Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Attacke parierte. Ehe Simpson reagieren konnte, trat Malbec ihm hart zwischen die Beine. Der Spion verlor das Gleichgewicht und stürzte mit einem Schrei die Treppe nach unten. Malbec blieb einen Moment oben stehen und blickte auf sein Opfer.
Simpson konnte seine Beine nicht mehr bewegen. Er wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Beim Sturz hatte er sich etwas gebrochen, und der Schmerz in seinem Rücken übertraf noch das Pochen in seinem linken Auge und die Wunde an der Seite.
Langsam kam Malbec die Stufen herunter, lächelte und ließ die Degenklinge mehrmals durch die Luft sausen. »Ihr jämmerlicher kleiner Mann. Hattet Ihr wirklich geglaubt, Ihr könntet es mit mir aufnehmen? Dachtet Ihr, mir wäre das Herz gebrochen der Marquise wegen? Nein, mein Freund, Ihr solltet vielleicht wissen, dass in meinem Herzen kein Platz mehr ist für die Liebe zu einer Frau. Ihr Briten habt vor Jahren die Liebe in mir getötet. Zugegeben, es tut mir leid, was ihr widerfahren ist. Sie war eine gute Frau. Aber nicht für mich. Und wofür das alles? Nur weil wir Euren kleinen Liebling getötet haben? War das der Grund? Rache? Ich weiß alles über die Rache, Captain. Lasst mich Euch zeigen, auf welch erbauliche Weise man sie erlangen kann.«
Simpson ruderte mit den Armen, aber sosehr er sich auch mühte, er konnte die Beine nicht mehr bewegen. Schließlich riss er ein letztes Mal seinen Degen hoch und zielte auf Malbec. Der Franzose quittierte diesen Versuch mit einem höhnischen Lachen und ging langsam weiter, bis er unmittelbar über Simpson stand. Dann drückte er dem Spion die Spitze des Degens in die Mulde unterhalb des Kehlkopfs und bohrte schweigend seinen Blick in Simpsons Augen.
Der Captain hatte das Gefühl, bereits eine halbe Ewigkeit in diese böse glimmenden Augen geschaut zu haben – und genau das schien Malbecs Absicht gewesen zu sein, obwohl er die Qualen für den Spion gern noch in die Länge gezogen hätte.
Plötzlich erregten Schüsse von der Straße Malbecs Aufmerksamkeit. Sie waren lauter als zuvor und schienen näher an der Schänke abgefeuert worden zu sein. Er ahnte, dass der Kampf um Leffinge seinen Höhepunkt erreicht hatte, und starrte Simpson erneut in die Augen.
»Unsere gemeinsame Zeit ist vorüber, Captain. Es sei denn, Ihr habt noch vor, um Gnade zu winseln.«
Simpson schüttelte den Kopf und unternahm einen weiteren, erbärmlichen Versuch, den Major mit der Klinge zu treffen. Der Franzose trat Simpson den Degen aus der Hand, hielt dann jedoch inne, als Schüsse in unmittelbarer Nähe der Schänke krachten. Kopfschüttelnd und mit einem Lächeln auf den Lippen, beugte er sich vor und legte sein Gewicht in den Degen, der nach wie vor Simpsons Kehle ritzte. Er spürte, wie die Klinge sich durch den Hals bis in die Dielen bohrte. Genauso langsam zog er die Klinge wieder heraus, wischte sie an den Breeches des Toten ab, steckte den Degen wieder in die Scheide und schritt zur Tür.
***
Die südlichen Barrikaden in Leffinge glichen einem Schlachthaus. Leichen französischer, britischer, dänischer und preußischer Soldaten hingen über dem aufgeschichteten Bollwerk, doch der Kampf wütete weiter. Der Lärm war ohrenbetäubend, aber inzwischen kam den Soldaten, die seit drei Stunden die Stellung zu halten versuchten, das Getöse aus Schüssen, Schreien und klirrenden Klingen wie ein grausamer Hintergrundchor vor.
Steel stand auf einem zerbrochenen, umgedrehten Lehnstuhl, stützte sich mit der linken Hand ab und stieß erneut mit dem Degen nach einem französischen Grenadier, dessen Bajonett vorgeschnellt war. Steels Klinge fand ihr Ziel und schickte den Franzosen, der sich verzweifelt den Bauch hielt, zurück in das Gewühl seiner nachdrängenden Kameraden. Ein weiterer Grenadier sackte unter Hansams Hieb in sich zusammen.
Der Lieutenant zog seinen Degen zurück und rief über die Schulter, wobei er bereits den nächsten Angreifer abwehrte: »Hartes Stück Arbeit, was, Jack? Wo, zum Teufel, bleibt der Herzog? Wenn das so weitergeht, sind wir bald alle erledigt!«
»Er wird kommen, Henry, glaub mir. Hab Geduld. Töte die Mistkerle einfach!«
Der Ansturm der weiß uniformierten Gegner schien nicht abzureißen. Hatten die Grenadiere einen Franzosen von den Barrikaden zurückgeworfen, drängten bereits zwei andere nach und schlossen die Lücke in den eigenen Reihen. Es war abzusehen, dass die Franzosen siegen würden, allein schon aufgrund ihrer Überzahl. Wenn die Verstärkung
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