Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
Briefe von seiner Gemahlin und so weiter.«
»Wie amüsant. Fahrt fort.«
»Die Sache ist die, Major: Da der bayerische Oberst, der den Überfall geleitet hat, bei der Beute keine militärischen oder für Krieg sonst wie bedeutsamen Dinge finden konnte, verkaufte er den Inhalt der Wagen an einen Landsmann, einen Kaufmann.«
Stapleton machte eine gewichtige Pause, ehe er fortfuhr: »Ich denke, Ihr seid nicht überrascht, wenn ich Euch sage, dass besagter Kaufmann – ein neugieriger, ideenreicher Bursche, wie mir scheint – Stunden damit verbrachte, die Briefe zu lesen, da er in einer der Schriften ein bestimmtes Wappen wiedererkannte.«
Er nahm einen langen Schluck Rotwein.
»In einem Brief des Herzogs an dessen Gemahlin entdeckte der Mann ein ganz anders geartetes Stück Korrespondenz. Und zwar einen Brief an Marlborough, der vom Hofe in St. Germain von dem im Exil lebenden König James stammt. In diesem Schreiben bedankt James sich auf das Freundlichste bei unserem General, da dieser sich offenbar besorgt nach dem Gesundheitszustand des Stuart-Prätendenten erkundigt hat. Zudem rechnet James dem Herzog dessen unverbrüchliche Treue hoch an.«
Jennings lächelte inzwischen hintersinnig.
»Ich sehe, dass Ihr allmählich begreift, was dieser Vorfall bedeutet?«
»Absolut. Fahrt fort.«
»Unser bayerischer Kaufmann ist ein Mann, der durchaus auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Und daher beabsichtigte er, den Brief an den rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben – zu einem gewissen Preis, versteht sich. Deshalb schickte er auch vor einigen Tagen einen Boten in unser Heerlager. Kurzum, der Mann bietet Marlborough besagten Brief für fünfhundert Kronen an. Und hier, Major, komme ich ins Spiel. Oder besser gesagt Ihr. Mir wurde zugetragen, dass Ihr und ich dieselben politischen Überzeugungen teilen.«
»Ich bin ein Tory, wenn Ihr darauf anspielt, Sir. Und ein echter Patriot.«
»In der Tat. Und da Ihr diese Überzeugung vertretet, seid Ihr gewiss genauso erpicht darauf wie ich, dass unser Lord Marlborough als Oberbefehlshaber dieser Armee abgesetzt wird, nicht wahr?«
»Danach braucht Ihr nicht zu fragen, Major. Mit seinen ehrgeizigen Zielen wird der Herzog die Armee noch in den Ruin treiben. Er handelt allein aus Eigennutz und hat nicht primär das Wohl seines Landes im Sinn. Wenn man ihm freie Hand lässt, dann wird er so viele Männer opfern, bis er sich den Weg ins höchste Amt erkämpft hat. Er muss weg.«
»Gewiss wird Euch auch aufgefallen sein, dass der Markgraf von Baden unzufrieden damit ist, wie der Herzog den Feldzug führt. Gerade heute erfuhr ich von einem der Vertrauten des Markgrafen, dass der Herzog und Colonel Hawkins beabsichtigen, eine Expedition auf den Weg zu schicken, die eben diesen Brief finden soll. Die Männer brechen noch diese Woche auf, allerdings unter dem Vorwand, Furage in Form von Mehl zu beschaffen. Der Trupp wird von einem Mann aus Eurem Regiment angeführt, von einem gewissen Lieutenant Steel.«
Jennings Lächeln blieb.
»Ihr erkennt gewiss, Major Jennings, dass wir hier die einmalige Gelegenheit haben, Marlborough zu Fall zu bringen und diesen Krieg für die Tories zu retten. Bayern ist wahrlich kein Ort für die Armee. Ebenso wenig Flandern. Entscheidend ist, dass wir diesem Feldzug ein Ende bereiten, ehe wir uns immer weiter in diesen tollkühnen Vorstoß nach Bayern verstricken. Hier nun die Antwort. Ihr werdet eine zweite Expedition leiten, um vor Steel bei diesem Kaufmann zu sein. Ich habe bereits mit dem Markgrafen von Baden vereinbart, dass Ihr zu seinen Streitkräften abkommandiert werdet. Der Markgraf wird Sir James die Bitte unterbreiten. Mit etwas Glück wird Steel nichts davon erfahren. Denn Ihr brecht einen Tag später auf. Aber Ihr werdet schneller vorankommen, da Ihr Euch nicht auf die langsamen Wagen einstellen müsst wie Steel. Wenn Ihr parallel zu Steels Route unterwegs seid, werdet Ihr lange vor ihm am vereinbarten Treffpunkt sein. Dort trefft Ihr den Kaufmann, einen gewissen Herrn Kretzmer. Gebt Euch als Steel aus und besorgt Euch den Brief gegen die Zahlung der vereinbarten Summe.« Er lächelte, als sei ihm eben erst eine besondere List eingefallen. Daher sprach er bewusst leise.
»Natürlich ist es auch denkbar, dass Ihr es so einrichtet, dass Herr Kretzmer keine Verwendung mehr für das Geld hat. Dann bringt Ihr es mir zurück. Das wäre großartig. Aber sei’s drum. Wir haben alles besprochen. Besorgt einfach die Papiere, und nach Eurer
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