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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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absolut unmöglich, aber ich glaube, ich kann mal mit Tränen-des-Pilzes darüber reden, vielleicht – aber nur vielleicht – leiht sie Ihnen einen ihrer Töpfe. In diesem Falle muss ich ihr sagen, dass Sie eine ganz besondere Persönlichkeit sind, Kommandeur. Normalerweise wird ein Topf nur in Zeiten der Not weitergegeben, aber Tränen-des-Pilzes verbringt viel Zeit mit mir und hat inzwischen, wenn ich das so sagen darf, so etwas wie flexibles Denken gelernt. Außerdem hat sie, wenn ich das ebenfalls sagen darf, Sie ein wenig ins Herz geschlossen.«
    Dann ging sie weg und überließ den verdutzten Mumm und Klein-Sam sich selbst. Hier und dort taten die Goblins das, was sie eben so taten, hielten kleine Feuer am Brennen, schliefen, und viele von ihnen hantierten an ihren Töpfen herum. Einige saßen auch einfach nur da und starrten ausdruckslos ins Leere, wie ein Polizist, der sich fragt, wie man wohl phantasmagorisch buchstabierte.
    Ein neues Bild stieg aus den Tiefen von Mumms Erinnerung nach oben. Es handelte von einem Haufen kleiner blauer Männer, die alle »Potzblitz!« schrien. Ja, genau, die Wir-sind-die-Größten! Sie lebten ebenfalls in Löchern unter der Erde. Zugegeben, in ihren Löchern herrschte ein wesentlich gesünderes Klima als in diesem von Abfallhaufen gepflasterten Höhlensystem, aber wie man es auch drehte und wendete, letztendlich befanden sie sich in der gleichen Situation wie die Goblins. Auch sie lebten auf der Kippe, aber sie … Sie tanzten auf dieser Kippe, sie sprangen darauf auf und ab, zogen ihr dumme Fratzen, drehten ihr lange Rotznasen, weigerten sich, die Gefahren ihrer Situation zu sehen, und schienen ganz allgemein einen Riesenappetit auf das Leben, auf Abenteuer und Alkohol zu haben. Als Polizist sollte man so etwas nicht laut sagen, weil diese Kerle eine elende Plage sein konnten, aber ihre fröhliche, dreiste Art, mit der sie so gut wie alles angingen, hatte durchaus eine anerkennenswerte Seite …
    Jemand zupfte ihn am Ärmel. Mumm schaute in das Gesicht von Tränen-des-Pilzes, hinter dem Fräulein Kefer wie eine Gouvernante aufragte. Die anderen Goblin-Mädchen wiederum standen hinter den beiden wie ein ephebischer Chor.
    Die ernste Stimme aus dem kleinen Gesicht sagte: »Herzen müssen geben, Herr Poh-lie-zischt.«
    Mit grässlich schlechtem Timing mischte sich Fräulein Kefer wie eine hyperaktive Lehrerin ein, und Mumm freute sich insgeheim, als er einen flüchtigen Ausdruck des Zorns auf dem Gesicht von Tränen-des-Pilzes sah.
    »Sie meint, wenn sie Ihnen wegen des Topfes vertrauen soll, dann müssen Sie ihr ebenfalls etwas von ähnlichem Wert anvertrauen. Vermutlich würden Sie so etwas als Geiselaustausch bezeichnen.«
    Nein, bestimmt nicht, dachte Mumm und sah in die dunklen Augen des Goblin-Mädchens. Seltsam, sobald er hinter diese Züge blickte, die man bestenfalls als hausbacken – je nachdem, was man so zu Hause buk – bezeichnen konnte, wurden die Augen so menschlich, wie man sie sich nur vorstellen konnte. Sie besaßen eine Tiefe, wie sie nicht einmal die klügsten Tiere hervorbrachten. Seine Hand wanderte zur Brieftasche, und Fräulein Kefer sagte schneidend: »Mit Geld hat das nichts zu tun!«
    Er ignorierte sie, zog das Bild von Klein-Sam heraus, das er überall dabeihatte, und gab es Tränen-des-Pilzes vorsichtig in die Hand. Das Mädchen nahm es entgegen, als handelte es sich um einen sehr seltenen und zerbrechlichen Gegenstand – was es von Mumms Warte aus gesehen mit Sicherheit war. Sie betrachtete das Bild, dann den Jungen selbst, der sie fröhlich anlachte, und ihre Augen verrieten, dass die Grimasse auf ihrem Gesicht ebenfalls ein Lächeln darstellen sollte. Für Klein-Sam war die Goblin-Höhle ein interessantes Märchenreich. Es war einfach bewundernswert, dass er sich von nichts so leicht Angst einjagen ließ.
    Tränen-des-Pilzes warf noch einen Blick auf das Bild und dann auf Klein-Sam, dann sah sie wieder Mumm an. Sie schob das Bild vorsichtig in die Schürze und zog einen kleinen, irisierenden Topf hervor. Den hielt sie Mumm mit leicht zitternder Hand entgegen. Mumm nahm ihn behutsam in beide Hände. Tränen-des-Pilzes sagte mit ihrer eigenartigen Stimme, die sich wie ein lebendiger Aktenschrank anhörte: »Herzen haben gegeben.« Was Mumm beinahe in die Knie zwang.
    Er dachte: Es könnte ebenso gut ihr Kopf sein, der dort grinsend an der Kneipenwand hängt! Jemand wird dafür bezahlen!
    Irgendwo ganz hinten in seinem Bewusstsein meldete sich

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