Stefan Bonner und Anne Weiss
Kühne aus Hamburg. Er hat Medienwissenschaften studiert, einen brillanten Abschluss hingelegt und ist nach einem Praktikum nun Volontär in einer PR-Agentur.
So schlecht ist es für ihn also nicht gelaufen. Doch Tobias ist unzufrieden. Der Job macht zwar Spaß, doch die viele Arbeit wird mit einem Kleckerbetrag entlohnt, der Tobias eher wie eine »Über lebenshilfe« vorkommt – er verdient im Monat rund 1400 Euro brutto, netto bleiben immerhin noch 900 Euro übrig. Für einen Volontär ist das eigentlich schon viel – mancher Rentner muss sich mit weniger begnügen.
Trotzdem ist Tobias nicht zufrieden, er hat mehr erwartet. Die Hälfte vom Geld geht schon für die Miete drauf, und dabei muss er sich mit einem äußerst mittelmäßigen Apartment abfinden; geträumt hatte er von einer ausladenden, schicken Dachter-rassenwohnung. Aber die Mieten sind hoch in Hamburg, ebenso der sonstige Lebensunterhalt: Zieht er die Kosten für Lebensmittel, Versicherungen, Telefon, Internet und Monatskarte ab, bleiben Tobias meistens noch runde zweihundert Euro im Monat. »Und davon soll ich dann noch etwas ansparen, für die Rente Vorsorgen und am besten noch Kinder in die Welt setzen«, meint Tobias und zuckt mit den Schultern.
Für den Luxus, der für die Generation Doof ein unveräußerliches Grundrecht zu sein scheint, bleibt da nicht mehr viel übrig. Das hatte sich auch Tobias anders vorgestellt. »Ich habe ein Drittel meines Lebens mit meiner Ausbildung zugebracht«, erklärt er, »ich frage mich, wofür eigentlich.«
Die Anfangsjahre sind ein hartes Brot. Kleinere Unternehmen in der PR-Branche bezahlen auch später nicht so üppig, wie Tobias sich das einmal gedacht hatte. Und er ist kein Einzelfall. Vielen Akade mikern geht es so wie ihm, selbst wenn sie nach dem Studium direkt einen Job bekommen. Sie verdienen nach dem Studium oft nicht mehr als eine Verkäuferin im Supermarkt – und auch die meisten dieser Berufstätigen verdienen weniger, als sie es sich erhofft hatten.
Da ist zum Beispiel Samira Jorksch aus Bremen. Nach der Realschule hat sie sich um eine Lehrstelle im Einzelhandel beworben und wäre wohl auch genommen worden, wenn sie nicht abgesagt hätte. »Die wollten mir gerade mal achthundert Euro im Monat zahlen«, erinnert sie sich verärgert. »Brutto, glaube ich – oder doch netto?« Samira sucht seitdem nach einem lohnenderen Zeitvertreib – seit anderthalb Jahren.
Selbst Sybille Wacker, PR-Mitarbeiterin eines Großkonzerns, gibt zu: »Ausbildungsplätze im Einzelhandel sind nicht so sexy.« Und so wird die Nachwuchsarbeit für viele Firmen zum Showge-schäft. Wie so manches wird auch der Job zum Lifestyle-Produkt. Folgerichtig kreierten Wackers Kollegen im Jahr 2005 die TV-Kampagne Lidl sucht den Superazubi. Sie hätten sie genauso gut Schöner bewerben nennen können. Aber die Generation Doof will eben auch im Job behandelt werden wie ein Superstar.
»Ich glaube an den rheinischen Gottesbeweis. Der lautet: Von nix kütt nix.« Dieter Nuhr Neben den gebremsten Verdienstmöglichkeiten ist für die Genera tion Doof vor allem bedauerlich, dass es keine Chancengleichheit gibt, obwohl man uns das immer wieder gepredigt hat. Schon früh tat man uns beigebracht, dass es wichtig ist, auf andere einzugehen und einen Konsens zu finden. Alle sind gleich und haben dieselben Rechte: Wir formen einen Stuhlkreis, wir bilden eine Arbeitsgrup pe, wir sind tolerant, wir sind teamfähig, alles klar, wunderbar. Wer sich anstrengt, der wird es schon automatisch zu etwas bringen.
Nach dem ersten Kontakt mit der Berufsrealität merken wir je doch rasch, dass wir uns das schöne Getue in die Haare schmieren können. Ob man wirklich etwas kann, spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass man jemanden kennt. Alles, was man braucht, sind Kon takte, ein »Netzwerk« oder schlicht das viel beschworene Vitamin B, das Epo der Berufswelt. Wenn wir nicht durch Verwandte in einflussreichen Stellungen drankommen, hilft Vitamin B6 – bos-haft auch »Hochschlafen« genannt.
Der Einsatz ist hoch, die neuen Spielregeln sind hart, und sie passen eigentlich nicht zum sonnigen Gemüt der Generation Doof. Wir hatten uns das ganz anders vorgestellt. Es ist ein wenig so, als hätte man die Pilgerväter schon mit dem Versprechen in die Neue Welt segeln lassen, dass dort Fastfood-Ketten, beheizte Häu ser, Strom und an jeder Ecke ein Starbucks-Café auf sie warten. Letztendlich haben die Probleme unserer Generation beim Berufseinstieg jedoch
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