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Steh zu dir

Steh zu dir

Titel: Steh zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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kaum. Sie waren so schön wie ihre Mutter, aber für ihn nahezu Fremde, obwohl er sie zweimal jährlich besuchte. Natalya ließ sie nicht in die Staaten, damit sie ihn besuchen konnten. Und die Gerichte in New York hatten ihr gegenüber keine Handhabe. Sie war ein Luder und zog ihn bei der Scheidung kräftig über den Tisch. Das war ein Jahr nachdem Carole mit den Kindern aus Paris zurückgekehrt war und nach L. A. zog. Er und sie hatten in New York gelebt, aber in Los Angeles war sie ihrer Arbeit näher. Außerdem war es nach Paris ein Neuanfang. Jason hatte versucht, Carole zurückzugewinnen. Aber es war zu spät. Sie wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Als er sich in Natalya verliebte, war er einundvierzig und litt offenbar unter einer Midlifecrisis. Mit fünfundvierzig war ihm das alles klar, aber die Einsicht kam zu spät.
    Carole hatte ein paar Jahre gebraucht, um ihm zu verzeihen. Und Jason hatte nie wieder geheiratet. Mit neunundfünfzig war er erfolgreich und allein. Niemals würde er Caroles Gesichtsausdruck vergessen, als er ihr sagte, dass er sie verließ. Sie sah aus, als hätte er auf sie geschossen. Tausend Mal war er diese Szene seither im Kopf durchgegangen, und er wusste, dass er sich das nie verzeihen würde. Aber jetzt zählte nur, dass sie am Leben war und es ihr gut ging. Dass sie nicht die verletzte Frau im Krankenhaus war. Als er an Bord ging, wusste er, dass er sie stärker liebte als je zuvor. Während des Fluges betete er still. Das hatte er nicht mehr getan, seit er ein Junge gewesen war. Jason war bereit, jede Abmachung mit Gott zu treffen, wenn es Carole nur gut ging.
    Schlafen konnte er nicht. Er dachte an sie, daran, wie Anthony geboren wurde, später dann Chloe, an den Tag, an dem er Carole kennenlernte … wie schön sie gewesen war mit zweiundzwanzig und es auch jetzt noch war, achtundzwanzig Jahre später. Sie hatten zehn wunderbare Jahre miteinander verbracht, und er hatte alles weggeworfen wegen Natalya. Er konnte sich nicht einmal annähernd vorstellen, was Carole damals gefühlt haben musste. Sie drehte gerade einen wichtigen Film in Paris. Er flog rüber, um es ihr zu sagen. Es war ein Nachtflug gewesen so wie heute. Er war mit einer Mission unterwegs, wollte frei werden, um Natalya heiraten zu können. Und jetzt betete er um Caroles Leben. Als die Maschine im strömenden Regen auf dem Charles-de-Gaulle-Flughafen landete, sah Jason müde und abgekämpft aus. Er hielt seinen Pass in der Hand, um keine Minute zu verlieren. Er konnte die Anspannung nicht länger ertragen und wollte so schnell wie möglich in dieses Krankenhaus, um das nicht identifizierte Opfer des Anschlags mit eigenen Augen zu sehen.
     

4
    Jason hatte nur seine Aktenmappe und die Reisetasche mit nach Paris genommen. Er hatte sich während des Fluges mit Arbeiten ablenken wollen. Aber die Aktenmappe blieb die ganze Zeit geschlossen, er hätte sich nicht auf irgendwelche Papiere konzentrieren können.
    Die Maschine landete um 6.51 Uhr Ortszeit in Paris und bekam eine Außenposition weit draußen auf dem Rollfeld zugewiesen. Die Passagiere mussten bei strömendem Regen die Gangway hinunter und in den wartenden Bus einsteigen, der sie dann zum Terminal brachte. Jason war so ungeduldig, in die Stadt zu kommen, dass er sich erst gar nicht setzte. Da er nur Handgepäck dabeihatte, war er schnell durch die Passkontrolle und saß um halb acht im Taxi. In stockendem Französisch nannte er dem Fahrer sein Ziel: das Krankenhaus Pitié Salpêtrière. Jason wusste, dass es im 13. Bezirk am Boulevard de l’Hôpital lag. Sicherheitshalber hatte er Namen und Adresse aufgeschrieben und reichte dem Fahrer den Zettel. Der nickte und fuhr los.
    Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte fast eine Stunde. Jason saß auf der Rückbank und versuchte sich einzureden, dass die Frau im Krankenhaus ganz sicher nicht Carole war. Das Ganze würde damit enden, dass er im Ritz saß und frühstückte. Womöglich kam Carole dann gerade von einem Ausflug zurück. Er wusste doch, wie unabhängig sie war, seit Seans Tod noch mehr als früher. Dennoch fragte er sich, was sie in Paris gewollt hatte. Und er konnte nur hoffen, dass sie nicht in der Nähe des Tunnels gewesen war, als der Anschlag verübt wurde. Aber warum lag dann ihr Pass im Hotel?
    Er wusste um ihre Vorliebe, anonym zu bleiben. Aber irgendjemand erkannte sie immer. Also konnte sie unmöglich die Frau im Krankenhaus sein. Und wenn sie entstellt war? Tausend schreckliche Gedanken

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