sah, wie dem Mann das Blut ins Gesicht schoss, als er vor Zorn die Kontrolle über sich verlor. Jetzt wird es einen ganz anderen Kampf geben, dachte Steel. Denn sein Gegner kochte vor Wut und hatte nicht mehr den Überblick, um seinen Angriff überlegt zu planen. Jetzt – das war Steel bewusst – würde es ein Kampf auf Leben und Tod. Er hatte es mit einem Irrsinnigen zu tun. Schnell versuchte er einzuschätzen, was sein Gegner als Nächstes tun würde. Aber das war schwierig bei jemandem, der nicht mehr kühl abwägte, sondern sich wie ein Rasender gebärdete.
Der Russe sprang plötzlich wild nach vorn und überraschte Steel. Zwar konnte er noch den Arm hochreißen, doch da hatte der Russe bereits zugeschlagen und sich gleichzeitig auf Steel gestürzt.
Die beiden gingen zu Boden, und der Russe begrub Steel mit seinem ganzen Körpergewicht unter sich. Steel rang nach Luft und stellte mit Schrecken fest, dass ihm der Degen aus der Hand gefallen war. Keuchend schaute er nach rechts und entdeckte die Klinge. Rasch streckte er die Hand danach aus.
Im selben Moment setzte der Russe seinen Kopf als Rammbock ein und ließ ihn hart auf Steels Schädeldach krachen. Der Schmerz brannte wie Feuer. Steel glaubte schon, jeden Augenblick das Bewusstsein zu verlieren. Er schüttelte den Kopf und sah grelle, rote Flecken vor den Augen tanzen. Der große Russe hatte sich inzwischen aufgerappelt und lachte nur. Steel ließ sich nicht anmerken, wie es wirklich um ihn stand, und tat so, als wäre er mit den Kräften am Ende. Stöhnend tastete er nach seinem Degen. Der Russe fiel auf den Trick herein und hob den Fuß, um Steels Hand zu zerquetschen – und das war sein Fehler. Steel riss den linken Fuß hoch und traf den Gegner direkt zwischen den Beinen. Der Mann stürzte vornüber und lag vor Schmerzen stöhnend am Boden.
Langsam richtete Steel sich auf und stützte sich mit einer Hand ab. Endlich gelang es ihm, an seinen Degen zu kommen. Dann stand er auf und ging, den Degen in der Rechten, zu dem Russen. Aber der war noch nicht besiegt, denn er wirbelte herum und griff mit einer Gewandtheit, die Steel ihm nie zugetraut hätte, nach der eigenen Waffe. Sekunden später standen sie sich wieder gegenüber. Aber Steel war abgeklärter als zuvor. Er führte einen Schlag nach dem Haupt des Gegners, ganz im Stile eines Kavalleristen, worauf der Russe instinktiv den Kopf einzog. Doch genau das hatte Steel beabsichtigt. Der Kavalleriestreich war eine Finte und wurde nicht zu Ende geführt. Stattdessen drehte Steel den Degenarm und schlug direkt nach dem Kinn des Russen.
Die Klinge verfehlte zwar ihr Ziel, riss dem Gegner aber ein Stück vom linken Ohr ab. Der Pirat schrie auf und packte sich an die blutende Wunde. Doch Steel ließ nicht locker. Mit einer flinken, fließenden Bewegung zog er die Klinge elegant zurück und traf den Gegner am Bauch. Keine tödliche Wunde, aber tief genug, dass Blut aus dem Schnitt quoll. Der Mann sank auf die Knie. Steel machte einen Schritt nach vorn und versetzte dem Russen einen Tritt vor die Brust, sodass er rücklings zu Boden ging.
Er spürte, dass der Mann nicht mehr konnte, und stand nun drohend über ihm. Mit flehendem Blick schaute Trouins Kämpfer zu ihm auf. Steel hielt ihm die breite Klinge an den Hals.
»Ausgezeichnet«, ließ Trouin sich vernehmen. »Eine sehr elegante Degenschule. Dazu noch eine nette Einlage im Straßenkampf. Ihr überrascht mich, Captain. Ich hätte nicht gedacht, dass die Engländer zu solch dreckigen Tricks greifen. Schon gar nicht englische Offiziere. Oh, tut mir leid – schottische Offiziere. Und nun gehört er Euch, Sir. Ihr müsst entscheiden. Tötet Ihr ihn, oder schenkt Ihr ihm sein Leben? Die Wahl liegt bei Euch, Captain Thomson.«
Steel blickte auf den Russen und fragte sich erneut, ob dieser Bursche ihm nicht doch schon einmal im Nordischen Krieg über den Weg gelaufen
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