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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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Verstand wirbelten noch viele Fragen durcheinander.
    »Du wusstest, dass sie mich geschnappt hatten?«
    »Dein Vertrauter, Simpson, kam zu mir.«
    »Aber woher wusste er von dir?«
    »Keine Ahnung. Es reicht doch, dass er zu mir kam, oder nicht, Jack? Aber jetzt müssen wir uns wirklich beeilen. Uns bleibt nicht viel Zeit. Ich werde dich in Sicherheit bringen. Aber dann muss ich sofort zurück, damit man mich im Hôpital nicht vermisst. Der Mond steigt höher. Wir müssen uns in den Schatten halten, so gut es geht.«
    Alexander half seinem Bruder auf die Beine und deutete in die Richtung, die sie einschlagen mussten. Sie schlichen ostwärts davon, fort vom Invalidendom. Doch Steel konnte nicht widerstehen, einen letzten Blick zurückzuwerfen. Als er sich umdrehte, leuchtete die Kuppel im Mondlicht. Mit einem grimmigen Lächeln malte er sich aus, wie Malbec die Dachkammer leer vorfinden würde. Der Franzose würde kochen vor Wut, sobald er merkte, dass sein Gefangener entkommen war.
    »Wohin willst du mich bringen, Alexander?«
    »Ich kann dir nur den Weg dorthin zeigen, mitkommen kann ich nicht. Das Viertel heißt Cour des Miracles, in London vergleichbar mit St. Giles oder Tottenham Court. Dort wimmelt es nur so von Huren, Halsabschneidern und Verbrechern, dass es eigentlich keinen besseren Ort für dich gibt«, setzte er mit einem Lachen hinzu.
    »Wenn ich nicht so ausgelaugt wäre, würde ich dir dafür eine verpassen!«, zischte Steel.
    »Ach, komm, Brüderchen. Willst du etwa leugnen, ein Spion zu sein? Deshalb hast du dich der Täuschung schuldig gemacht und bist nicht besser als die zwielichtigen Gestalten in den dunklen Gassen von Paris oder London.«
    Steel spürte, wie Wut in ihm hochstieg. »Täuschung ja, aber im Namen der Ehre.«
    »Pah! Deine Ehre ist die eines Zinkers beim Kartenspiel. Glaub mir, der Ort wird sicher für dich sein, bis du die Stadt verlassen kannst. Und da ich dir jetzt schon zum zweiten Mal das Leben gerettet habe, darf ich doch wohl hoffen, dass du dich eines Tages revanchierst, oder?«

10.
    Sie durchquerten die schlafende Stadt so schnell sie konnten und hielten zuerst auf die Gärten der Tuilerien zu, später eilten sie in Richtung Place des Victoires.
    Auf dem Weg dorthin erzählte Alexander seinem Bruder einiges über das Viertel, in das sie wollten – über den Ort, an dem Steel in Sicherheit sein sollte. »Ein Rattennest, sage ich dir«, meinte Alexander, »aber eins, wie du es noch nie gesehen hast.«
    Selbst zu dieser späten Stunde waren die Straßen in der Nähe der Tuilerien erstaunlich gut beleuchtet, denn hier brannten Tausende Laternen, die alle vierzig Fuß an Ketten neben den Straßen hingen. Allmählich jedoch, als der Weg sie weiter von den Palästen und den stattlichen Gebäuden wegführte, wurde das Licht spärlicher. Als sie die Place des Victoires erreichten, waren die Laternen gänzlich verschwunden, nur der Mond schien noch auf das Viertel.
    Alexander führte Steel tief in das Labyrinth aus Straßen in La Villeneuve. Nachdem sie rechts abgebogen waren, setzten sie ihren Weg durch ein Gewirr aus engen Gassen fort.
    »Die Behörden«, fuhr Alexander fort, »haben die Existenz dieses Viertels stets geleugnet. Du würdest es auf einer Karte vergebens suchen. Natürlich würde niemand, der bei Verstand ist, nachts hierherkommen, und tagsüber nur Diebe und Huren. Aber du passt hier ganz gut hin. Hast du dich nie gefragt, wohin die Schurken, Gauner und Bettler von Paris sich in der Nacht verziehen? Nun, das hier ist der Ort, wo sie ihre Verkleidungen fallen lassen.«
    Sie eilten in nordöstlicher Richtung durch die Gassen. Steel, der jeden Knochen im Körper spürte, konnte mit seinem athletischen Bruder nur mühsam Schritt halten. »Und hier soll ich sicher sein? Warum sollten sie mich nicht einfach umbringen?«
    »Dir wird nichts geschehen, solange du dich an den Mann hältst, der in diesem Viertel herrscht«, erwiderte Alexander. »Man nennt ihn den Kaiser. Frag mich nicht, warum. Simpson hat Verbindungen bis hierher. Er hat alles arrangiert.«
    Nach einer Weile blieben sie stehen. »Jetzt pass auf«, fuhr Alexander fort. »Halte dich von hier aus immer rechts, bis du in die Rue St. Sauveur kommst. Von dort ist es einfach. Folge deiner Nase. Ich kann nicht mehr mitkommen. Und denk dran, Jack. Was auch immer dein Instinkt dir rät, an diesem Ort sind alle kriminell. Wenn du das vergisst, bist du ein toter Mann. Du bist jetzt auf der Flucht, stehst außerhalb des

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