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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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Gesetzes. Von nun an musst du denken und handeln wie ein Verbrecher. Was immer du siehst, zeige um Himmels willen kein Entsetzen und keinen Zorn. Nimm alles als gewöhnlich hin. Hier ist dein Degen.« Alexander holte Degen samt Gürtel unter seinem Uniformrock hervor.
    Ungläubig blickte Steel auf seine Waffe, die er verloren geglaubt hatte.
    »Wie bist du an meinen Degen gekommen?«, fragte er. »Malbec hat ihn mir abgenommen.«
    »Du kannst dich bei Simpson bedanken. Keine Ahnung, wie er das bewerkstelligt hat.« Alexander grinste.
    Steel legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter. »Ich hoffe, ich kann mich eines Tages revanchieren. Das wünsche ich mir von ganzem Herzen.«
    Alexander lächelte. »Wer weiß? Vielleicht bekommst du die Gelegenheit. Und vergiss nie, Jack: Obwohl wir auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, sind wir immer noch aus demselben Holz geschnitzt. Vergiss das nie, Bruder. Denn Brüder werden wir immer bleiben. Aber jetzt muss ich fort. Nicht zuletzt, weil ich mir Gedanken wegen Charpentier mache. Glaubst du, Malbec weiß, dass der Major mit dir zusammengearbeitet hat?«
    »Wahrscheinlich. Er wird es vermutet haben. Aber ich schwöre dir, dass mir kein Wort über die Lippen gekommen ist.«
    Alexander lächelte wieder. »Ich glaube dir, Jack. Ich kenne keinen, der so treu ist wie du, Bruder hin oder her. Adieu!«
    Mit einem Lächeln zum Abschied war er verschwunden. So kam es, dass Steel sich in der letzten Stunde vor Sonnenaufgang allein in einem Viertel befand, das ihm vollkommen unbekannt war … bis auf den Namen der Rue de Sauveur. Zu seiner Linken erhob sich der Konvent der Filles-Dieu, der Töchter Gottes. Das Hospital wirkte fehl am Platze in einem Viertel, in dem sich sonst nur Diebe und Halsabschneider tummelten, aber Steel machte sich bewusst, dass diese Stadt ihn wohl immer aufs Neue überraschen würde.
    Er hielt sich an Alexanders Anweisungen und bog an jeder Straßenecke rechts ab, bis er in eine Sackgasse kam. Doch als er genauer hinsah, entdeckte er einen schmalen Durchgang, durch den er sich mit Mühe zwängen konnte. Im selben Augenblick stieg ihm ein widerlicher Gestank in die Nase, als hätte sich vor ihm die Abwasserrinne von ganz Paris geöffnet. Mit angehaltenem Atem zwängte Steel sich durch den Spalt und hatte das Gefühl, in einer anderen Welt anzukommen.
    Es war ihm unverständlich, dass man sich wenige Straßen von der königlichen Vision städtischer Pracht entfernt in einem Viertel wiederfand, das so ärmlich und schmutzig war wie der Cour des Miracles. Der Name täuschte, denn Steel sah nichts als ein Gewirr aus furchtbar engen und schlecht beleuchteten Gassen. In den kleinen Hinterhöfen stank es nach menschlichen Exkrementen. Wie ein Keil bohrte sich die Enklave in die nordöstliche Ecke der Stadtausläufer. Kaum jemand aus der Stadt kam je in diese Gegend. Doch obwohl Steel den fauligen Geruch verfluchte, dankte er Gott, dass es dieses Rückzugsgebiet gab.
    Die enge Straße, auf der er nun stand, wurde abschüssiger, zunächst kaum merklich, bis der Weg so steil war, dass Steel bisweilen das Gefühl hatte, das Gleichgewicht zu verlieren und der Länge nach hinzufallen.
    Zu seiner Linken stand ein Haus – falls man es als Haus bezeichnen konnte, denn es war nicht viel mehr als eine mit Lehm verputzte Behausung. Davor, neben einem Sickerbrunnen, spielten Kinder in Lumpen, während ihre halbnackten Mütter lachten und durcheinanderriefen und sich ihrer bloßen Brüste nicht einmal bewusst zu sein schienen. Im Gegenteil, sie schwelgten offenbar in dieser Freizügigkeit.
    Steel war selten an einem so abstoßenden, bedrückenden Ort gewesen. Die Armut und Verwahrlosung schien kein Ende zu nehmen. Ausgerechnet hier sollte er in Sicherheit sein?
    Aus den Schatten der Behausung kam eine Gestalt auf ihn zu. Instinktiv tastete Steel nach seinem Degen und zog ihn ein paar Zoll aus der Scheide.
    »Wer da? Nennt mir Euren Namen!«, rief er. »Warum folgt Ihr mir?«
    »Steel? Gott sei Dank. Ihr seid es.«
    Langsam trat Simpson in das Zwielicht der Gasse. Steel, dessen Augen sich allmählich an die schlechten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, sah, dass sein Verbündeter einen schlichten Mantel und eine unauffällige Perücke trug. Er schien ehrlich erfreut zu sein, Steel wiederzusehen.
    »Bei Gott, Jack, ich hätte Euch beinahe zu den Toten gezählt. Diese Frau verkörpert das Böse schlechthin. Sie hätte Euch zu ihrem Vergnügen in ihrem Haus gehalten, bis Ihr

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