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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Generation Doof
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betreten, sind selbst schuld. Wir haben nämlich einen verdammt nervösen Zeigefinger und klicken schneller mit der Maus, als Windows abstürzen kann.
Selbst wenn wir im Alltagsleben als friedfertig gelten und unsere Mordgelüste nur am Bildschirm ausleben, sieht man uns gelegentlich schief an: Die Nachbarn grüßen nicht mehr, unsere Freunde suchen unser Wohnzimmer mit den Augen nach Waffen ab, und der Lebenspartner fesselt uns abends erst mal an einen Stuhl, bevor er uns den Rücken zukehrt.
    Wenn sich das persönliche Umfeld so verhält, dann ist wohl ge-rade mal wieder ein ganzes Spiele-Genre in Verruf geraten, weil ein Verrückter Amok gelaufen ist und man in seiner Bude Ballerspiele und Actionfilme gefunden hat.
    Trösten wir uns. Weltweit geht es Millionen von Computerspie-lern und Filmfans nicht anders. Der Ruf des Ballerspiels ist ruiniert, also könnten wir eigentlich ganz ungeniert weiterspielen. Doch selbst wenn wir uns trotz des Bodycounts noch für halbwegs normal hal-ten, fragen selbst wir uns manchmal, ob die Berichterstattung nicht doch recht hat – denn bei den Unmengen von Doofen, die es wie wir gerne krachen lassen, ist die Chance, dass tatsächlich ein Amokläufer dabei ist, verdammt hoch.
    »Killerspiele« und Gewaltfilme sind beliebt wie selten: Der Shoo ter Half-Life 2 brachte es auf über 4 Millionen verkaufte Exemplare, das ähnliche Spiel Doom 3 auf über 1,7 Millionen. Und die deut sche Spieleschmiede Crytek verkaufte von ihrem Ballerspiel FarCry mehr als 2,4 Millionen Exemplare an potenzielle Serienkiller. Den Sandalenschocker 300 sahen hierzulande über 600 000 angeblich empfindungslose Kinobesucher, und das Folterfilmchen Hostel zogen sich eine halbe Million deutscher Schmerzfreunde rein. Das sind eine ganze Menge Menschen, die in Verruf geraten, lieber mit der Pumpgun einkaufen zu gehen und ihre Schulnoten mit dem Springmesser zu verhandeln.
    »Eine Million Deutsche spielen Counterstrike, das sind doch auch nicht alles Massenmörder.«
    Cevat Yerli, Mitgründer von Crytek Gewalttätige Computerspiele können aggressives Verhalten, aggressive Wahrnehmung und aggressive Gemütszustände fördern«, meint Dr. Tilo Hartmann, der in Los Angeles auf dem Gebiet der Medieninteraktion forscht. Er bestätigt grundsätzlich die These vom Spielefreund, der durchdrehen könnte. »Nach dem Spiel ist die Gewaltbereitschaft gesteigert – die Welt erscheint feindlicher.« Dennoch verschiebt sich unsere Realitätswahrnehmung in den meisten Fällen nicht so stark, dass die Leute gefährdet sind, die wir noch nie leiden konnten.
    Wie oft kommt es vor, dass wir nach einer Runde Counterstrike in der Dönerbude Außerirdische vom Planeten Pita vermuten, von denen wir glauben, dass sie uns mit dem Tsatsiki-Strahler töten wollen? Wie oft denken wir, dass der Fleischklumpen am Spieß schockierende Ähnlichkeit mit unserem besten Kumpel hat, und pusten deswegen die gesamte Besatzung der Dönerbutze über den Bosporus?
    Solche Fälle sind eher selten, wie Sie zugeben werden. Vielleicht sind wir nach dem Genuss eines Computerspiels nicht mehr so geduldig mit unserem dementen Opa und unserer gefallsüchtigen Freundin. Aber deswegen greifen wir noch lange nicht zur Hand-granate.
    »Ich habe in meiner Jugend auch viele Horrorfilme gesehen, aber trotzdem ist die Zahl der Personen, denen ich mit einer Axt den Schädel gespalten habe, überschaubar.«
    Günther Jauch Verharmlosen sollte man die Effekte von Gewaltfilmen und -spielen allerdings auch nicht: Psychologen der University of Michigan beobachteten in einer Langzeitstudie junge Männer und Frauen, die in ihrer Kindheit besonders viel Gewalt in Filmen oder Spielen mitbekamen. Tatsächlich stellte sich heraus, dass die Jungen in ihrem späteren Leben gegen ihre Freundinnen handgreiflich wur den, wegen eines Vergehens verurteilt oder des Öfteren durch rü pelhaftes Verhalten im Verkehr verknackt wurden. Frauen kamen bei dem Test nicht besser weg, jedoch neigten sie mehr zu indirekter Gewalt, lösten Probleme also eher mit wüsten Beschimpfungen oder einem Griff in die Intrigenkiste.
    Ballerspiele sind wohl kaum geeignet, den Gehirnen der Generation Doof zu ungeahnten Höhenflügen zu verhelfen. Ihre Wir kung kann man aber mit der von Schnaps vergleichen. Ein Gläs chen hin und wieder hat selbst Oma nicht ins Grab gebracht. Wer sich allerdings jeden Abend ein Fläschchen einverleibt, der wird abhängig und irgendwann debil. Mit Killerspielen ist das ähnlich: Nur

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