Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
die Absicht, durch Verdienst und Leistung aufzusteigen. Das ist mein gutes Recht.«
Ein Hüsteln war vor dem Zelteingang zu vernehmen. Jennings schaute kurz auf und widmete sich wieder demonstrativ den Rechnungsbüchern. »Herein«, schnarrte er.
Stringer trat ein, mit einem anzüglichen Grinsen.
»Ja? Was gibt es, Sergeant?«
»Muss Bericht erstatten. Die Männer sind ein wenig niedergeschlagen, Sir.«
Jennings schaute den grinsenden Sergeant an und legte die Schreibfeder beiseite. »Dann sollte ich mich vielleicht aufmachen und die Stimmung der Männer ein wenig heben, wie?«
»Nein, das würde ich nicht tun, Sir, wirklich nicht. Nicht, wenn ich Ihr wäre. Hat mit der Auspeitschung zu tun, Sir. Die Jungs sind nie sehr fröhlich nach einer Strafaktion. Die Männer reden, wisst Ihr? Ihr hättet ihn nach fünfzig Hieben losbinden müssen und dergleichen, Sir.«
»Oh, man redet also? Nun, Sergeant, dann versucht doch morgen ein wenig genauer hinzuhören, aus welcher Ecke dieses Gerede kommt. Und dann werden wir ja sehen, welcher großmäulige Schurke hinter diesen aufwieglerischen Worten steckt. Er wird dafür seine eigenen hundert Hiebe oder sogar mehr erhalten, das könnt Ihr mir glauben.«
Stringer grinste, sodass seine Zahnlücken sichtbar wurden. »Sehr gut, Sir. Ich mache mich auf den Weg, Sir.«
Stringer war im Begriff, das Zelt zu verlassen, als ein Offizier eintrat. Der rote Mantel mit den charakteristischen grünen Aufschlägen und die graue Weste ließen keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Offizier aus Woods »Regiment of Horse« handelte. Jennings kannte diesen Mann nur flüchtig. Thomas Stapleton, ein Major, der hohes Ansehen genoss, nicht zuletzt aufgrund der weiß aufliegenden Narbe, die sich quer über seine rechte Wange zog. Jennings war ihm schon einmal in London begegnet. Er vermutete, dass Stapleton, der über Verbindungen in die höchsten Kreise verfügte, von den Beweggründen und ehrgeizigen Zielen ihres großen Oberbefehlshabers genauso desillusioniert war wie er selbst.
Jennings erhob sich, um den Major zu begrüßen, doch er spürte Argwohn, da er sich fragte, in welcher Angelegenheit der Mann ihn zu sprechen wünschte.
»Major Stapleton, ist mir eine Freude, Euch wiederzusehen. Was verschafft mir die Ehre Eures Besuchs? Möchtet Ihr vielleicht einen Schluck Wein? Charles, wärst du so nett?«
Frampton goss etwas Wein in ein Glas und reichte es dem Gast.
»Ich danke Euch, Major Jennings. Sehr aufmerksam von Euch.«
Stapleton hatte von klein auf einen leichten Sprachfehler, und daher klang bei ihm jedes »r« wie ein »w«. Zusammen mit der ohnehin hohen Stimme hatte dies einen komischen Effekt. Doch die Miene des Majors war in diesem Moment alles andere als belustigend, als er den dargereichten Kelch entgegennahm. Nach einem kleinen Schluck kam er direkt zur Sache. »Darf ich offen sprechen?«
»Major Stapleton. Ihr könnt versichert sein, dass Ihr hier unter Freunden seid. Ihr kennt Captain Frampton, nehme ich an?«
Der Gast nickte, zog aber die Stirn kraus. »In der Tat. Wie dem auch sei, Major Jennings.« Er schielte bedeutungsvoll in Framptons Richtung. »Wenn Ihr so freundlich wärt …«
Jennings begriff und wandte sich an den Captain. »Charles, ich muss dich bitten, uns kurz allein zu lassen.«
Als Frampton langsam zum Zeltausgang ging, merkte Jennings, dass Stringer noch unschlüssig am Eingang wartete. Rasch bedeutete Jennings auch dem Sergeant, unverzüglich das Zelt zu verlassen. Sowie beide Männer fort waren, ergriff Stapleton das Wort.
»Major Jennings, Ihr habt gewiss schon gehört, dass kürzlich mehrere Fuhrwerke unweit von Ingolstadt von einer Abteilung bayerischer Kavallerie überfallen wurden.«
»Das weiß inzwischen jeder, Major. Aber dieser Überfall hatte, glaube ich, keine großen Auswirkungen. Die Wagen enthielten hauptsächlich persönliche Dinge. Keine Munition. Keine Vorräte.«
»Das stimmt. Es handelte sich zumeist um persönliche Habseligkeiten. Tafelsilber und frische Uniformen für die hohen Offiziere. Tatsächlich gehörten viele dieser Dinge unserem Oberbefehlshaber. Was Ihr womöglich bislang nicht wusstet, ist der Umstand, dass sich in einem dieser Wagen auch eine Truhe befand, in der persönliche Dokumente und die Korrespondenz seiner Hoheit des Herzogs von Marlborough aufbewahrt wurden.«
Jennings konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Wie persönlich waren diese Dokumente denn?«
»Die Truhe enthielt gewisse Papiere.
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