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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Generation Doof
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Glotze verbringen, kommen in der Schule oft nicht mit, sind überfordert und schneller gestresst. Ihr Pech, dass Hausaufgaben und Unterricht nicht mit einem mittel mäßigen Blockbuster mithalten können: Es gibt keine aufregenden Verfolgungsjagden, keine Special-Effects (außer im Chemieunter richt), statt schnellen Schnitten verharrt das Bild in einer Einstellung auf dem dickbäuchigen Lehrer, und Schlägereien wie auch Liebesszenen muss man notgedrungen selbst inszenieren. Da kann es filmverliebten Früchtchen schnell langweilig werden.
    Dass der übermäßige TV-Verzehr schädlich ist, steht wohl au- ßer Frage. Aber verblödet man deswegen zwangsläufig?
Wir Autoren hatten in den achtziger und neunziger Jahren unsere Sitz-und-Glotz-Zeit, von Sturm und Drang kann man da nicht wirklich sprechen. Unsere Ikonen waren Bruce Willis, Ma donna und Schwarzenegger. Statt Gedichte zu lernen schauten wir Terminator und Zurück in die Zukunft und kannten viele Dialoge auswendig. Wir sind mit Filmen aufgewachsen, die Dummheit feierten wie Manta, Manta und sich über Doofe lustig machten. Stephen King war uns immer viel näher als Bertolt Brecht.
Der Einfluss der Medien auf unsere Kindheit war geballt – was auch nicht immer folgenlos blieb. Unsere Eltern fragten sich sicher lich das eine oder andere Mal, ob ihre Kinder nicht ein wenig zu nahe am Wahnsinn gebaut hätten.
    Stefan erzählt:
    Juli 1986. Ich bin mit meinem Freund Patrick, genannt Patty, auf dem Weg von der Schule zu ihm nach Hause. Heute haben die großen Ferien begonnen, und wir freuen uns wie die Bekloppten. Der Sommer ist bislang perfekt: Die Sonne scheint fast ununter brochen, und das Thermometer fällt selten unter zwanzig Grad. Die meisten Kinder in unserem Alter toben schon seit Tagen im Freibad herum, machen Arschbomben vom Dreier und holen sich einen respektablen Sonnenbrand.
    Wir nicht. Wir haben die letzten Wochenenden und freien Nachmittage in Pattys Zimmer verbracht, im Halbdunkel hinter heruntergelassenen Jalousien. Und wir können uns wahrhaftig nichts Geileres vorstellen.
    Patty ist der erste Junge in meiner Klasse, der einen VHS-Video rekorder besitzt und dazu noch einen Fernseher auf seinem Zimmer hat. Seine Mutter hat ihm den geschenkt, als Trostpflaster für eine schmerzhafte Operation an seinen Kronjuwelen. Patty hat es wie ein ganzer Kerl genommen und uns nur die besten Actionfilme mit den coolsten Typen besorgt.
    Für das erste Ferienwochenende haben wir eine Marathon-sitzung geplant. Pattys Mutter ist nicht da, und wir wollen zwei Tage am Stück durchglotzen. Unser Proviant: zehn Tüten Chips, ein Kasten Cola und zwei Riesentafeln Schokolade.
    Nun trotte ich neben Patty her, den Schulranzen und eine Penntüte auf dem Rücken. »Was hast ‘n jetzt für Filme bekommen?«, will ich wissen.
    »Terminator, Rambo, Der weiße Hai und Tanz der Teufel«, antwortet Patty stolz. »In Tanz der Teufel hab ich gestern schon mal reingeschaut. Ist echt affengeil, wie da den Typen die Köpfe abge schlagen werden.«
Patty schließt die Haustür auf, und wir gehen die Wendeltreppe hinauf in sein Zimmer. Ich fläze mich auf das Sofa und mache es mir gemütlich.
    »Was gucken wir denn zuerst?«, frage ich.
»Mal überlegen«, sagte Patty und kratzt sich nachdenklich am Kopf. Unter seinem rostroten Haaransatz ist auf der Stirn eine Beu le zu erkennen. Die habe ich ihm verpasst, als wir neulich mit zwei armdicken Knüppeln das finale Laserschwertduell zwischen Luke Skywalker und Darth Vader nachgespielt haben.
Wir entscheiden uns für Der weiße Hai. Verglichen mit dem Zombie-Splatter, mit dem wir uns in den vergangenen Wochen die schulfreie Zeit versüßt haben, ist der Film eigentlich ganz harmlos. Viel Blut, ein paar abgebissene Arme und Beine, ein angeknabber ter Kopf ohne Augen. Halb so schlimm das Ganze.
Doch dann kommt die legendäre Stelle, an der der Haijäger Quint auf seinem Schiff vom Hai gefressen wird. Der Riesenfisch macht einen Satz aus dem Wasser, kracht auf das Deck des Fi-scherboots, und Quint rutscht dem Hai langsam ins Maul. Der beißt genussvoll zu. Erst sind die Beine dran, dann der Bauch, und schließlich nippelt Quint blutgurgelnd ab.
Super Szene, finden wir. »Boah, wie coo…«, setzt Patty an, doch da geht die Tür auf. Pattys Mutter. Ihre Wochenendverabredung hat sich zerschlagen.
»Was seht ihr euch da am helllichten Tag wieder für einen Mist an!«, mosert sie. »Ihr werdet später bestimmt mal total bekloppt.« Dann verschwindet

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