Steife Prise
anlässlich der Abschiedsparade für die frisch ausgebildeten Polizisten der Stadtwachenschule schreiben müssen. Stundenlang hatte er daran gesessen, wobei die Tatsache, dass für ihn jede Art von Literatur in jeder Hinsicht ein Buch mit sieben Siegeln war, überaus hinderlich gewesen war.
Er hatte Sybil den Entwurf gezeigt und sie gefragt, ob er sich ihrer Meinung nach Hilfe holen sollte, aber sie hatte ihm nur den Kopf getätschelt und gesagt: »Nein, Liebster, das hört sich hinterher bloß wie etwas an, das jemand für einen anderen geschrieben hat, wohingegen zwischen diesen Zeilen der wahre Mumm wie ein strahlendes Leuchtfeuer hindurchschimmert.« Das hatte ihn damals sehr aufgemuntert, denn er war noch nie zuvor ein strahlendes Leuchtfeuer gewesen.
Aber jetzt wurde er abrupt in die Wirklichkeit zurückgeholt, als seine Gedanken von einem sehr höflichen Hüsteln und der Stimme von Willikins unterbrochen wurden: »Entschuldigt bitte, Herr Kommandeur, aber ich halte den Zeitpunkt für gekommen, diesen jungen Herrn mit meinen Freunden Burlich und Starkimarm bekannt zu machen. Lady Sybil würde es ganz und gar nicht gefallen, wenn Ihr festgenommen würdet. Im Gegenteil, ich glaube, sie wäre in diesem Falle ausgesprochen … verstimmt, gnädiger Herr.«
Mumm fand seine Stimme wieder. »Du bist ein verdammter Narr, Mann! Runter mit dem verdammten Ding! Die Situation ist auch so schon angespannt genug! Sofort runter damit!«
Willikins legte die glänzende Armbrust wortlos auf die Brüstung der Treppe, wie eine Mutter, die ihr kleines Kind zu Bett bringt. Ein leises Plonk! war zu hören, und siebzehn Schritte entfernt wurde eine Geranie geköpft. Niemand merkte etwas davon, mit Ausnahme der Geranie und einer schäbigen Gestalt, die leise »Zack!« sagte, dabei aber den Blick eisern auf Mumm gerichtet hielt.
Das in Schreck erstarrte Tableau auf der Treppe wurde von Lady Sybil erlöst, die sich für eine so umfangreiche Frau sehr leise fortbewegen konnte. »Meine Herren, was geht hier vor sich?«
»Dieser junge Mann, angeblich der Ortspolizist, hat vor, mich unter Mordverdacht in Gewahrsam zu nehmen, meine Liebe.«
Ehemann und Ehefrau wechselten einen Blick, der die Bezeichnung Telepathie verdient hätte. Sybil musterte Volker streng von oben bis unten. »Aha, Sie sind dann wohl der junge Aufstrich. Ich hab mit Bedauern vernommen, dass Ihre Großmutter verstorben ist, aber ich hoffe sehr, dass sich Ihre Mutter noch der allerbesten Gesundheit erfreut. Als Mädchen habe ich sie oft besucht. Und Sie möchten jetzt meinen Mann festnehmen?«
Ein glotzäugiger Volker bekam gerade noch ein unprofessionelles »Ja, gnä’ Frau« heraus.
Sybil seufzte und sagte gewichtig: »Dann will ich nur hoffen, dass die Sache wenigstens ohne weitere Pflanzenopfer vor sich geht.« Zu Mumm sagte sie: »Bringt er dich ins Gefängnis?«
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Volker, der jetzt in die Mündung einer mit tausend Jahren Oberklassenbewusstsein geladenen Kanone starrte. »Er braucht frische Sachen, Wachtmeister. Wenn Sie mir verraten, wo Sie ihn hinbringen, woran ich nicht im Geringsten zweifle, bringe ich ihm höchstpersönlich passende Kleidung vorbei. Muss ich die Streifen vorher aufnähen, oder geschieht das automatisch? Außerdem wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie ihn mir bis zur Teestunde wiederbringen würden, da erwarten wir nämlich Besuch.«
Lady Sybil machte einen Schritt nach vorn und Volker einen nach hinten, um dem Zorn ihres bedrohlichen Busens zu entkommen. »Darf ich Ihnen viel Glück bei Ihrem Unterfangen wünschen, junger Mann?«, sagte sie dann. »Sie werden es brauchen. Aber jetzt müssen Sie mich entschuldigen. Ich habe noch etwas mit der Köchin zu besprechen.«
Sie rauschte davon. Volker starrte ihr ungläubig nach. Dann ging die Tür, die sich gerade eben hinter ihr geschlossen hatte, noch einmal auf, und Lady Sybil rief: »Sind Sie immer noch Junggeselle, junger Mann?«
Volker quetschte ein »Ja« heraus.
»Dann sind Sie zum Tee eingeladen«, rief sie fröhlich. »Wir erwarten mehrere junge Damen im heiratsfähigen Alter, die ganz bestimmt begeistert davon sein werden, einen jungen Mann vorzufinden, der allzeit bereit ist, am Rande des Vulkans zu tanzen. Setz doch bitte deinen Helm auf, Sam, falls es zu irgendwelchen Polizeibrutalitäten kommen sollte. Willikins, du kommst mit mir. Ich muss mit dir reden!«
Mumm ließ das eintretende Schweigen gerinnen. Nachdem schon erstaunlich
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