Steh zu dir
seine Chance vertan.
»Er regt mich nicht auf. Stattdessen regen mich meine Fehler von damals auf. Aber er ist unheimlich nett. Er hat mich um Erlaubnis gebeten, wiederkommen zu dürfen.«
Es hatte sie beeindruckt, dass er es nicht als selbstverständlich ansah, sondern fragte.
»Und? Hast du es ihm erlaubt?«, fragte Stevie gespannt.
Sie traute diesem Kerl nicht über den Weg.
»Ja, ich glaube, wir können Freunde sein. Es ist einen Versuch wert. Außerdem ist er ein interessanter Mann.«
»Das war Nero auch. Ich weiß nicht, warum, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass dieser Mann vor nichts Halt macht, um zu bekommen, was er will.«
»So war er früher. Aber das ist vorbei. Wir haben uns beide verändert. Er ist älter geworden.« Carole klang überzeugt, Stevie war es nicht.
»Darauf würde ich nicht wetten. Alte Liebe stirbt nur langsam.« Auf ihre traf das sicher zu. Aber Carole sagte nichts, sondern nickte nur.
Stevie machte es sich auf der Liege bequem, die für sie ins Zimmer gebracht worden war. Gegen Abend zog sie ihre Schlafsachen an, und die beiden ulkten, dass sie eine Pyjamaparty feierten.
Carole hatte ein schlechtes Gewissen, weil Stevie bei ihr blieb, statt im Ritz zu wohnen. Aber nach dem versuchten Mordanschlag wollte Stevie unbedingt in Caroles Nähe sein. Das hatte sie auch Jason versprochen. Er hatte sie nach dem Überfall ein paar Mal angerufen. Auch mit den Kindern hatte Stevie telefoniert. Es rührte Carole, dass sich Stevie solche Sorgen um sie machte. Bis spät in die Nacht redeten und kicherten sie wie zwei Teenager, während sich die Schwester draußen auf dem Flur mit den Wachen unterhielt.
»Das macht Spaß«, sagte Carole irgendwann und lachte.
»Danke, dass du hierbleibst.«
»Ich habe mich im Hotel auch einsam gefühlt«, gestand Stevie. »Ich fange tatsächlich an, Alan zu vermissen.« Sie war jetzt schon seit Wochen hier. »Er ruft oft an und hört sich langsam an wie ein Erwachsener. Das sind verdammt gute Nachrichten – schließlich ist er letzten Monat vierzig geworden. Er ist ein Spätentwickler.« Genau wie Stevie hatte er nie geheiratet. Aber in letzter Zeit begann er, davon zu reden und längerfristige Pläne für ihre Zukunft zu entwerfen. »Er hat mich zum Weihnachtsessen bei seinen Eltern eingeladen. Bisher haben wir die Festtage immer getrennt verbracht. Zusammen zu feiern erschien uns zu verbindlich. Das nennt man wohl Fortschritt, aber wohin? Ich mag unsere Beziehung so, wie sie ist.« Seine Pläne machten sie nervös.
»Was wäre die Konsequenz, wenn du heiratest?«, fragte Carole vorsichtig von ihrem Bett aus. Im Zimmer brannte nur ein Nachtlicht, ansonsten war es dunkel. Das verleitete zu vertraulichen Gesprächen, die sie sonst vielleicht nicht geführt hätten. Zwischen ihnen herrschte zwar große Offenheit, aber bestimmte Themen waren tabu. Deshalb hatte Carole diese Frage auch nie zuvor gestellt und zögerte selbst jetzt.
»Ich würde mich umbringen«, erklärte Stevie schlichtweg, und beide lachten. »Konsequenzen in welcher Hinsicht? Keine Ahnung … vermutlich nichts … ich hasse lediglich Veränderungen. Unser Apartment ist gemütlich. Er findet meine Möbel scheußlich, aber das ist mir egal. Vielleicht würde ich das Wohnzimmer neu streichen und noch einen Hund kaufen.« Stevie war nicht klar, warum sich etwas ändern sollte, aber die Möglichkeit dazu bestand. Durch eine Ehe hätte Alan größeren Einfluss auf ihr Leben, und genau deshalb wollte sie nicht heiraten.
»Ich meine in Bezug auf deinen Job.«
»Meinen Job? Was hat eine Ehe damit zu tun – es sei denn, ich heirate dich? Dann würde ich vermutlich bei dir einziehen.« Sie amüsierten sich beide köstlich darüber.
»Du arbeitest viele Stunden und verreist oft mit mir. Wir sind viel unterwegs. Und jedes Mal, wenn ich in einem Tunnel durch die Luft fliege, hängst du verdammt lange am Tatort fest«, erklärte Carole lächelnd.
»Ach, das meinst du. Verdammt, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Wahrscheinlich würde ich eher Alan aufgeben als meinen Job. Ich weiß es wirklich nicht. Wenn meine Arbeit bei dir ein Problem für ihn ist, dann kann er Leine ziehen. Meinen Job würde ich niemals aufgeben. Nicht, solange ich lebe.« Das war zwar beruhigend für Carole, aber sie wollte, dass Stevie glücklich war.
»Und wie denkt Alan darüber? Beschwert er sich manchmal?«
»Im Grunde nicht. Wenn ich zu lange weg bin, jammert er, dass er mich vermisst. Tut ihm
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