Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
Vom Netzwerk:
herber Schlag. Taylor hatte zu den Männern der ersten Stunde gehört; seit Beginn des Krieges war er an Steels Seite gewesen. Auf einen wie Taylor würde kein Kompanieführer verzichten wollen. Steel hatte nicht nur einen Mann verloren, er hatte einen Freund und Seelenverwandten verloren.
    Da die Stimmung gedrückt war, kam es jetzt vor allem darauf an, die Moral der Truppe zu stärken. Die Männer, die nicht für den Graben eingeteilt waren, nahmen an Cricket-Spielen teil, die Tom Williams organisierte. Auch Steel war in einer Partie dabei. Kein großer sportlicher Erfolg zwar, da der Boden zu weich war und der Ball nicht springen konnte, doch um die Moral der Jungs war es besser bestellt als zuvor, und für die Kameraden erwies es sich als Gewinn, ihren Kompanieführer im Spiel zu sehen. Aber ein Zeitvertreib dieser Art war natürlich nicht immer möglich.
    Am sechsten Tag nach dem Angriff saß Steel in einem feuchten Loch im Graben. Es regnete Bindfäden; deshalb hatte er sich in seinen Mantel gehüllt und sich den Hut tief ins Gesicht gezogen. Neben ihm hockte Hansam, ebenfalls eingemummelt. Die Grenadiere lungerten im Graben herum und wussten nichts mit sich anzufangen. Einige schliefen, andere fanden nicht in den Schlaf, obwohl sie körperlich am Ende waren. Einige wenige spielten Karten. Alle waren durchnässt, durchgefroren und schlecht gelaunt. Jeder von ihnen wollte lieber ins Gefecht.
    Der Wasserspiegel in diesen Gefilden stieg bei dem Regen weiter an, sodass der Boden in den Gräben in schmutzigen Lachen versank. Die meisten Tunnel und Stollen der Mineure waren eingestürzt; auf beiden feindlichen Seiten war ihre Arbeit nahezu zum Erliegen gekommen. Steel empfand das als Segen. Denn jetzt würden sie nicht ahnungslos in die Luft gesprengt.
    Steel hatte eine Weile mit geschlossenen Augen dagesessen, ehe er wieder etwas sagte. »Es wäre nicht schlecht, wenn man uns endlich sagen würde, wann es wieder losgeht. Das Problem ist immer die Ungewissheit, oder nicht, Henry?«
    »Ja, dieses ewige Abwarten. Aber zu viel Informationen sind auch schlecht, Jack. Erzählt man den Jungs zu viel, alle Fakten, schon hat man eine Meuterei. Aber du hast recht, es wäre schön, wenn wir wüssten, woran wir sind.«
    Für einen Soldaten gab es nichts Schlimmeres als Langeweile, dachte Steel. Sie fraß sich in die Seele der Männer und ernährte sich von all den unbewussten Ängsten, die die Männer umtrieb; Angst vor dem Tod und vor Verstümmelung. Bei einer Belagerung wurden solche Ängste besonders schlimm. Jeder Tag dieselbe Routine. Die Kanonenkugeln flogen aus beiden Richtungen über die Köpfe der Männer hinweg und riefen auch dem letzten Rekruten in Erinnerung, dass die Werkzeuge der Vernichtung stets in der Nähe lauerten. Jeder Tag konnte der letzte sein.
    Steel hätte lieber wieder einen Sturmlauf gehabt, anstatt tagaus, tagein herumzusitzen und auf den Tod zu warten. Da er sich ablenken wollte, ging er in Gedanken noch einmal die Mission in Paris durch. Er durchlebte jeden Moment aufs Neue, angefangen bei der Ankunft in der Stadt bis zur Flucht in unrühmlicher Verkleidung. Das Verhör jedoch, das Malbec zusammen mit der Marquise geführt hatte, blendete er weitestgehend aus. Er fragte sich auch, wie es Simpson gehen mochte. Hatte der Spion sich tatsächlich mithilfe des Kaisers eines Mannes wie Gabriel entledigt? Und wo mochte sein Bruder im Augenblick stecken? Hatte jemand Wind davon bekommen, dass Alexander bei Steels Flucht nachgeholfen hatte?
    Doch am meisten interessierte ihn natürlich die Frage, ob sein Auftrag sich überhaupt ausgezahlt hatte.
    Gerade war er mit dieser Überlegung beschäftigt, als er Schritte hörte, oder besser die schmatzenden Geräusche von Stiefelsohlen im Schlamm.
    Steel schaute auf, weil er wissen wollte, wer durch den Graben auf ihn zukam, und gewahrte einen jungen Offizier. Der Mann hatte sich so sehr gegen den Regen geschützt, dass man seine Rangabzeichen und das Emblem der Einheit nicht erkennen konnte, aber dem kecken Auftreten des jungen Mannes entnahm Steel, dass es sich eigentlich nur um einen Boten aus dem Stab des Brigadekommandeurs handeln konnte.
    Der junge Offizier blieb bei Steel stehen und vollführte eine elegante Verbeugung. Steel rappelte sich hoch und wandte sich halb ab, um den Regen aus dem Mantel zu schütteln.
    »Befehle von General Webb, Sir. Eure Männer sollen sich einem zusammengelegten Bataillon von Grenadieren anschließen, um den General zu

Weitere Kostenlose Bücher