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Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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zum Dienst muss!«, waren ihm dabei nicht entgangen.
    »Steffen! Das ist ja eine Überraschung!«
    »Grüß dich, Schorsch! Die Überraschung ist größer, als du denkst: Das Ergebnis der Gesichtsrekonstruktion ist heute gekommen.«
    »Klasse! Das ist die beste Nachricht seit Langem! Wie machen wir das, dass ich so schnell wie möglich an die Bilder komme?«
    »Ich habe sie als Datei hier. Ich kann sie dir per Mail schicken.«
    »Ich habe hier keinen Computer und unser PC zu Hause hat irgendeine Macke, da funktioniert der Internetzugang nur manchmal. Ins Büro wollte ich eigentlich auch nicht, ich habe Astrid versprochen, dieses Wochenende mit ihr zu verbringen. Aber ich bin natürlich gespannt wie ein Flitzebogen!«
    »Wo bist du denn gerade?«
    »Johanna hat Geburtstag.«
    Mehr brauchte Georg nicht zu sagen. Sein Freund kannte Johanna und in gewisser Weise schätzte er sie sogar als Gesprächspartnerin für gepflegte Klatschgeschichten. Sie wiederum fand den kultivierten Steffen ausgesprochen reizend und wollte nicht verstehen, wie ein solch gut aussehender Mann immer noch Junggeselle sein konnte.
    »Frage doch deine entzückende Schwiegermama, ob ich mit David kurz vorbeikommen darf, dir etwas bringen. Dann drucke ich dir die Bilder einfach aus.«
    »Würdest du das machen? Das wäre sehr nett von dir!«
    »So bin ich eben! Aber es macht keine Umstände, wir wollen uns ohnehin eine Wohnung um die Ecke bei Johanna anschauen.«
    Natürlich war Johanna einverstanden. Nie hätte sie dem charmanten Steffen einen Wunsch abschlagen können. Mit einem Mal spürte Georg die drückende Schwüle nicht mehr. Er war bei seinem Fall und rekapitulierte das Wenige, das sie über den Toten vom Steilufer herausgefunden hatten. So bald wie möglich würde er die Bilder an sämtliche Asylbewerberheime und Flüchtlingsunterkünfte in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern schicken und er selbst wollte die ›Villa Floric‹ aufsuchen. Vielleicht hatten sie ja Glück und einer von den Algeriern erkannte das Gesicht. Das brächte sie schon ein ordentliches Stück weiter.
    Die Ankunft von Steffen und David kurz darauf riss ihn aus seinen Gedanken. In ihren hellen, eleganten Hosen und Polohemden kamen die beiden in den Garten, begrüßten alle auf die charmanteste Art und ein gewisser Glanz legte sich über die lethargische Runde. In formvollendeter Pose überreichten sie Johanna jeder eine gelbe Rose. Die Männer staunten und die Frauen schmolzen dahin. Natürlich versuchte Johanna, die beiden zum Bleiben zu nötigen. Doch so schnell, wie sie gekommen waren, waren sie auch wieder verschwunden. Zurück blieben die Rosen und endlich wieder ein Gesprächsthema für die müde Geburtstagsgesellschaft.
    Johanna schien etwas irritiert durch Steffens Auftritt mit seinem Freund David, vor allem auch durch die Mitteilung, dass die beiden auf der Suche nach einer gemeinsamen Wohnung waren. Doch tapfer schob sie die Zweifel beiseite, die sie hin und wieder schon verspürt haben musste, da sie immer mal nachbohrte, ob es nicht doch eine Frau in Steffens Leben gab. Als Peter auf seine derbe Art irgend-etwas Zweideutiges von sich gab, zischte sie ihn nur an, seine Geschmacklosigkeiten zu unterlassen und signalisierte damit, dass sie an diesem Thema nicht rühren wollte.
    Georg konnte seine Neugier kaum zügeln. Er stand auf und hielt den Umschlag, in dem sich die Bilderfolge befand, die den Prozess der Gesichtsrekonstruktion dokumentierte, von den anderen abgewandt und ging langsam in Richtung Haus. Er zog sich in Johannas Küche zurück, in der alles in sauberem Glanze strahlte – kein schmutziges Stück Geschirr und kein Krümel kündete von der vorangegangenen Tortenschlacht, nur die Spülmaschine rauschte leise. Gespannt legte er ein Bild nach dem anderen vor sich auf den großen Holztisch und konnte so die Entstehung der Gesichtszüge genau verfolgen. Als er das letzte Bild aufdeckte, blickte er in die großen, dunklen Augen eines gut aussehenden jungen Mannes. Er stutzte. Irgendwie kam ihm dieses Gesicht bekannt vor.
    »Na, Georg! Hoffentlich hast du auch ordentlich Appetit!«
    Johanna war neben ihn getreten und spähte auf die Bilder.
    »Was machst du da denn?«, fragte sie ihren Schwiegersohn entrüstet. Angermüller murmelte etwas Unverständliches und packte die Blätter schnell wieder in den Umschlag. Sie wollte die Antwort ohnehin nicht hören, denn sie hatte andere Sorgen.
    »Das fängt jetzt so an zu wehen draußen.

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