Stefan Bonner und Anne Weiss
fällt uns nur selten auf.
Die Generation Doof fragt sich: Was soll die ganze Aufregung? Warum sollte man mit dreißig seine Freizeit anders verbringen oder sich anders kleiden als mit sechzehn? Was damals Spaß gemacht hat, macht doch auch heute noch Spaß. Warum sollte man andere Vokabeln verwenden als die eigenen Kinder? Man muss sich doch mit ihnen verständigen können – und statt den Kids die Mutter sprache durch die hübsche Wortwahl ihrer Mutter mühsam nahe zubringen, ist es viel lockerer, ihrem Sprachgebrauch einen Schritt entgegenzugehen. Sprache ist doch Sprache, verf**** noch mal.
Wir leben in einer Welt der Jugendlichkeit, und wer sich jung fühlt, der rubbelt sich halt abends gemeinsam mit Junior den Dau men am Gamepad warm. Das wirklich Schöne an der schönen neu en Welt: Die Grenzen der Generationen verschwimmen. Wir sind alle eins im virtuellen Spielzimmer. Die Generation Doof fühlt sich hier wieder ein wenig wie im guten alten Hotel Mama, als das Le-ben noch prima war, Fehler noch ausgebügelt werden konnten und sich Sorgen schnell in Luft auflösten. Die Welt außerhalb der Spiele empfinden wir als anstrengend und hart: Man muss selber Nahrung ranschaffen, sich einen Partner suchen, mit dem man es aus hält, Zukunftspläne schmieden und den Fahrplan des Öffentlichen Personennahverkehrs entschlüsseln können. Mit dieser Plackerei im real life ist die Generation Doof oft überfordert – und wir finden, dass wir uns in der Freizeit ein wenig sinnfreies Zeittotschlagen redlich verdient haben.
»Ich bin im Moment voll auf der Höhe der Jugend. Alle Dreißigjährigen tun mir wirklich
leid.« David Bowie Das geordnete Chaos des Alltags kommt einigen von uns sogar so kompliziert vor, dass sie lieber die Segel streichen, als Dauergast bei den Eltern zu bleiben oder den Lebensernst mit viel buntem Spielkram und lustigen Fernsehsendungen zu übertünchen. Wenn wir regelmäßig jede Woche CSI gucken, dann schafft das schon mal einen Fixpunkt in unserem ansonsten turbulenten Leben. Regel-mäßigkeit beruhigt.
Serienfiguren kennen wir nach kurzer Zeit in-und auswendig und erleben mit ihnen weniger böse Überraschungen als mit un seren unberechenbaren wirklichen Freunden. Und wenn wir da von genug haben, belebt ein Feierabendtalk mit Günther Jauch die Stimmung ungemein. Da palavern den ganzen Abend mehr oder weniger nette Menschen miteinander. Man glaubt mitzudiskutie ren, obwohl man die ganze Zeit den Mund hält, und fühlt sich dabei irgendwie mit der Welt hinter der Glotze verbunden.
»Das Fernsehen hat die Welt zu einem elektronischen Dorf gemacht.«
Herbert Marshall McLuhan Was im globalen Dorf so vor sich geht, können wir uns in der Kiste prima aus sicherer Distanz ansehen. Man bekommt Hilfe und Rat und braucht lästige Aufgaben und Herausforderungen nicht mehr selbst anzugehen.
Das Fernsehen löst für uns Probleme, indem es das richtige Le-ben ins Unendliche spiegelt und von allen Seiten beleuchtet: Real-life-Dokus zeigen uns, wie andere ihre Existenz bewältigen, und bieten damit eine praktische Gebrauchsanweisung für nahezu jede Lebenslage. Alle Gebiete sind abgedeckt: Bei Einsatz in 4 Wänden oder Wohnen nach Wunsch bekommen hilflose Messies eine kosten lose Komplettsanierung ihrer Rumpelkammer. Versägt noch mal! Heimwerker zwischen Lust und Frust zeigt uns freudige Dilettanten, die sich mit dem Bandschleifer die Glatze polieren, weil sie einem Profihandwerker nicht über den Weg trauen. Wem das Heim nach so vielen linkshändischen Umbauten überhaupt nicht mehr gefällt, der plant kurzerhand den Umzug in ein neues Zuhause. Schöner ist das Ganze natürlich für Frischverliebte, die ziehen nämlich in Un sere erste gemeinsame Wohnung. Was da dann so alles abgeht, kann man sich bei Abenteuer Alltag – So leben wir Deutschen ansehen. Wer sich clever anstellt, auf den wartet Ein Job – Deine Chance, und dann steht auch der weiteren Familienplanung nichts mehr im Weg. Mein Baby kann kommen. Wenn es anschließend mit der Erziehung nicht so recht klappt und der Dreikäsehoch die frisch von ProSieben renovierte Wohnungseinrichtung demoliert, helfen bekanntermaßen Die Super Nanny oder Die Supermamas. Die verordnen dem Nachwuchs kurzerhand für eine Stunde die umstrittene Sitztherapie. Für den Fall, dass abends mal ein Superstar auf ein Fischstäbchen vorbeischauen sollte, erklärt uns Das perfekte PromiDinner, in welchem Essen man getrost mit der Hand rumstochern darf und wie man
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