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steigen aus maschine brennt

steigen aus maschine brennt

Titel: steigen aus maschine brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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laufen.»
    Ich konnte von ihrem Gesicht nicht viel sehen wegen des Blutes, aber ich konnte doch sehen, daß sie wunderschön war. Sie hatte hohe Backenknochen und große, runde Augen, hellblau wie ein Herbsthimmel, und ihr Haar war kurz und blond. Ich schätzte sie auf etwa neun Jahre.
    Dies war in Griechenland, Anfang April 1941, in Paramythia. Unsere Jagdstaffel lag auf einem schlammigen Feld neben dem Dorf. Wir lagen in einem tiefen Tal, und rings um uns waren die Berge. Der eiskalte Winter war vorbei, und jetzt, fast bevor es jemand gemerkt hatte, war der Frühling gekommen. Er war still und schnell gekommen, hatte das Eis auf den Seen geschmolzen und den Schnee von den Berggipfeln gewischt; und auf unserem Flugplatz kamen überall blaßgrüne Grastriebe durch den Schlamm und bildeten einen Teppich für unsere Landungen. In unserem Tal wehten warme Winde und blühten Blumen.
    Die Deutschen, die vor einigen Tagen durch Jugoslawien eingebrochen waren, griffen nun massiert an, und an jenem Nachmittag waren sie mit etwa fünfunddreißig Dornier-Bombern in großer Höhe angeflogen und hatten das Dorf bombardiert. Peter und Fin und ich waren gerade dienstfrei, und wir drei waren hinuntergegangen, um zu sehen, ob wir bei der Bergung helfen könnten. Wir hatten ein paar Stunden in Ruinen herumgegraben und hatten beim Feuerlöschen geholfen, und wir waren auf dem Rückweg, als wir das Mädchen sahen.
    Jetzt, als wir uns dem Rollfeld näherten, sahen wir die Hurricanes einkurven und zur Landung anschweben, und dort stand der Doktor vor dem Zelt auf dem Abstellplatz, so wie es sich gehörte, und wartete, um zu sehen, ob jemand verwundet worden war. Wir gingen mit dem Kind auf ihn zu, und Fin, der ein Stück vor uns lief, sagte: «Doc, Sie alter Faulpelz, da ist Arbeit für Sie.»
    Der Doktor war jung und gutherzig und mürrisch, außer wenn er betrunken war. Wenn er betrunken war, sang er sehr gut.
    «Schafft sie hinein ins Revier!» sagte er. Peter und ich trugen sie hinein und setzten sie auf einen Stuhl. Da ließen wir sie und schlenderten hinüber zum Zelt, um zu sehen, wie es den anderen ergangen war.
    Es fing schon an zu dunkeln. Die Sonne war eben hinter dem Bergrücken im Westen untergegangen, und ein voller Mond, ein Bombermond, stieg am Himmel auf. Der Mond schien auf die Schultern der Zelte und machte sie weiß; kleine weiße Pyramiden, die aufrecht, in kleinen, geordneten Gruppen am Rande des Rollfeldes standen. Sie hatten etwas von verängstigten Schafen an sich in der Art, wie sie sich eng zusammenscharten, und sie hatten etwas Menschliches an sich in der Art, wie sie aufrecht nebeneinanderstanden, und es sah aus, als wüßten sie, daß es Kummer geben würde, als hätte ihnen jemand gesagt, daß sie vergessen und zurückgelassen werden könnten. Während ich hinsah, meinte ich sogar zu sehen, daß sie sich bewegten. Es kam mir vor, als wären sie noch ein wenig dichter zusammengerückt.
    Und dann kamen lautlos, ohne das geringste Geräusch, die Berge ein wenig näher in unser Tal gekrochen.
     
    In den nächsten zwei Tagen wurde viel geflogen. Da war das Aufstehen in der Morgendämmerung, da war das Fliegen, das Kämpfen und das Schlafen; und da war der Rückzug des Heeres. Das war etwa alles, was da war, oder alles, wofür einem Zeit blieb. Aber am dritten Tag rollten die Wolken über die Berge und rutschten ins Tal. Und es regnete. Daher saßen wir im Messezelt und tranken Bier und Rezina, während der Regen auf dem Dach ein Geräusch machte wie eine Nähmaschine. Dann Mittagessen. Zum erstenmal seit Tagen war die ganze Staffel anwesend. Fünfzehn Piloten an einem langen Tisch mit Bänken zu beiden Seiten, und Monkey, der Kommandant, am Kopfende.
    Wir saßen noch bei unserem gebratenen Corned beef, als die Plane am Eingang zurückgeschlagen wurde und der Doktor mit einem riesigen, triefenden Regenmantel über dem Kopf hereinkam. Und bei ihm, unter dem Regenmantel, war das kleine Mädchen. Sie hatte einen Verband um den Kopf.
    Der Doktor sagte: «Hallo. Ich bringe einen Gast.» Wir drehten uns um, und plötzlich standen wir automatisch alle auf.
    Der Doktor legte seinen Regenmantel ab, und das kleine Mädchen stand mit lose herabhängenden Armen dort und sah die Männer an, und die Männer sahen alle sie an. Mit ihrem blonden Haar und ihrer hellen Haut sah sie weniger wie eine Griechin aus als sonst jemand, den ich je gesehen habe. Sie fürchtete sich vor den fünfzehn verlumpt aussehenden Ausländern, und

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