Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
war. Der Rüpel tat ihm leid. Aber er rief sich in Erinnerung, dass dieser Mann ihn noch wenige Augenblicke zuvor hatte umbringen wollen. Er wusste, was er tun musste. Doch das widersprach jedem Ehrgefühl eines Gentleman oder Offiziers. Wenn er jedoch seinen Auftrag erfolgreich zu Ende bringen wollte, wenn er Hunderten von Unschuldigen das Leben retten wollte – ganz zu schweigen von Lady Henrietta –, blieb ihm keine andere Möglichkeit. Ein letztes Mal sah er dem Russen in die Augen, stützte sich dann schwer auf den Degen und stieß dem Piraten die Klinge durch den Hals.
Trouin klatschte Beifall. »Bravo. Gut gemacht, Sir. Er hat es nicht anders verdient, als mit dem Leben zu bezahlen. Er wusste, was ich von ihm verlangt habe. So ist es eben bei uns. Und jetzt besteht kein Grund mehr, an Eurer Loyalität zu zweifeln. Kommt, Ihr müsst etwas trinken.« Er nickte zweien seiner Männer zu, die sich anschickten, den Toten wegzuschaffen. Dann klopfte er Steel auf die Schulter und reichte ihm einen Kelch mit Wein. »Trinken wir darauf, dass Ihr zu meiner Crew stoßt. Willkommen. Ihr seid der geborene Kämpfer, Sir.«
Steel nahm einen langen Schluck Wein und genoss den bitteren Geschmack. »Ich muss kämpfen, Captain. Das ist alles, was ich kenne. Da draußen habe ich für Queen Anne gekämpft. Hier …«
»Kämpft Ihr für mich.«
Steel quittierte die Worte mit einem Lachen und schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Ich kämpfe für Geld und leichte Mädchen. Aber im Grunde kämpfe ich nur für mich. Ich schwöre dem einzig wahren König die Treue – König James III. Aber wenn Ihr mich braucht, werde ich für Euch arbeiten.«
»Ich brauche Euch, Captain. Was ich mit zehn Männern Eures Kalibers erreichen könnte! Sobald wir hier fertig sind und uns das genommen haben, was wir brauchen – Gold, Proviant und weiße Sklaven –, halten wir Kurs auf die Karibik. Seid Ihr je in diesen Gewässern gewesen, Captain? Nein? Dann habt Ihr noch etwas Wunderbares vor Euch. Sonnenschein jeden Tag; Schiffe beladen mit Schätzen, die nur darauf warten, gekapert zu werden. Und Frauen, wohin Ihr schaut. Frauen aller Art.« Er nahm einen Schluck aus dem Kelch und tupfte sich den Mund mit einem seidenen Taschentuch ab, das er aus seiner Weste gezogen hatte. Es duftete schwach nach Orangen. Er stieß auf und fuhr fort: »Mir reicht es in dieser Stadt, Captain. Was die Briten hier begonnen haben, werden wir zu Ende bringen. Wir lassen die Soldaten da draußen noch ein paar Tage schmoren, denn sie wissen ja, dass wir das Mädchen haben. Aber dann, wenn sie am wenigsten damit rechnen, brennen wir diese gottverdammte Stadt nieder, töten diejenigen, die wir nicht mehr brauchen und verlassen den Hafen als freie Männer. Ob die britische Navy uns verfolgen wird? Was denkt Ihr? Wir besitzen etwas, das sie haben wollen. Etwas, das unseren englischen Freunden gehört. Und diesem kostbaren Gut darf kein Leid geschehen. Sie wissen, dass wir sie haben. Was für ein Plan, wie, Thomson? Was für ein Plan.«
Steel musste zugeben, dass der Plan nicht schlecht war, aber er entsprach nicht seinen eigenen Vorstellungen. Ihm war bewusst, dass er rasch handeln musste, um Lady Henrietta zur Flucht zu verhelfen. Die Gedanken wirbelten ihm durch den Kopf. »Habe ich das gerade richtig verstanden, Captain? Ihr erwähnt eine Frau? Bei Gott, es geht nichts über einen Kampf, der in mir die Lust auf eine Frau weckt.«
Trouin ließ ein anzügliches Lächeln aufblitzen. » Monsieur, Ihr steckt voller Überraschungen. Ich schwöre, ich werde nie die Engländer unterschätzen … vielmehr die Schotten. So, Ihr sprecht von Frauen. Was habt Ihr für einen Geschmack? Hier könnt Ihr frei wählen. Aber zuerst haben wir noch zu tun.«
Steel erbleichte und fragte sich, ob Trouin ihn womöglich die ganze Zeit durchschaut hatte. Unverfänglich blickte er sich in der Schankstube um und suchte Brouwer. Er entdeckte ihn in einer dunklen Ecke, wo er sich einem Bierkrug widmete. Brouwer fing kurz Steels Blick ein und schaute dann schnell weg.
Trouin lachte. »Kommt, es ist nichts Ernstes. Ich denke, dass Euch unsere Unterhaltung gefallen dürfte. Und das lässt Euch wieder zu Atem kommen, damit Ihr Euch später in aller Ruhe den Damen widmen könnt. Ein Preiskampf – mögt Ihr solche Kämpfe?«
»Es kann sehr unterhaltsam sein, Captain. Wenn die Gegner gleichwertig sind, meine ich, und unter den richtigen Bedingungen.«
Ein trockenes Lächeln umspielte Trouins
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