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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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rechten Seite mit leisem Knarren eine schmale Tür.
    Rasch schmiegte Steel sich an die »Laterne«, für den Fall, dass jemand unten auf dem Hof das Geräusch gehört hatte. Doch zu seiner Erleichterung blieb alles still; niemand rief die Wachen. Vorsichtig spähte Steel in das Dunkel der »Laterne.« Ein kalter Luftzug verriet ihm, dass sich im Innern eine Art Schlot befand. Als er weiter tastete, fand er Halterungen und atmete erleichtert auf. Es handelte sich um einen Belüftungsschacht, genau wie in Carniston House.
    Rasch zwängte Steel sich durch die Türöffnung und kletterte im Innern an den Sprossen hinunter. Er konnte nicht einschätzen, wie weit er im Schacht vorangekommen war, denn es war stockdunkel darin. Mit etwas Glück hatte er die Hälfte der Strecke hinter sich. Das einzige Licht fiel oben durch den Türspalt auf dem Dach. Jeder tastende Schritt bedeutete eine neue Gefahr auf den rutschigen Sprossen. Die Dunkelheit um ihn her schien ihn zu erdrücken; mehrmals bekam er Platzangst, rang sie aber jedes Mal nieder. Ihm brach der Schweiß aus. Er musste an seinen Sergeant Jacob Slaughter denken, der es in engen dunklen Räumen nicht aushielt, dachte an den Tunnel in Ostende, als Slaughters Panikattacke ihnen allen beinahe das Leben gekostet hätte. Damals hatte Steel seinen Sergeant gestützt und ihm aus dem Tunnel geholfen.
    Diese Gewissheit, irgendwo einen Ausstieg zu finden, trieb ihn jetzt an. Außerdem wusste er, dass es kein Zurück gab, nur den Tod.
    Seine Arme und Beine schmerzten furchtbar. Sein ganzer Körper tat weh. Allmählich merkte er, dass der Luftstrom im Schacht sich verändert hatte. Sein keuchender Atem hatte nicht mehr diesen hohlen Klang. Die einzige Erklärung konnte nur sein, dass er sich dem Ende des Schachtes näherte. Vorsichtig suchte er mit dem Fuß die nächste Sprosse, fand aber keine mehr. Panik überfiel ihn, wich aber Erleichterung, als er endlich festen Boden unter den Füßen spürte.
    Schwer atmend versuchte er sich zu orientieren und ertastete eine Art Tunnel. Nach wenigen Yards kam er an eine Öffnung im Boden, nicht breiter als zwei Fuß. Steel setzte sich auf die Kante, stützte sich ab und stieg langsam weiter hinab in einen Gang, in dem es endlich nicht mehr so dunkel war. Er hatte wieder mehr Platz, auch wenn er nicht aufrecht stehen konnte; die Decke des Gangs war gewölbt und bestand aus Backsteinen, der Fußboden war festgestampft. Er fragte sich, was der ursprüngliche Zweck dieses Gangs gewesen sein mochte. Aber das war im Augenblick unwichtig.
    Auf allen vieren kroch er durch den Tunnel. Bereits kurze Zeit später – Steel hatte jegliches Zeitgefühl verloren – hatte er sich die Wunden an den Händen auf dem rauen Boden aufgerissen. Doch allmählich wurde es weiter vorn heller, und die Luft war nicht mehr so abgestanden. Bald gelangte er an eine weitere Öffnung auf Kopfhöhe, hinter der sich ein neuer Gang anschloss. Hier konnte er wieder aufrecht stehen und entdeckte im Zwielicht eine schmale Steintreppe, die zu einer Falltür führte.
    Steel schlich die Stufen hinauf und drückte vorsichtig gegen die Luke: Sie gab nach. Erleichtert atmete er auf. Wenn das Glück es weiterhin gut mit ihm meinte, käme er nicht unmittelbar neben einer Wache heraus. Steel drückte kräftiger und spürte, wie der hölzerne Deckel über Gras schabte. Schnell zog er sich aus der Öffnung und kletterte Sekunden später ins Freie. Über ihm spannte sich der Nachthimmel.
    Vorsichtshalber blieb Steel in der Hocke, ordnete seine Gedanken und versuchte, wieder ruhiger zu atmen, um sich nicht zu verraten. Sein Körper war bleischwer. Die Verletzungen an den Händen bluteten stark; auch am Kopf sickerte wieder Blut aus den Wunden, die Malbec ihm zugefügt hatte. Langsam schaute er sich im Mondschein um. Nirgends war eine Menschenseele zu sehen, keine Wachen, niemand. Einer ersten Eingebung folgend, wollte er zurück zu Simpsons Haus, doch dann entsann er sich, dass Malbec ihm erzählt hatte, sie seien Simpson auf die Schliche gekommen.
    Die einzige andere Möglichkeit für einen Gejagten wie ihn in einer fremden Stadt war, seinen Bruder zu suchen. Alexander hatte ihm erzählt, er sei vorübergehend in einem Zimmer in den Dormitorien untergebracht, außerhalb des Hauptgebäudes. Vermutlich waren es, so hoffte Steel, genau die Häuser, auf die er im Moment schaute. Er wusste auch, dass Alexanders Unterkunft in der Nähe der Rue de Grenelle lag, daher versuchte er nun, sich zu

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