Stefan Bonner und Anne Weiss
Truman Burbank in dem Film Die Truman Show. Truman lebt seit seiner Geburt in einem gigantischen Fernsehstudio, ohne es zu wissen. Sein bishe riges Leben wurde in alle Welt ausgestrahlt, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Truman hat am Ende des Films die Wahl: Er kann in dem bequemen, geisttötenden Käfig des Fernsehstudios bleiben oder durch einen Ausgang in die rich tige Welt fliehen.
Die gesamte Generation Doof steht vor einer ganz ähnlichen Entscheidung. Entweder wir machen es uns bequem und lassen uns weiterhin bereitwillig von seichter Unterhaltung einlullen, oder wir gehen den Weg, den wir ohnehin schon eingeschlagen haben, konsequent zu Ende. Denn vom flüchtigen Nebenbeisehen ist es nur ein kurzer Weg zum Wegsehen bei den schlimmsten dämlichen Shows, Internetvideos oder Videospielen. Besser wäre: abschalten, wegklicken oder gar nicht erst kaufen.
Die Generation Doof ist intensiv genug mit den neuen Medi-en aufgewachsen, um insgeheim zu wissen, dass man sich genauso leicht von ihnen befreien kann, wie sie einen in ihren Bann schlagen. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass man sich vollkommen davon befreit wie Katharina und Sebastian. Aber man muss auch nicht jeden hanebüchenen Schwachsinn anschauen. Falls sich dann demnächst auf einem Privatsender mal wieder eine lispelnde Blon dine mit einem süßen »Guten Abend!« und gesammeltem Boule vardschrott bei uns meldet, machen wir es wie Truman, der sich am Ende für die Freiheit entscheidet. Wir schalten den Fernseher aus und verabschieden uns mit den Worten: »Falls wir uns nicht mehr sehen sollten: Guten Tag, guten Abend und gute Nacht!«
Gute Nacht? Aber sicher doch. Wer ausschaltet, kann seine Frei zeit sinnvoller verbringen – unter anderem mit klassischen Gesell schaftsspielen wie Liebe, Sex und Zärtlichkeit. Ein klarer Vorteil, wenn wir den Partner fürs Leben und dauerhaftes Glück suchen. Dabei lernt auch die Generation Doof schnell die wichtigste Spielregel: Mehr Zeit ist gut, denn wer länger kann, kann besser.
KAPITEL 5
Liebe – Für die einen ist es Sex, für die anderen ist es das längste Kuscheln der Welt
»Liebe ist ein Wort. Elefantenscheiße auch.«
Graffito
Es steht außer Frage: Ohne Liebe und Sexualität wäre unser Pla-net ein besserer Ort. Der Anblick von Partnerlook bliebe uns erspart, Eifersucht wäre nicht mehr eines der beliebtesten Mord motive, Kollegen bräuchten sich nicht mehr in Abstellkammern zu treffen, und die Helden in Actionfilmen müssten nicht dauernd ihrer entführten Geliebten nachjagen, die sich die Stimmbänder aus dem Hals kreischt.
Wenn es keine Liebe gäbe, hätte man endlich mehr Zeit für den Weltfrieden und die Auswahl der günstigsten Telefontarife, und niemand müsste sich jemals wieder in das enge Zwangs-korsett einer Zweierbeziehung mit lauter faulen Kompromissen zwängen.
Doch der Planet muss in Bewegung bleiben: Ohne Liebe und vor allem ohne Sex wäre es aus mit der Fortpflanzung – diesem Dilemma kann auch die Generation Doof nicht entkommen. Vor die Vermehrung hat der liebe Gott nun mal die Partnerbeziehung gestellt, wenn sie auch mitunter von äußerst kurzer Dauer sein mag.
Wie der Rest der Erdbevölkerung verfährt auch die Generation Doof: Wir sind auf der Suche nach dem Menschen, der uns so liebt, wie wir sind. Die Voraussetzung ist nur, dass dieser Mensch in Lie besbeziehungen entweder den gleichen Dilettantismus an den Tag legt wie wir, oder, noch viel besser, überhaupt nicht bemerkt, wie dämlich wir uns in Sachen Partnerschaft anstellen.
Denn mit der Liebe hält es die Generation Doof wie mit allen anderen Lebensbereichen. Wir reduzieren sie auf das Wesentliche: Nur so viel Bildung wie gerade nötig, um zu wissen, dass Mines trone kein italienischer Minister, sondern eine Gemüsesuppe ist; Erziehung, bei der man die Kinder vor dem Fernseher parkt, weil man es möglichst ruhig haben will; und Unterhaltung, die unsere Gehirnzellen lahm legt, damit wir abschalten können. Warum soll ten wir uns in Herzensdingen mehr Mühe geben?
Die Liebe ist für uns eine Insel, auf die wir uns vom Alltag aus gesehen zurückziehen können, oder eine Möglichkeit, körperliche Grundbedürfnisse auszuleben. Kurz: Entweder wir kuscheln, bis der Arzt kommt, oder wir geben beim Vögeln Gummi, ohne darauf zu achten, mit wem wir das tun.
»Es ist schon toll, was heute alles möglich ist in der Welt der zwischenmenschlichen Beziehungen.« Heike Makatsch
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