Stefan Bonner und Anne Weiss
lustig vor sich hin dilettiert, und Chefs, die mangels eigener Kenntnisse auf solche Leute vertrauen müssen und dabei selbst im Nebel der Unwissenheit umhertappen?
Das muss nicht unbedingt geschehen. Auch unter den Jünge ren gibt es zum Glück einige, die zeigen, wie man mit den spezi-ellen Schwierigkeiten unserer Generation erfolgreich fertig werden kann.
Best Practice – Leute, von denen eine ganze Generation lernen kann Die Hoffnung kommt oft dann, wenn man sie am wenigsten er härtet. Über uns brach sie an einem lauen Sonntagmorgen beim Frühstück in einem Kölner Café herein. Beim Anblick der leicht bekleideten und im Tempo einer Wellhornschnecke arbeitenden Bedienung fragten wir uns, ob unsere Generation wohl in beruf licher Hinsicht als Totalausfall in die Annalen Deutschlands ein gehen würde. Wie würden unsere Enkel einmal über die Nestho-cker, Langzeitpraktikanten und Work-Abstinenzler der Generation Doof urteilen?
Als die gelangweilte Wellhornschnecke endlich Rührei und Toast gebracht hatte, blätterten wir durch die Frankfurter Allge meine Sonntagszeitung und blieben schließlich im Ressort »Beruf & Chance« hängen. Der Artikel »Gute Zeiten, schlechte Zeiten« sprach endlich das aus, worauf die Generation Doof lange warten musste: »Der geradlinige Lebenslauf ist passé.« Der Serpentinenweg in den Beruf, so war in der FAS zu lesen, sei eine Kampfansage an Spießer, Langweiler und Besserwisser, und angeblich lebten wir ja nicht, um den Ansprüchen von Personalchefs zu genügen. Ein Zickzack-Hürdenlauf im CV berge sogar Chancen für Unternehmen, solange Tatkraft aus ihm spreche. Kurz: Menschen mit einer Fülle von Lebenserfahrung erledigen einen Job oft besser als langweilige Musterknaben.
Großartig, dachten wir und dankten der FAS-Redakteurin ins geheim für das Licht am Ende des U-Bahn-Schachts, der die Arbeitswelt für viele von uns ist. So können Flaschen wie wir mit un-steten Patchwork-Lebensläufen also doch einen Hit landen. Und, wer weiß, vielleicht gibt es ja für die anderen Berufslegastheniker unserer doofen Generation ebenfalls noch Hoffnung. Dafür aller dings müsste erst mal umgedacht werden – und das steht bei uns nicht gerade unter »Fähigkeiten und Kenntnisse« im Lebenslauf.
Natürlich kann man auch auf Umwegen ans Ziel gelangen, doch wer es auf der flexiblen und kreativen Route schaffen will, muss einige Fertigkeiten mitbringen, die vielen Doofen abgehen: Mut, Lernfähigkeit, Ideenreichtum und eine Menge Eigeninitiati ve. Man muss Chancen erkennen und nutzen, wenn sie sich einem bieten, und nicht erst jahrelang darüber nachdenken, ob sich ein solcher Schritt auch wirklich lohnt.
Und manchmal muss man sogar dort Chancen suchen, wo das Gras der Hoffnung nicht sprießt. So hat es zum Beispiel Da vid Schumann angestellt. Er ist einunddreißig Jahre alt und hat es dank seines Goldnäschens zu der Modelkarriere gebracht, von der viele Möchtegern-Sexsymbole nur träumen. Vor wenigen Jahren reiste er als Student nach Japan, mit dem Ziel, seine Sprachkennt-nisse zu verbessern. Doch dann sprach ihn in Tokio aus heiterem Himmel eine wildfremde Frau an und fragte, ob sie Fotos von ihm machen dürfe. Das Shooting für eine Modefirma brachte David umgerechnet zwar nur schlappe dreihundert Euro ein, doch trotz des geringen Verdienstes ließ er sich nicht entmutigen. Er hatte Blut geleckt, blieb in Japan, bewarb sich bei diversen Agenturen und kassierte Dutzende von Absagen. Bis er eines Tages verschlief und unrasiert und mit strubbeligen Haaren beim Casting aufschlug. Der für dortige Sehgewohnheiten recht ungewöhnliche Auftritt begründete seinen Aufstieg zum beliebtesten Model in Japan. Der Lotterlook ist jetzt sein Markenzeichen, und die Japaner lieben ihn für dieses gewagte Outfit. David modelt heute für Marken wie Dol ce & Gabbana oder Stüssy. Er ist da, wo viele hinwollen, dank Flexibilität in der richtigen Situation, ein bisschen Glück und seiner Beharrlichkeit.
Auch von Promis können wir manchmal noch etwas anderes ler nen als die Art, wie man sich in einer Badewanne voller Schokomus räkelt. Einige Beispiele zeigen, was Durchsetzungswillen ausrichten kann, auch wenn anfangs mal etwas schief läuft: Barbara Schöneberger schmiss nach zehn Semestern Soziologie das Studium und wurde Moderatorin beim DSF; Eva Briegel studierte sieben Jahre lang fast alles, was die Alma Mater zu bieten hat, und machte dann mit der Musikcombo Juli die perfekte Welle; und Heike
Weitere Kostenlose Bücher