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Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Titel: Stefan George - Karlauf, T: Stefan George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Karlauf
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Kostprobe aus einem frühen Stück Lerberghes, »Les Flaireures«, einem Dreiakter für Marionettentheater, der in einer Einführung von Carl August Klein als »ursprung aller Maeterlinckiaden« bezeichnet wurde. 8

    Parteinahme gehörte zu den ehernen Redaktionsgrundsätzen der Blätter . Indem sie das angeblich Verkannte als das Besondere priesen, setzten sie sich geschickt gegen den Trend ab, ohne sich in die Niederungen der Kritik zu begeben. Nachdem der Naturalismus das traditionelle Theater gründlich in Misskredit gebracht hatte, war die Frage, wie es mit dem Theater generell weitergehen sollte, seit einigen Jahren Dauerthema in literarischen Kreisen. »In dieser langen und schon langweiligen Pause zwischen dem alten, welches nicht mehr erträglich, und dem neuen Theater, welches noch nicht erfindlich ist«, 9 meldeten sich regelmäßig auch die Blätter für die Kunst zu Wort. Drei Dinge standen einer Bühnenreform aus ihrer Sicht vor allem im Weg: mangelndes Gespür der Schauspieler für das Sprechen von Versen; die Blendung des Publikums durch sogenanntes Virtuosentum und grelle Dekoration; zuletzt der fehlende gesellschaftliche Rahmen, der Theater zum Ereignis mache. 1899 schritt man zur Tat. Um die eigenen Vorstellungen endlich in die Praxis zu überführen, habe man »eine bühne der ›Blätter für die Kunst‹ ins leben gerufen«; deren erklärtes Ziel sei die »wiedergeburt des schauspiels durch den Vers «. 10 Wie so vieles in diesen Jahren blieb auch der Wunsch nach einer eigenen Bühne ein Traum.
    Während Maeterlinck an vielen europäischen Theatern als große Hoffnung gefeiert wurde, hatte man sich im Kreis der Blätter auf die Linie Gérardys verständigt, dieser Dichter werde seinem Ruf als Erneuerer des Dramas nicht gerecht. Man dürfe sich durch den Rummel um ihn nicht täuschen lassen. Dabei hatte der phänomenale Erfolg Maeterlincks George besonders fasziniert. Mit einer einzigen Rezension, einer Kritik von Octave Mirbeau, der ihn aufgrund seines ersten Dramas La princesse Maleine 1889 im Figaro zum zweiten Shakespeare ausrief, war er über Nacht berühmt geworden. Noch Jahre später schwärmte George von diesem Coup: es müsse wundervoll sein, eines Morgens aufzuwachen und berühmt zu sein. 11
    Für George lagen Ruhm und Erfolg in weiter Ferne. In Albert Verwey hatte er jemanden gefunden, der ihm nützliche Hinweise gab und ihn nach Kräften unterstützte, sogar beim schnöden Vertrieb. Um den Absatz der Blätter für die Kunst in Holland zu fördern,
schaltete Verwey seinen Verleger ein, der ihm zwei Monate später allerdings mitteilte, dass nicht viel zu machen sei; am Ende fanden sich zwei Abonnenten. Die von George kolportierte Legende, es seien »von einem Heft der Blätter in der einen Stadt Utrecht mehr Exemplare bestellt [worden] als in ganz Deutschland«, entbehrte jeder Grundlage. Immerhin wurden in einem späteren, auf etwa 1903 zu datierenden Abonnentenverzeichnis der Blätter von 151 Beziehern 13 mit holländischer Anschrift geführt, das entsprach 8,6 Prozent. 12
    Es gab Wichtigeres als den Verkauf der Zeitschrift. Vor allem musste sich George von dem Ruf befreien, ein gelehriger Schüler der Franzosen zu sein. Sein Wunsch, sich von den Übervätern in Paris abzusetzen, deckte sich mit Verweys Vorbehalten gegen die aus Frankreich drohende Ästhetisierung der Kunst um ihrer selbst willen. Verwey vertrat den Standpunkt, dass jede Nation, ihrer Geschichte und Sprache gemäß, die ihr eigene Kultur entwickeln müsse. Dabei hatte er in erster Linie natürlich die Kunst des eigenen Landes vor Augen, das seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ununterbrochen starken französischen Einflüssen ausgesetzt gewesen war. Verweys Betonung der nationalen Autonomie in der Kunst führte einige Jahre später zu einem heftigen Disput mit George über die Bedeutung Rembrandts. Vorerst war die gemeinsame Frontstellung gegen Frankreich jedoch ein starkes Bindemittel zwischen ihnen. Hatte Verwey in seinem ersten Aufsatz noch den verderblichen Einfluss Baudelaires beklagt, so konnte er drei Jahre später mit Befriedigung feststellen, dass George die Decadence der Symbolisten endgültig hinter sich gelassen habe. 13

2
    Es sei ihm rätselhaft, hatte George im Januar 1892 geschrieben, was er nach dem Algabal noch dichten solle. Um die Schaffenskrise zu überwinden, hatte er damals vehement den Aufbau seiner Zeitschrift vorangetrieben und parallel dazu versucht, sich durch eine rege

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