Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
sich führte, hatten ihre Position hinter Blindheim verlassen und ritten den Sporn hinauf. Der Colonel grüßte Jennings.
»Guten Morgen, Major. Ich dachte mir, dass ich Euch hier finden würde. Ich hoffe, Ihr habt so gut geschlafen wie ich. Es geht nichts über einen edlen Cognac, um die Verdauung anzuregen, nicht wahr? Wie ich sehe, habt Ihr unsere Streitkräfte in Augenschein genommen. Ich fürchte, dass es um Eure Armee nicht sonderlich gut bestellt ist, Sir.«
Er setzte ein breites Grinsen auf und fuhr fort: »Schaut doch. Eure tapferen Rotröcke hegen die Absicht, erneut anzugreifen. Haben Eure Kommandeure denn nicht erkannt, wie nutzlos dieses Ansinnen ist? Wie wollen die Engländer gegen eine Armee wie die unsere bestehen, und dann noch in dieser unserer Stellung? Das muss Euch doch arg verdrießen, Sir.«
Jennings lächelte. »Mein lieber Colonel, ich bin gerührt von Eurem Mitgefühl. Aber glaubt mir, es ist unnötig. Je mehr Männer auf britischer Seite ihr Leben lassen, desto schneller wird Lord Marlborough in Ungnade fallen. Das ist der Preis, den wir für unser Heil zahlen müssen.«
»Ah, Ihr Engländer. Ständig müsst Ihr Eure protestantische Moral in alles einbringen. Diese Papiere, die Ihr nach England bringen wollt – seid Ihr sicher, dass sie genügen, um Lord Malbrooks Vernichtung einzuleiten?«
»Da bin ich sehr zuversichtlich, Colonel. Aber als gentilhomme militaire wisst Ihr sicher zu würdigen, dass es nie schaden kann, wenn man noch eine Reserve in der Hinterhand hat.«
Der Colonel lachte und klopfte Jennings auf die Schulter. »Und nun, mein Freund, zum Geschäftlichen. Ich bin nicht ohne Grund zu Euch gekommen. Mein General, der Marquis de Clerambault – ich denke, Ihr seid ihm gestern Abend begegnet –, bittet Euch um einen kleinen Gefallen, sozusagen als Gegenleistung für unsere Gastfreundschaft. Der Marquis ist nach der kurzen Unterhaltung davon überzeugt, dass Ihr Ansehen genießt. Und wahrscheinlich wisst Ihr über Einzelheiten des Zustands Eurer Armee Bescheid.«
Jennings grinste nervös und versuchte sich zu erinnern, womit er in Gegenwart des Marquis am Vorabend geprahlt hatte. Was hatte er diesem aufgeblasenen französischen General, der nach Brandy und fadem Eau de Cologne stank, alles erzählt?
»Aus Eurem Benehmen schließe ich, dass dort unten Euer Regiment kämpft«, fuhr der Colonel fort. Jennings ahnte, was nun kommen würde. »Gewiss könnt Ihr mir sagen, Major, unter wem es dient. In welcher Brigade. Ihr wisst, welche dieser Regimenter die stärksten sind, die Elite, und welche am ehesten nachgeben werden. Mein General wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr zu ihm reiten würdet – wir stellen Euch ein Pferd zur Verfügung – und ihm in allen wichtigen Belangen mit Eurem Rat zur Seite stehen könntet. Wir schicken weitere zehn Bataillone nach Blindheim. Denn wir denken, dass der Angriff Eures Lord Malbrook ein doppelter Bluff ist. Er versucht uns glauben zu machen, die Attacke hier sei eine Finte und er werde uns im Zentrum angreifen. Wir aber sind davon überzeugt, dass er Blindheim zum Ziel seines Angriffs erklärt hat. Und Ihr, Major, verfügt über das Wissen, uns sagen zu können, ob unsere Vermutungen stimmen.«
Jennings schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Colonel. Ihr könnt mich nicht dazu überreden, meine Landsleute zu verraten. Ihr mögt es weiterhin versuchen, aber ich werde mich auch dann weigern, Pferd hin oder her. Aber ich hätte da noch eine Frage. Seid Ihr sicher, dass es klug ist, siebenundzwanzig Bataillone in ein so kleines Dorf zu stecken?«
Michelet lachte. »Das ist eben unsere Art, Major. Wenn wir von einem Plan überzeugt sind, bleiben wir ihm treu. Wir verstärken unsere Streitkräfte dort.«
Jennings lächelte angesichts dieser unüberhörbaren Arroganz. »Woher wollt Ihr wissen, dass ich mich an meinen Freigang halte? Jeder britische Offizier, der über solche Informationen verfügt wie die, die Ihr mir eben mitgeteilt habt, wäre nun der Ehre verpflichtet, zu den eigenen Reihen zurückzureiten und die Offiziere zu alarmieren.«
»Aber Major Jennings, inzwischen können wir beide einander einschätzen, denke ich. Und Euch halte ich nicht für irgendeinen britischen Offizier. Ihr gehört einer besonderen Art Offizier an. Ja, Ihr seid einer dieser Offiziere, die sich womöglich nicht der Ehre verpflichtet fühlen, wenn sie das Heil des Vaterlandes und insbesondere den eigenen Aufstieg mit einer Handlungsweise vorantreiben,
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