Steife Prise
Vorschlag klingen; für einen erfahrenen Ehemann war es ein Befehl, der umso mächtiger wirkte, weil er so feinfühlig erteilt wurde.
Als nun also Sir Samuel Mumm und Kommandeur Mumm und Seine Gnaden der Herzog von Ankh 6 nach dem Frühstück spazieren gingen, zeigten sie sich alle von ihrer besten Seite. Ganz im Gegensatz zu anderen Leuten, wie sich noch herausstellen sollte.
Als Mumm auf dem Flur einem Zimmermädchen, das gerade beim Ausfegen war, begegnete, sah ihn die junge Frau erschrocken an, drehte ihm den Rücken zu und blieb dann so stehen, die Augen starr auf die Wand gerichtet. Sie zitterte vor Angst, und Mumm hatte gelernt, dass ein Mann unter derlei Umständen auf gar keinen Fall eine Frage an das betreffende Frauenzimmer richten und ihm schon gar nicht eine hilfreiche Hand anbieten sollte. Denn das konnte lautes, unkontrolliertes Kreischen zur Folge haben. Vermutlich war sie einfach nur schüchtern, sagte er sich.
Aber ihre Schüchternheit war anscheinend ansteckend: Auf seinem weiteren Weg durch das Haus traf er auf jede Menge Dienstmädchen, die Tabletts trugen oder Staub wischten oder fegten, und jedes Mal, wenn er in ihre Nähe kam, drehten sie sich verschämt um und hielten den Blick starr auf die Wand gerichtet, als hinge ihr Leben davon ab.
In einem langen Korridor, der mit den Vorfahren seiner Frau gesäumt war, hatte Mumm genug von dem Theater, und als eine junge Frau mit einem Teetablett in der Hand bei seinem Anblick herumwirbelte wie eine Tänzerin auf einer Spieldose, sagte er: »Entschuldigung, Fräulein, aber bin ich wirklich so hässlich?«, was ja nun wirklich netter war, als sie zu fragen, warum sie sich so unhöflich aufführte. Warum also ergriff sie in Dreigötternamen sofort die Flucht und rannte mit schepperndem Geschirr den Flur entlang? Sofort übernahm der Kommandeur das Kommando über die multiplen Mumms; der Herzog wäre zu ehrfurchtgebietend, und der Tafelwart wäre die noch schlechtere Wahl gewesen. »Halt! Stehen bleiben! Sofort! Stell das Tablett auf den Boden und dreh dich ganz langsam um!«
Das Mädchen bremste seinen Lauf ab, rutschte tatsächlich ein Stück über den Boden und drehte sich dann, das Tablett immer noch fest in den Händen, in perfekter Anmut um. Dann blieb sie zitternd vor Angst so stehen.
Mumm ging zu ihr und fragte: »Wie heißt du, Fräulein?«
»Höttges, Euer Gnaden«, antwortete sie und hielt dabei das Gesicht halb zur Seite gewandt, »und es tut mir schrecklich leid, Euer Gnaden.« Das Geschirr auf dem Tablett klapperte immer noch.
»Ich kann bei dem Geklapper überhaupt nicht nachdenken«, sagte Mumm. »Stell die Sachen doch vorsichtig auf dem Boden ab, ja? Dir passiert doch nichts, und ich würde gerne sehen, mit wem ich mich unterhalte. Vielen Dank.«
Das Gesicht wandte sich ihm widerstrebend zu.
»Na bitte«, sagte er. »Fräulein, äh, Höttges, was ist denn eigentlich los hier? Warum läufst du vor mir davon?«
»Bitte, gnädiger Herr«, sagte das Mädchen und hielt auch schon auf die nächstbeste, mit grünem Tuch bezogene Tür zu, durch die es verschwand. Erst jetzt fiel Mumm auf, dass nicht weit hinter ihm ein anderes Dienstmädchen, dessen dunkle Uniform wie eine Tarnung wirkte, ebenfalls zitternd und mit dem Gesicht zur Wand dastand. Da sie mit Sicherheit Zeugin des soeben Vorgefallenen war, ging er vorsichtig auf sie zu und sagte: »Du musst überhaupt nichts sagen. Einfach nur nicken oder den Kopf schütteln, wenn ich dir eine Frage stelle. Hast du mich verstanden?« Das Mädchen nickte kaum wahrnehmbar. »Sehr gut, wir kommen also voran! Bekommst du Ärger, wenn du mit mir sprichst?«
Wieder ein mikroskopisches Nicken.
»Ist es wahrscheinlich, dass du Ärger bekommst, weil ich mit dir geredet habe?« Das Mädchen zuckte die Achseln. Immerhin eine recht einfallsreiche Variante.
»Und das andere Mädchen?« Das unsichtbare Mädchen streckte die linke Hand von sich, deren Daumen energisch nach unten zeigte.
»Vielen Dank«, sagte Mumm zu seiner unsichtbaren Informantin. »Du hast mir sehr geholfen.«
Nachdenklich ging er wieder nach oben, vorbei an einem Spalier ihm zugekehrter Rücken, und war froh, als er unterwegs Willikins in der Waschküche antraf. Der Diener drehte ihm, wie Mumm erleichtert feststellte, nicht den Rücken zu. 7
Er legte gerade einen Stapel Hemden mit der gleichen Sorgfalt und Aufmerksamkeit zusammen, die er sonst womöglich dafür aufgewandt hätte, einem besiegten Gegner das Ohr abzuschneiden.
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