Steilufer
interessiert.
»Würde ich mich scheiden lassen, bekäme Erich die Hälfte des Burmesterschen Vermögens und wer weiß, welchen Schaden er dann erst der Menschheit mit seinen abstrusen deutschnationalen Politikexperimenten zufügen könnte. So bekommt er ein, zugegeben großzügiges Taschengeld und bewohnt die zweite Etage der Villa – aber das ist ein Klacks. Hätte er sich scheiden lassen, wäre er leer ausgegangen und so viel Charakter hat der gute Erich denn auch nicht. Wenn ich sterbe, geht mein Vermögen in eine gemeinnützige Stiftung für die Förderung von Migrantenkindern über. Erich bekommt den kleinstmöglichen Pflichtteil. Und glauben Sie mir, dieser Gedanke bereitet mir sehr großes Vergnügen!«
Gerne hätte Angermüller mehr von Ille Burmester erfahren. Sie hatte ihn mit ihrer Klarheit und Konsequenz wie auch mit ihrer Natürlichkeit und Heiterkeit tief beeindruckt. Aber einerseits war dies ein dienstlicher Besuch und weder dazu gedacht noch geeignet, engere Kontakte zu knüpfen und andererseits war da Jansen, der endlich in sein Wochenende starten wollte. Schon des Öfteren war er durch seinen Beruf interessanten Persönlichkeiten begegnet und musste bedauernd feststellen, dass ihm die Möglichkeit verwehrt blieb, in einen intensiveren Gedankenaustausch einzusteigen. Jetzt allerdings wollte auch er nach Hause, wo Astrid und die Kinder auf ihn warteten. Vielleicht tat ihm ein bisschen Abstand zu der Ermittlungsarbeit ja gut. Er freute sich auf das freie Wochenende und ließ sich von dem Gedanken trösten, am Montag ausgeruht und mit frischen Kräften neue Erkenntnisse aus ihren bisherigen Ermittlungsergebnissen ziehen zu können. Er fand diesen Gedanken tröstlich und schöpfte sofort Hoffnung, dann endlich dem Rätsel des Toten vom Steilufer auf die Spur zu kommen.
Als er die Haustür aufschloss, schallte ihm das laute Lachen von Julia und Judith entgegen und eine Wolke von Grillgeruch waberte vom Garten herein. Nanu, Astrid rührte für gewöhnlich solche Gerätschaften wie den Grill nicht an! Ihr war diese Feuerzeremonie zu umständlich und sie hatte schon gar keine Lust, sich danebenzustellen und das Fleisch zu bewachen, ob es denn nun endlich richtig gegart sei. Ein sonores Lachen erklang und Georg Angermüller wusste Bescheid. Er versuchte, seine Verärgerung zu ignorieren, was ihm nur mühsam gelang. Als er im Garderobenspiegel sein missmutiges Gesicht sah, nahm er einen tiefen Atemzug und ließ die Luft ganz langsam wieder entweichen. Er musste diesen Menschen jetzt ertragen und sagte sich, dass dies vielleicht eine Gelegenheit war, Astrids neuen Kollegen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit den Mundwinkeln deutete er ein Lächeln an, als er den Garten betrat.
»Papi, Papi! Wir grillen!«
»Wir grillen die Schwester von Luise!«
»Wer ist Luise?«
»Das Schwein von Eckert!«
Julia und Judith überboten sich in der Wiedergabe von Informationen, die sich auf die Erlebnisse des heutigen Tages bezogen. Nachdem Astrid sie vom Strand abgeholt hatte, waren sie zu dem Biohof gefahren, der Georgs Freund Eckert gehörte, um das Fleisch einzukaufen, hatten dabei wieder einmal einen Rundgang über den ganzen Hof gemacht und wie es ihre Art war, zu allem und jedem Fragen gestellt.
»Hallo, Schatz! Tut mir leid, dass es so spät geworden ist!«, begrüßte Georg seine Frau.
»Das macht nichts, du hast ja Bescheid gesagt und wir waren darauf eingerichtet. Die Mädels wollten unbedingt grillen und der Martin hatte auch Lust und so kommst auch du zu einem kräftigen Abendessen!«
»Grüß dich, Schorsch! Du kommst genau richtig! Wir haben eben die ersten Würstchen von Luises Schwester auf den Grill geschmissen!«, meldete sich Martin zu Wort, der über Bermuda und Polohemd die alte Gartenschürze gezogen hatte und am Grill stand.
»Hallo, Martin!«
»Und Martin hat seinen Spezialsalat gemacht und ich Folienkartoffeln und Kräuterquark!«
»Das ist doch wunderbar!«
Angermüller rieb sich die Hände, machte gute Miene zum bösen Spiel und entschied, sich durch den unerwarteten Besuch nicht den Abend verderben zu lassen.
»So lob ich mir den Feierabend! Ich glaube, ich brauche erst mal ein schönes, kühles Bier!«
Bald saßen sie um den Gartentisch versammelt und verzehrten die kleinen Würstchen, quasi als Vorspeise, denn ein paar mächtige Koteletts warteten auch noch darauf, über der Grillkohle zu einem saftig-würzigen Genuss zu reifen. Martins Spezialsalat war eine bunte
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