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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Generation Doof
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scheißegal. Aber lasst einfach Tokio Hotel in Ruhe. Wir sind stolze Tokio-Hotel-Fans und stehen auch dazu. Manche vielleicht nicht, weil sie Angst haben, dass sie in der Schule geschlagen werden oder so … Habt ihr das verstanden? Okay. Fertisch.«
    Immerhin: Angie brachte es insgesamt auf über siebenhunderttau-send Zuschauer. Anschließend hagelte es Angie-Hasser-Videos, die oft ähnlich schlecht waren wie der Clip, der den Aufruhr ausgelöst hatte. Der Spott der Kritiker war beißend. »Ich fand dein Video echt super, vor allem, als du sagtest, dass manchmal andere ver-kloppt werden, weil sie Fans sind. Oh, da hatte ich echt Mitleid: Die armen Menschen, die sich die Hände schmutzig machen muss ten«, so der Kommentar eines Users.
    Das ertrug Angie offenbar nicht. Nach kurzer Zeit meldete sie sich wieder zu Wort und bekannte einen Gesinnungswandel: »Hey Leute. Also, ihr wisst ja, wegen dem Tokio-Hotel-Video, was da mal war, und so … ehm … ich wollt nur sagen, dass ich kein To-kio-Hotel-Fan mehr bin, weil … Ich muss sagen, ihr habt mir echt den Kopf gewaschen dadurch.«
    Da erinnert man sich gerne an Bertolt Brecht, der einmal gesagt hat: »Ein Mann, der etwas zu sagen hat und keine Zuhörer findet, ist schlimm dran. Noch schlimmer sind Zuhörer dran, die keinen finden, der ihnen etwas zu sagen hat.«
    Doch das Geltungsbedürfnis der Generation Doof hat Vorteile für andere: Ein weiterer Grund dafür, dass Selbstdarstellungs-Sei ten wie Pilze aus dem Boden schießen, ist der schnöde Mammon.
    Mit den Träumen und Albträumen anderer Leute ließ sich schon immer gutes Geld verdienen. Und so ist auch mit dem Geltungsbedürfnis der Generation Doof etwas zu verdienen. Denn Klicks sind bares Geld wert, weil sie eine Internetseite für Anzeigenkunden interessant machen. Rupert Murdoch zahlte beispielsweise fünfhun dertachtzig Millionen Dollar für myspace, die Seite, auf der immer mehr Kids und Teens nach Freunden suchen, Tagebücher schreiben, flirten oder Videos und Fotos einstellen. Für Murdoch haben sich die Investitionen gelohnt: Myspace ist die viertgrößte englischspra-chige Webseite; jeden Tag melden sich über zweihunderttausend neue Nutzer an, insgesamt dürften es schon über hundertsechzig Millionen sein: eine virtuelle Geldmaschine. Die Generation Doof stört das wenig, wir bloggen und clippen, was das Zeug hält, denn wir haben zu viel Spaß daran, uns ein virtuelles Zweitleben aufzu-bauen, als dass wir uns Gedanken über den finanziellen Nutzen unserer Aktivitäten für andere machen könnten.
    Forever Young – Warum wir in Fantasiewelten flüchten Für sie ist es nur ein kleiner Schritt, für ihn ist es das große Geld, Shawn Gold, Marketingchef von myspace, weiß, was die User auf seine Webseite lockt: »Sie wollen sich selbst ausdrücken, sie wollen mit Freunden in Verbindung treten, und sie wollen ihre Popkultur ausleben.« Sich selbst darstellen und Fun haben, das ist die Botschaft von myspace. So werden wir wenigstens ein bisschen berühmt.
    »Berühmt bist du, wenn dein Name überall steht, nur nicht im Telefonbuch.« Henry Fonda Fun können wir ohne größere Probleme stundenlang und beinahe gratis im Internet haben: Hier finden wir jede Menge Spielkamera den, mit denen wir als Rollenspieler, Auktionator oder Chat-Part- ner in Kontakt treten können. Sie reagieren auf das, was wir tun: lassen sich über unsere Videoclips und Fotos aus, schicken uns Post auf unseren E-Mail-Account und scharen sich beim Rollenspiel um unseren Avatar, unser virtuelles Alter Ego, das wir mit den äußerli chen Merkmalen und Fähigkeiten ausstatten können, nach denen es uns gelüstet. Wer braucht heute noch Gentechnik?
    Doch so viel Beachtung im Netz bekommt der Generation Doof nicht. Wolfgang Bergmann vom Institut für Kinderpsycho logie und Lerntherapie in Hannover hat in unserer Altersgruppe einen neuen Persönlichkeitstyp ausgemacht, »einen sich ständig in den Vordergrund drängenden, unaufhörlich um ein bildungsleeres Selbst kreisenden, liebeshungrigen und emotional verarmten Charakter«. Demnach ist die Generation Doof doch kein Heer verkann ter Superstars, die noch entdeckt werden wollen, sondern lediglich eine verzogene Meute, die ständig um sich selbst kreist und vom Leben nur Spiel, Spaß und Spannung erwartet. Zum Glück gibt es ja mittlerweile genügend virtuelle Ersatzwelten, in denen man sich keine unflätigen Kommentare zur eigenen Unfähigkeit oder zum Rettungsring unter dem bauchfreien

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